Illegale Parteispenden und Schmiergelder:
Von Christine Pöhlmann
Welche Affären für Sarkozy gefährlich werden könnten
Paris, 15. Juni – Für den abgewählten französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy könnte es schon bald ungemütlich werden: Seine bisherige Immunität als Staatschef ist gilt ab Samstag nicht mehr – genau einen Monat nach der Amtsübergabe an den neuen Präsidenten François Hollande. Ab nächster Woche könnte er zu Befragungen von Untersuchungsrichtern oder Staatsanwälten vorgeladen werden, denn Sarkozy ist in eine ganze Reihe von Affären verwickelt, in denen er bisher vor einer Zeugenaussage oder Strafverfolgung geschützt war:
AFFÄRE BETTENCOURT: Der L’Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt wird vorgeworfen, den Wahlkampf Sarkozys im Jahr 2007 mit illegalen Spenden unterstützt zu haben. Ein Untersuchungsrichter im westfranzösischen Bordeaux hat bereits Sarkozy im Visier und prüft unter anderem zwei Bar-Abhebungen von Bettencourts Konten in Höhe von je 400.000 Euro im Februar und April 2007. Beide Abhebungen erfolgten in zeitlicher Nähe zu mutmaßlichen Treffen mit Sarkozy-Vertrauten oder sogar Sarkozy selbst.
Als Präsident hatte Sarkozy die Vorwürfe als “Stinkbomben” im französischen Wahlkampf zurückgewiesen; es könne zwar sein, dass er die reichste Frau Frankreichs, die wegen Demenz im vergangenen Oktober entmündigt wurde, und ihren inzwischen verstorbenen Mann im Wahlkampf 2007 getroffen habe. Dies sei aber alles andere als verdächtig. Gegen seinen Vertrauten Eric Woerth, den langjährigen Schatzmeister der Konservativen, laufen in dem Zusammenhang bereits zwei Ermittlungsverfahren. In Frankreich sind Parteispenden von Privatpersonen nur bis zu einer Höhe von 7500 Euro im Jahr erlaubt.
BESPITZELUNG VON JOURNALISTEN: Im Zuge der Bettencourt-Affäre wurden auch Journalisten der Zeitung “Le Monde” ausgeforscht, die zu den Parteispenden recherchierten. Die Zeitung erstattete Anzeige und warf Sarkozys Präsidialamt vor, hinter der Bespitzelung zu stecken. Seine Mitarbeiter wiesen dies zurück. Die Ausforschung der Journalisten erfolgte auf Anordnung eines Staatsanwaltes, der ein Sarkozy-Vertrauter ist. Beteiligt waren daran der damalige Polizeichef Frédéric Péchenard und Ex-Inlandsgeheimdienst-Chef Bernard Squarcini.
GADDAFI-GELDER: Sarkozy wird zudem vorgeworfen, dass sein Wahlkampf 2007 von dem früheren libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi mit 50 Millionen Euro unterstützt worden sei. Noch als Präsident nannte er den Verdacht “grotesk” und erstattete Anzeige gegen den Internet-Enthüllungsdienst Mediapart, der dazu ein angebliches Dokument veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft Paris ermittelt nun wegen des Verdachts auf Fälschung.
KARACHI-AFFÄRE: In dem Fall geht es um Gelder, die für ein Waffengeschäft nach Pakistan und dann teils wieder zurück nach Frankreich geflossen sein sollen, um den Präsidentschaftswahlkampf 1995 des damaligen Premierministers Edouard Balladur mitzufinanzieren. Sarkozy, der jegliche Verwicklung in die Affäre bestreitet, war zu der Zeit Haushaltsminister und Wahlkampfsprecher Balladurs. Zeugen behaupten, er habe die Gründung einer Firma in Luxemburg gebilligt, über die die Gelder geflossen sein sollen. Die Schmiergeldzahlungen waren bis zum Jahr 2000 legal, nicht aber womöglich zurückgeflossene Summen.
BISHERIGE PRÄSIDENTEN: Als einziger Ex-Staatschef im Nachkriegsfrankreich wurde Altpräsident Jacques Chirac zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Ein Strafgericht sah es im Dezember als erwiesen an, dass Chirac als Pariser Bürgermeister Anfang der 90er Jahre auf Kosten der Steuerzahler Scheinarbeitsstellen einrichtete. Chirac, der bis 2007 an der Spitze des Staates stand, wurde zwei Monate nach der Amtsübergabe erstmals von der Justiz vorgeladen. Der neue Präsident Hollande will die Immunität für den Staatschef für Straftaten aus der Zeit vor seiner Amtsübernahme komplett abschaffen.
AFP
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