Assange scheitert mit Antrag gegen Auslieferung an Schweden:
Wikileaks-Mitbegründer könnte nun Menschenrechtsgericht anrufen
London, 14. Juni – Die Auslieferung des Wikileaks-Mitbegründers Julian Assange nach Schweden rückt näher. Der Oberste Gerichtshof in London wies am Donnerstag einen Antrag auf Überprüfung des Auslieferungsentscheids zurück. Um seine Auslieferung weiter aufzuschieben, bleibt Assange allerdings weiterhin die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen.
Der Antrag der Anwälte des Wikileaks-Mitbegründers sei “unbegründet”, urteilten die Richter des höchsten britischen Gerichts. Zugleich entschied der Gerichtshof, dass der wegen der Veröffentlichung von US-Geheimdokumenten weltweit bekannte Internetaktivist für weitere 14 Tage nicht ausgeliefert werden könne.
Ende Mai hatte das Gericht grünes Licht für Assanges Auslieferung gegeben. Es billigte aber den Anwälten für einen Antrag auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens eine Frist zu. Damit wurde Assanges Auslieferung vorerst aufgeschoben.
Assanges Verteidigung kann jetzt noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. Die Straßburger Richter haben die Möglichkeit, eine Auslieferung vorläufig zu stoppen. In diesem Fall müsste sich Großbritannien als Unterzeichner der Europäischen Menschenrechtskonvention der Anordnung beugen.
Wenn Bürger bei einer Auslieferung eine Verletzung ihrer Grundrechte befürchten, können sie sich in einem Eilantrag an die Straßburger Richter wenden. Wird dem Antrag stattgegeben, hat dies einer Gerichtssprecherin zufolge eine “aufschiebende Wirkung”. In einem solchen Fall darf ein Beschwerdeführer nicht ausgeliefert werden, bis über seine Klage im Grundsatz entschieden ist. Dies kann mehrere Wochen oder sogar Monate dauern.
Dass der Gerichtshof für Menschenrechte eine Abschiebung Assanges nach Schweden verhindern könnte, gilt allerdings als wenig wahrscheinlich. Üblicherweise blockiert der Straßburger Gerichtshof Abschiebungen, wenn den Betroffenen in dem fraglichen Land schwere Menschenrechtsverletzungen, etwa Folter, drohen oder wenn ihr Leben in Gefahr sein könnte.
In Schweden werden Assange Sexualdelikte vorgeworfen. Der 40-jährige Australier weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als politisch motiviert. Er fürchtet, letztlich an die USA ausgeliefert zu werden, wo er wegen der Veröffentlichung tausender geheimer US-Depeschen, unter anderem zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan, den Zorn der Regierung auf sich gezogen hat.
In Schweden wäre Assange mit dem europaweit schärfsten Sexualstrafrecht konfrontiert. Der Vergewaltigungsbegriff ist in Schweden deutlich umfassender als in anderen Ländern, weshalb auch mehr Delikte als Vergewaltigungen eingestuft werden, während sie in anderen Staaten als sexuelle Belästigungen gelten.
Schwedens Justiz hat gegen Assange Ermittlungen aufgenommen, weil er eine 31 Jahre alte Frau, die ihn beherbergte, im Schlaf überrascht und ohne Kondom mit ihr geschlafen haben soll. Der Vorwurf lautet auf Vergewaltigung in einem minder schwerem Fall. Zudem wird ihm die sexuelle Belästigung einer 27-Jährigen vorgeworfen. In diesem Fall soll Assange trotz ihres Einspruchs die Benutzung eines Präservativs abgelehnt und während des Geschlechtsverkehrs Zwang auf sie ausgeübt haben.
jm/ju(AFP)
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