US-Politik, Geheimdienste und Mafia 1956 bis 1960
Dieser Teil der Chronik behandelt die Unterstützung der Mafia für Kennedy und Nixon, die Revolution in Kuba und die Interventionen der CIA.
Die zentralen Themen und Personen sind:
Hoovers FBI-Programme gegen Linke, Schwarze, Indianer und Pazifisten. Terrorkommandos der CIA, Mafiaboss Sam Giancana und Frank Sinatra, Giancana und Kennedy, Suez-Krise, Nasser, Israel, die Atombombe und der Islamismus, Hughes und Nixon, Robert Kennedy gegen die Teamster-Gewerkschaft im McClellan-Komitee, James Hoffa und die Mafia, Mafiakrieg in New York und das Apalachin-Meeting, Lewis Rosenstiel, Meyer Lansky, Roy Cohn, und Lyndon Johnson, Präsidentschaftskampagnen von John Kennedy und Richard Nixon, US-Interventionen in Indonesien (Achmed Sukarno), Kambodscha (Norodom Sihanouk), Tibet (Dalai Lama), Libanon, Jordanien, Irak (Abdul Karim Kassem, Saddam Hussein), Castros Revolution auf Kuba, CIA und Mafia, Waffenschmuggel, Casinos und Drogen, Machtkämpfe auf Kuba, Mordpläne gegen Castro, Marita Lorenz, Frank Sturgis und E. Howard Hunt, Kennedys Wahlkampf, Sam Giancana, Frank Sinatra, Judith Campbell und Lyndon B. Johnson, Lee Harvey Oswald in der Sowjetunion, Marilyn Monroe und John Kennedy, Aktionspläne gegen Kuba, Kennedys Wahl, Ermordungen von Patrice Lumumba im Kongo und von Dag Hammarskjöld.
Der Text umfasst ca. 36 Seiten. 1956 FBI-Programme
FBI-Direktor J. Edgar Hoover startet mit der Einwilligung Präsident Eisenhowers das Communist Intelligence Program, das die Kommunisten und andere Gruppen zu diskreditieren versucht. Insgesamt gehören zu COINTELPRO bis 1971 über 2000 verdeckte Operationen, die von Infiltration und Unterwanderung über psychologische Kriegsführung mit gefälschten Veröffentlichungen und Diskreditierungen bis zu direkter Gewalt, Einschüchterung und inszenierten Anschlägen reichen.
Ein Fünftel der COINTELPRO-Aktionen sind Medien-“Informationen“, die Personen und Organisationen diffamieren.
In einem von 1956 bis 1971 laufenden speziellen Medienprogramm sind etwa 400 Journalisten eingebunden, die für das FBI arbeiten. 40% des Programms besteht aus Störaktionen wie dem Versenden von anonymen, gefälschten und fiktiven Materialen, um Meinungsverschiedenheiten, Desorganisation und Frustrationen innerhalb der Gruppen zu schaffen. Terroristische „White Hate“-Gruppen wie etwa der Ku Klux Klan werden geduldet und gefördert, so lange sie gegen Ziele wie die „Black Panthers“ vorgehen.
Auch Morddrohungen erweisen sich als effektiv. Aufgrund zugespielter Akten veröffentlichen die Medien einen winzigen Teil der Operationen, die nie restlos aufgeklärt werden, weil das FBI verspricht, derlei nicht wieder zu tun.
Gegen die Socialist Workers Party und die Young Socialist Alliance werden zwischen 1960 und 1976 1331 Spitzel angesetzt, von denen etwa 300 als Mitglieder der Organisationen aufgenommen werden. In der Kommunistischen Partei soll in den 50er Jahren jedes sechste Mitglied ein Spitzel gewesen sein.
Die eigentliche Zersetzungarbeit wird aber von eingeschleusten Provokateuren übernommen, die beispielsweise Mitglieder zu kriminellen Handlungen anstiften. Das FBI selbst schreckt vor kriminellen Handlungen nicht zurück: In das Hauptquartier der SWP wird beispielsweise zwischen 1960 und 1966 mindestens 92 Mal eingebrochen (im Schnitt alle drei Wochen), um Mitgliederlisten, Korrespondenz, Informationsmaterial und Akten zu fotographieren.
Andere Programme laufen ab 1965 gegen die Schwarzenbewegung, 1968 gegen die Neue Linke, von 1972 bis 1976 gegen die American Indian Movement, von 1976 bis 1985 gegen die puertorikanischen Nationalisten sowie gegen die Friedensbewegungen.
Das FBI gibt eigene Publikationen wie die Armageddon News heraus, die sich gegen den Einfluss der Sozialisten in der Friedensbewegung stellt. Bei der Washington Peace Mobilization, das Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg vorbereitet, sind von 32 Teilnehmern 9 FBI-Agenten. Von den 30 Mitgliedern der Washington Black Liberation Front sind es sogar 14.
Überwacht werden in den USA über 1000 politische Organisationen – alles, was politisch nicht etabliert ist. Von 1960 bis 1974 führt das FBI 500’000 Untersuchungen gegen subversive Bestrebungen durch und startet im Rahmen von COINTELPRO zwischen 1956 und 1971 gegen 5 Organisationen 2370 Aktionen. FBI-Agenten, die sonst bei kleinsten „moralischen Verfehlungen“ gefeuert werden, erhalten die dienstliche Anweisung, mit Ehefrauen von Ku-Kux-Klan-Mitgliedern zu schlafen, um Eheprobleme zu schaffen.
Das FBI organisiert gleichzeitig selbst rechtsradikale Terrorgruppen, um sie gegen die Linken einzusetzen, und schützt andere Nazi-Gruppen vor Strafverfolgung.
Das FBI deckt beispielsweise Angriffe der National Caucus of Labor Committees in New York und der faschistischen Legion of Justice in Chicago auf Versammlungen der Socialist Worker Party. Es wird sogar so etwas wie eine nationale Terrorgruppe aus Polizei-und FBI-Agenten aufgebaut.
Auch die CIA organisiert rechtsradikale Terrorbanden in Deutschland und in Südamerika.
In Uruguay erhält der Polizei- und Geheimdienstchef Otero den Auftrag zur Bildung von Todesschwadronen vom „Landwirtschaftsattaché der US-Botschaft“ Dan Mitrone, der bereits Terrorgruppen in Brasilien und der Dominikanischen Republik auf die Beine gestellt hat. Innerhalb der türkischen Armee baut dieCIA eine Anti-Guerilla-Abteilung auf, unter deren Schutz und Anleitung die „Grauen Wölfe“ operieren.
Anfang der 70er Jahre schult die CIA libysche Terrorkommandos.
1956 versucht die CIA, die Regierung von Ghazzi in Syrien, das eine Föderation mit Ägypten anstrebt, zu stürzen, was aber angesichts der Angriffe von Israel, Grossbritannien und Frankreich auf Ägypten im Oktober und November 1956 aufgegeben wird.
Quellen: Scott (1993): 191f,309,380-397, Schulz: 94,100-116,170,310, Schröder, Zanetti, Roth: 41f, CIA-Info: 13.
1956 Sam Giancana; geboren am 24.5.1908, wird Mafiaboss von Chicago.
Salvatore Giancana gehörte bereits mit 12 Jahren der Strassengang „the 42″ in Chicago an und eiferte Colosimo, Esposito, Torrio und Capone nach, die Macht, Geld und Frauen hatten. Nach einem Aufenthalt in einem Erziehungsheim lebte er bereits mit 10 Jahren auf der Strasse, weil sein Vater den widerspenstigen Jungen jeden Tag schlug, ihn an die Eiche im Garten band und peitschte. Seine Mutter starb an einer Fehlgeburt, als er knapp zweijährig war. Meistens schlief er in verlassenen Autos und stahl Nahrung und Kleider. Nachdem er sich der Gang von Joey Colaro angeschlossen hatte, kamen organisierte Diebstähle von Autos, dann Bombenattentate und Mordaufträge dazu. „Moony“ wurde zum besten Fahrer der Gang und verschaffte sich durch seine Brutalität Respekt in seiner neuen Familie, neben der nichts zählte. 1923 begann er als Transporteur für Diamond Joe Esposito und zeitweise auch für Joe Kennedy zu arbeiten.
Über seinen Job als Chauffeur von McGurn kam er in die Chefetage der Mafia von Chicago und machte sich einen Namen als verwegener Fahrer und guter Schütze. Ab 1924 arbeitete er auch für Al Capone als Killer auf Bezahlung. Im Januar 1925 brachten Sam Giancana und Leonard Gianola den Nachfolger Colosimos, Johnny Torrio, mittels Schussverletzungen dazu, seinen Platz Al Capone zu überlassen und die Stadt zu verlassen. Kurz darauf wurde Moony wegen Autodiebstahl verurteilt.
Nach seiner Freilassung setzte er sich zuhause gegenüber seinem Vater als Familienoberhaupt durch. Mit 18 erfolgte eine erste Mordanklage, da der Besitzer des überfallenen Ladens nach einer Schiesserei starb. Nachdem er gegen $25’000 Kaution, die Esposito ihm sponserte, freikam, wurde der einzige Zeuge der Anklage, Alex Burba, ermordet. Im November 1927 organisierte Moony mithilfe eines anonymen Telephonanrufs an die Polizei, dass Joey Colaro niedergestreckt wurde. Er übernahm die Führung der „42″, zu der Leonard Caifano, Gianola, Fiore Buccieri, Willie Daddano, Sam DeStefano, Phil Alderisio, Chuckie Nicoletti und die Brüder Chuck und Butch English gehörten. Am 3.10.28 brachte Giancana im Auftrag Capones seinen Förderer Diamond Joe Esposito um, womit es sich eine bessere Stellung innerhalb der Capone-Organisation verschaffte. Mit 20 soll er bereits 20 Morde ausgeführt haben.
Am 23.9.33 heiratete Giancana Angeline DeTolve, nachdem er ihren Verlobten umgebracht hatte. Seine Geliebte Marie Fanelli will er für Sex, Ange als Mutter seiner Kinder. 1932 wurde Giancana der Fahrer von Paul Ricca, der nach der Verhaftung Al Capones die Leitung des Syndikats von Chicago übernahm. Sein ehemaliger Vorgesetzter McGurn war innerhalb der Organisation in Ungnade gefallen und wurde am 13.2.36 umgebracht. Giancana bewunderte Ricca für seine Intelligenz und Kaltblütigkeit, seinen Charme und seine Beziehungen zu Politikern und Frauen. 1937 baute sich Moony im Patch sein eigenes Imperium auf. Über 50 Kriminelle arbeiteten für ihn und erledigten Autodiebstähle, Einbrüche, illegale Alkoholproduktion, Erpressungen, Wucherei, Glückspiele und trieben Geld ein. Die Polizei entdeckte am 17.1.39 die klandestine Destillerie von Garden Prairie, worauf Giancana wegen Alkoholschwarzbrennerei zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Giancana schaltete sich, nachdem er kurz vor Weihnachten 1942 aus dem Gefängnis entlassen wurde, dank seinem Zellengenossen Eddie Jones ins schwarze Lotterienetz ein. Um die Lotterien in den Quartieren der Schwarzen in den Griff zu bekommen, liess er Eddie Jones vier Jahre später kidnappen und zwang ihn aufzugeben. Seiner Meinung nach gehört es sich für einen Schwarzen nicht, soviel Geld zu machen. Jones durfte sich nach Mexico zurückziehen und „Moony“ half mit Schlägern und Bomben nach, das ganze Spielnetz zu übernehmen. Leonard Caifano leitete dann für Giancana die nun von Weissen kontrollierten Lotterien. Gleichzeitig kaufte er Spielautomaten, die von Chuckie English überwacht wurden, und er profitierte, wie Gambino auch, von den Kriegsrationierungen, indem er mit gestohlenen Marken handelte.
Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde Giancana zum stellvertretenden Boss ernannt. Er ist häufig in Las Vegas und Hollywood, hat engen Kontakt mit Frank Sinatra und Sammy Davis. Sinatra ist der offizielle Besitzer des Casinos Cal Neva, das eigentlich Giancana gehört.
Das Chicago-Syndikat kontrolliert die Filmgewerkschaften, kann Produzenten und Studios erpressen. Über den Einfluss auf James Riddle Hoffa eröffnen die Gewerkschaften den Zugang zur Macht in Washington. Zudem ist Giancana dauernd in Kuba, wo alles erlaubt ist, was im spiessigen Amerika der 50er Jahren verboten ist. Giancana beginnt, Harry Stonehill auf den Philippinen (gestohlene) Zigaretten zu liefern. Stonehill unterhält Kontakte zum späteren Diktator Ferdinand Marcos, zur katholischen Diözese, zum philippinischen Prokonsul, zu CIA-Mitarbeiter General Edward Lansdale und zu General Douglas MacArthur.
In einem Casino von Moe Dalitz in Las Vegas lernt Giancana Phyllis McGuire kennen, die in diesem Casino eine Spielschuld von $100’000 angehäuft hat. Die Sängerin wurde auch mit Elvis Presley gesehen, aber nachdem Giancana ihr Versprach, sich um die Schuld zu kümmern, gibt sie ihm den Vorzug. Dalitz muss sich den Verlust ans Bein streichen. Die Presse ist hingerissen: die Schöne und das Biest. Dadurch gerät auch seine Rolle als Boss von Chicago vermehrt in die Presse. Der eifersüchtige Giancana reist McGuire überall hin nach, um sie zu kontrollieren, aber er ist unfähig, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Er kauft dafür teure Geschenke, wenn sie nicht wie meistens aus Diebesbeute stammen.
Der 48jährige Boss, der Wert auf altmodische Umgangsformen legt, wurde schon 60 Mal verhaftet wegen Beihilfe zu Verbrechen, Einbruch, tätlichem Angriff, Diebstahl, versuchtem Totschlag, Waffenbesitz, Bombenüberfall, Glückspiel und Mord. Bis 1960 hat er etwa 200 Morde auf dem Gewissen, viele davon ausgeführt von seinen Henkern „Mad Sam“ DeStefano, Fifi Buccieri und Willie Daddano. DeStefano bearbeitet beispielsweise seine Opfer in seiner Folterkammer vorwiegend mit Eispickeln. Giancana herrscht über ein Kader von ungefähr 1000 Gangstern, die ihrerseits Befehle an gegen 50’000 Einbrecher, Entführer, Fälscher, Erpresser, Drogenhändler, Kredithaie und Mörder ausgeben. Die Jahreseinnahmen dieses Grossunternehmens betragen schätzungsweise $2 Mia. Mittels Gewalt und Korruption kontrolliert Giancana Polizisten, Richter und Politiker, die öfters an seinen Partys zu Gast sind.
Quellen: Hersh: 46ff, Giancana: 20-370, Olgiatti, Best: 10f,37, Lewens/Wall.
1956 Giancana und Kennedy
Joe Kennedy tritt mithilfe des Bürgermeisters von Chicago, Richard Daley, in Kontakt zu Sam Giancana, und lässt ihm mitteilen, er habe einen Fehler begangen und befände sich in Schwierigkeiten. Kennedy bittet Giancana, ihn an der Ostküste zu treffen, was dieser kategorisch ablehnt. Kennedy habe seit Jahren ein Büro in Chicago und ihm gehöre seit 1945 das Merchandise Mart, also würde man sich in Chicago treffen, oder gar nicht.
In einer Suite des Ambassador East bittet Kennedy den Mafiaboss drei Tage später um Hilfe, da Frank Costello ihn umbringen lassen wolle. Obwohl Kennedy dank der Mafia reich geworden war, weigert er sich zunehmend, Gegenleistungenzu bringen und distanziert sich von seinen alten Komplizen. Im Streitfall sollte Kennedy seinen Namen für ein Immobiliengeschäft Costellos leihen, aber er hat Angst, damit die politische Karriere seines Sohnes zu gefährden.Kennedy hat seine Kontakte mit der Mafia nie aufgegeben: mit Johnny Roselli spielt er von Zeit zu Zeit Golf, mit Meyer Lansky trifft er sich 1957 in Kuba, kurz darauf mit „Smiling Gus“ Battaglia und Joe Bonanno. Kennedy verspricht Giancana die Loyalität seines Sohnes, falls er Präsident werden sollte. Giancana geht auf diesen Vertrag ein und annulliert das Todesurteil Kennedys.
Der Parteitag der Demokraten im Juli 1956 bedeutet einen Wendepunkt in der Karriere von John Kennedy, weil er mit einem Schlag berühmt wird, obwohl er bei seiner Kandidatur um die Vizepräsidentschaft in Chicago gegen Estes Kefauver verliert. Gleich danach fliegt er mit Bruder Teddy, aber ohne seine schwangere Frau Jackie nach Cannes für ein Segelturn mit George Smathers und verschiedenen Frauen. Am 23.8. muss sie notfallmässig ins Spital eingeliefert werden und erleidet eine Totgeburt, woran sie beinahe stirbt.
Die Familie kann Jack, der in London bei Marilyn Monroe ist, nicht erreichen. Als die Ärzte ihm am 26.8. am Telefon versichern, dass sie ausser Lebensgefahr sei, will er seine angebliche Kreuzfahrt fortsetzen.
Erst zwei Tage später fliegt JFK zurück, weshalb Jackie sich scheiden lassen will. Joe Kennedy offeriert ihr $1 Mio, damit sie sich nicht scheiden lässt, und verspricht ihr, dass sie fortan mehr Raum und Zeit ausserhalb der Kennedy-Familie bekomme, um ihr eigenes Leben zu leben.
Joe Kennedy hat eine Mauer zwischen seinem Familienleben und seinem Geschäftsleben gebaut. Zuhause wird über Business nicht gesprochen; die Söhne sind naiv in Geldfragen und kennen die Hintergründe seines Reichtums nicht. Da das Kennedy-Büro in New York alle Rechnungen der Söhne bezahlt, werden die Kinder vom Vater auch finanziell kontrolliert. Im Hintergrund zieht er die Fäden ihrer Karrieren. Joe sieht nicht vor, dass seine für Politikerkarrieren getrimmten Söhne seine Firmen übernehmen, das kommt eher für die Schwiegersöhne in Frage.
Joe Kennedy wird, vermutlich als Resultat seiner Einschmeichelung bei Hoover, von Eisenhower in das President’s Board of Consultants on Foreign Intelligence Activities berufen. Der FBI-Check unterschlägt Kennedys Rolle als Alkoholschmuggler und beschönigt diejenige als Botschafter.
Kennedy sorgt für Unruhe, als er bei einem Besuch der CIA-Station in Rom die Namen der geheimen Undercoveragenten in der italienischen Regierung und im Vatikan verlangt – und bekommt. Vermutlich informiert er anschliessend Hoover über die CIA-Aktionen. Jedenfalls gewinnt Kennedy in den sechs Monaten im Amt Kontakte zur Geheimdienstwelt. Wahrscheinlich versichert Kennedy Hoover, dass er trotz seines Alters das FBI weiterführen könne bei der Wahl seines Sohnes zum Präsidenten.
Quellen: Wolfe: 298, Posener: 14,75-78, Davis (1994): 94, Giancana: 214-222, Collier/Horowitz: 260-269, Best: 13, Summers (1993): 260-264,268f, Olgiatti, Obenhause.
Juli 1956 Suez-Krise
Gamar Abdel Nasser verstaatlicht den Suezkanal, die Lebensader der westlichen Ölversorgung, worauf der englische Premier Anthony Eden und die Eskalation gegen den ägyptischen Präsidenten startet.
Ursprünglich wurde Nasser von der CIA unterstützt, denn Anfang der 50er Jahre wurde die morsche feudale Herrschaft des unfähigen Königs Faruk zum Risiko für die Stabilität im Nahen Osten.
Die CIA, wahrscheinlich Kermit Roosevelt, nahm Kontakt zu den „freien Offizieren“ um General Ali Mohammed Nagib auf, um den Königssturz zu planen. 1952 musste der König abdanken, und die Briten mussten 88’000 Truppen abziehen. Nasser, einer der Putschisten und danach zuerst stellvertretender Ministerpräsident hinter Nagib, will den Assuan-Staudamm bauen, um die Industrialisierung zu fördern und lässt mit dem Geld der Amerikaner einen Fernsehturm in Kairo bauen, den man den CIA-Tower nennt. Ägypten will jedoch auch mit der Aufrüstung der Israels mithalten und Waffen kaufen, was die Amerikaner ablehnen.
Deshalb kauft das Land Waffen bei der Sowjetunion, worauf der englische Premier Anthony Eden und John Foster Dulles die Geheimoperation OMEGA beschliessen. Mittels Propaganda, Sanktionen und der Sabotage des Baus des Assuan-Staudamms soll Nasser, der im April 1954 Nagib verdrängt hat,destabilisiert werden.
Zudem versucht der MI-6 im Schnitt einmal pro Monat, Nasser zu ermorden. Auch der saudische Geheimdienst gibt $3 Mio. aus, um Nasser ermorden zu lassen. Nach der Kündigung des Kredits für den Staudamm will Nasser das Geld dafür aus dem Suezkanal erhalten. Die seit 1922 von Grossbritannien unabhängigen Ägypter betrachten die britische Suez-Gesellschaft als Relikt der kolonialen Ausbeutung, weshalb sie verstaatlicht wird.
Die Briten versuchen daraufhin erfolglos, den Betrieb des Kanals zu sabotieren.
Deshalb planen die Briten zusammen mit den Franzosen und Israelis eine Falle. Israel greift mit Unterstützung der USA Ägypten an und dringt auf der Halbinsel Sinai gegen den Suzkanal vor und liefert damit Frankreich und England den verabredeten Vorwand zur Invasion. Grossbritannien und Frankreich stellen ein unerfüllbares Ultimatum, worauf die Briten Kairo, Alexandria und Port Said bombardieren und zum „Schutz der freien Schifffahrt“ in Ägypten landen.
Aber das ägyptische Volk stürzt Nasser nicht, wie Eden hofft, sondern verteidigt ihn. Dabei versenken die Ägypter Schiffe im Kanal, um ihn zu blockieren. Die nukleare Kriegsdrohung der Sowjetunion führt zum Rückzug der Engländer, die damit ihre Vorherrschaft im Nahen Osten an die Amerikaner verlieren, die sich plötzlich und unerwartet gegen Eden gewandt haben.
Frankreich liefert Israel im Gegenzug das Material zum Bau der Atombombe, die unter der Verantwortung des späteren Friedensnobelpreisträgers Shimon Perez gebaut wird. 1967, 1973 und 1991 werden die Atomköpfe zum Abschuss montiert. Am 22.9.1979 testet Israel die Atombombe mithilfe von Südafrika. Bis ins Jahr 2000 produziert Israel um die 200 Sprengköpfe.
Nach der Krise beginnen die USA mit der Unterstützung islamistischer Bewegungen, wie die Muslimbrüder, um die panarabische Bewegung Nassers zu unterlaufen. Nasser bekämpft die 1928 von Hasan al-Banna gegründete Muslimbruderschaft, die die religiösen Verpflichtungen über die nationalen Interessen stellen.
1948 zählen die Muslimbrüder etwa eine halbe Million Mitglieder und baute eigene Schulen, Krankenhäuser, Fabriken und eine Geheimarmee, die gegen das britische Kolonialsystem kämpfte. Nach Anschlägen von Muslimbrüdern verbot Premierminister Mahmud Fahmi al-Nuqraschi im Dezember 1948 die Bruderschaft, woraufhin er selbst kurz darauf einem Anschlag der Bruderschaft zum Opfer fiel. Die Behörden reagierten ihrerseits mit verstärkter Verfolgung, und am 12.2.1949 wurde al-Banna wahrscheinlich im Auftrag des ägyptischen Königshauses erschossen. Die Bruderschaft unterstützte den Staatsstreich der „Freien Offiziere“ im Juli 1952.
Nach dem erfolglosen Attentatsversuch auf Staatspräsident Nasser am 26.10.1954 verfolgte dieser die Muslimbrüder gnadenlos, die meist ins Exil gingen. Die Amerikaner erinnern sich daran, dass die Nationalsozialisten bei den sowjetischen Kriegsgefangenen viele Muslime rekrutieren konnten, die dann gegen Stalin kämpften, weil dieser die Religion unterdrückte.
Mithilfe der Islamisten sollen die Sowjetunion und die nationalistischen und panarabischen Bewegungen destabilisiert werden. Mit der Niederlage Ägyptens im Sechstagekrieg gegen Israel von 1967 setzt der Niedergang des arabischen Nationalismus ein. Der beim Volk äusserst beliebte Nasser bleibt, unterstützt von der Sowjetunion, bis zu seinem Tod 1970 im Amt. In den 90er Jahren erodieren die sozialen Errungenschaften Nassers durch die Privatisierungen unter Mubarak, während sich gleichzeitig die wirtschaftliche und militärische Abhängigkeit von den USA massiv vergrössert.
Quellen: Epstein: 20-23, Evans, Best: 45,52f, Schröder, CIA-Info: 13, Schulz: 156,169, Avineri: 66, Mehio, Labidi.
1956 Hughes und Nixon
Dwight D. Eisenhower und Richard Nixon werden im November wiedergewählt. Eisenhower hielt Nixon weitgehend ausserhalb der Regierungsgeschäfte und vermied so weit möglich jeden persönlichen Kontakt mit dem Vizepräsidenten, den er für „unreif“ und gefährlich hält. Er lässt alle Sitzungen und Gespräche mit Nixon heimlich aufnehmen, um sich abzusichern, und Nixon bekommt sein Desinteresse und seine Verachtung zu spüren. Eigentlich hatte Nixon die Nase voll und versprach seiner Frau, aus der Politik auszusteigen, als Eisenhower im September 1955 einen Herzinfarkt erlitt. Die Aussicht auf die Nachfolge liess Nixon weitermachen und weiterhin die Erniedrigungen hinnehmen. Aber Eisenhower wollte ihn rauswerfen, wozu Murray Chotiners Beziehungen zur Mafia in der Washington Post veröffentlicht wurden.
Christian Herter war der Gegenkandidat, mit dem Harold Stassen versuchte, Nixon zu stürzen („Dump Nixon Movement“). Im Auftrag von Howard Hughes schleuste Robert A. Maheu einen Undercovermann bei Stassen ein, dessen Aktion erfolgreich sabotiert werden konnte. Offenbar wurde Eisenhower mit bei Stassen platzierten Informationen dann erpresst, Nixon zu behalten. Chotiners Name tauchte nicht mehr auf, und Nixon stürzte sich mit den von Pater Cronin geschriebenen Reden in den von Howard Hughes mitfinanzierten Wahlkampf. Nixon wurde dem Milliardär von Adela Rogers St. John in den 40er Jahren vorgestellt. 1988 behauptet er, er hätte Hughes nie getroffen. Hughes schmiert nicht nur Nixon seit 1946, sondern auch andere Familienmitglieder, und benutzt das Pseudonym Mr. Thomas, wenn er den Vizepräsidenten anruft.
Howard Hughes setzte sich nach Las Vegas ab und zog dort während drei Jahren von einer Hotelsuite zur anderen, bis er 1953 in einem 5 Zimmer-Bungalow des Desert Inn blieb, begleitet von einer fast endlosen Folge von One-Night-Stands. Als Jean Peters am 29.5.54 den Ölhändler Stuart Cramer III heiratete, setzte fasste Maheu den ersten Job von Hughes, um möglichst viel Dreck über Cramer aufzudecken. Maheu fand heraus, dass der reiche Texaner über die Lockheed mit der CIA verhängt ist. Nach kurzer Zeit verlässt Peters Cramer, der 1959 Terry Moore heiratet.
Hughes verspricht aber auch Kathryn Grayson, Susan Hayward, Yvonne Shubert die Heirat und organisiert 1956 eine parallele Sylvesternacht mit Peters, Hayward und Shubert. Maheu beschattete in der Folge Dutzende von Starletts Hollywoods, die Hughes als seinen Besitz ansah. Im weiteren überprüfte er die Loyalität von Angestellten und fand Abhöranlagen in den Büros.
Das IRS untersuchte Maheu im Gegenzug, weil die Steuerprüfer entdeckten, dass er seine Rechnungen an die Hughes Tool Company kodiert verfasste. Maheu hat in Las Vegas Geschäftskontakte mit der Mafia und trifft sich mit John Roselli, schmiert FBI-Beamte und Politiker in Washington, um an Militäraufträge für Hughes zu kommen. Die Hughes Aircraft konzentrierte sich schon früh auf Militärelektronik und entwickelte mit der Falcon die erste Radarsuchrakete. Auch die CIA gehört mit Aufträgen von insgesamt $7 Mia. zu den Grosskunden der Firma, die 1953 dank dem Koreakrieg, dem Bau von Spionagesatelliten und guten Wissenschaftlern nach 18 Jahren erstmals schwarze Zahlen schreiben und einen Gewinn von $5,3 Mio. erzielen konnte.
Allerdings entstanden Probleme, weil Kaderleute auch in Aktien ausbezahlt werden wollten, um Steuern zu umgehen, und Hughes auf dem Alleinbesitz bestand. Zudem setzte ihn die Luftwaffe nach FBI-Berichten, wonach er nicht mehr in der Lage sei, die Waffenfabrik zu führen, unter Druck.
Im Dezember 1953 gründete er das Howard Hughes Medical Institute als wohltätige Stiftung, und überschrieb die Patente und Aktien seiner Firmen der steuerfreien Stiftung. Nur ein Prozent der $3, 6 Mio. Gewinn von 1954 floss tatächlich in medizinische Forschung. Ende 1955 entschied das Steueramt, dass der steuerfreie Status nicht angebracht sei, ändert aber völlig überraschend seine Meinung im März 1957, obwohl ein entsprechendes Gesuch zuvor zweimal abgeleht worden war. Nachdem Hughes am 20.8.55 erfolglos versuchte, FBI-Direktor Hoover zu schmieren, zahlte er im Dezember Vizepräsident Nixon $205’000, was einem heutigen Betrag von über $1,25 Mio. entspricht. Einen Monat danach kauft sich Nixon eine 16-Zimmer-Villa für $75’000. Als der Deal auffliegt, wird behauptet, Hughes habe Donald Nixon einen Kredit für seine defizitäre „Nixonburgers“-Kette gewährt, die aber nur zwei Wochen nach dem angeblichen Kredit Konkurs geht.
Da die Hughes Medical Alleinbesitzerin der Hughes Aircraft ist, über die Hughes alle möglichen Geschäfte abwickelt, wird dank Nixon sein ganzes Wirtschaftsimperium praktisch steuerfrei. Er selbst versteuert ein Einkommen von nicht einmal $20’000.
Einen Monat nach der Zahlung erlaubt das Civil Aeronautic Boards der TWA die Aufnahme eines riesigen Kredits, erteilt ihr Lizenzen zu neuen In- und Auslandrouten und eine Flugpreiserhöhung. Hughes hat seit 1939 laufend Aktien der Trans World Airways gekauft, mit der Idee, seine eigenen Flugzeuge der TWA zu verkaufen, und besitzt 78% der Firma. 1956 versuchte er, der TWA 63 zu entwickelnde Jets der Hughes Aircraft zu verscherbeln. Um gegenüber der Konkurrenz nicht in Rückstand zu geraten, bestellte er aber in einer überstürzten Aktion für $487 Mio. 188 Boeing 707 und 30 Convair 880, was die Finanzmöglichkeiten der Fluglinie bei weitem übersteigt. Anstatt weitere Finanzierungen mit den Banken zu verhandeln, verschwindet Hughes nach der heimlichen Hochzeit mit Jean Peters am 12.1.57 von der Bildfläche, weil seine absolute Kontrolle über die TWA beschränkt worden wäre. Sein Entschluss zur Heirat mit der Schauspielerin erfolgt aus Angst, wegen seiner fortschreitenden Neurosyphilis in einer Klinik zu landen, wozu die Ehefrau die Einwillligung erteilen müsste. Die in der Presse kursierenden Spekulationen über die Heirat tut Hughes gegenüber der 17jährigen Shubert als Gerüchte ab und verspricht ihr die Heirat, bis sie schwanger wird. Als sich Shubert 1959 aus dem goldenen Käfig löst und sich ihr neuer Freund Johnny Rand bei einem Unfall offenbar selbst erschiesst, gratuliert Hughes, Maheu sei besser, als er gedacht hätte. Hughes verbarrikadiert sich im Dezember 1957 im Filmprojektionsraum eines Produzenten in Hollywood, wo er nackt Filme schaut und telefoniert. Nach drei Monaten informiert er seine Frau, er sei krank und werde in einem medizinischen Zentrum behandelt.
Finanzinvestoren setzen einen ehemaligen FBI-Agenten und eine Horde von Detektiven ein, um ihm eine Gerichtsvorladung zu überbringen, worauf Maheu mit einigen CIA-Agenten eine „Gegenspionageaktion“ organisiert. Viele falsche Tips werden den Detektiven gegeben und ein Doppelgänger von Hughes wird engagiert, um sie zu irritieren. Es gibt daraufhin Vermutungen, dass Hughes gekidnappt worden sei, um sein Imperium zu übernehmen. Tatsächlich ist Maheu nach der Intrige der Bediensteten, alles Mormonen, gegen Noah Dietrich und dessen Weggang der letzte Aussenkontakt. Der Chef der Mormonentruppe, Frank William Gay, überwacht im Hauptsitz der Hughes Productions in Hollywood die Koordination der Geschäfte, die Kommunikation mit den Geschäftspartnern und die Klassifikation der Dokumente in „secret“, „confidential“ oder „restricted“.
Schliesslich zieht Hughes nach vier Monaten zurück in das Beverly Hills Hotel, umgeben von seinem Stab aus Mormonen, die seine Phobie vor Bakterien und Staub noch fördern. Auf Anweisung von Hughes wird ein Manual mit detaillierten Anweisungen und religiösen Referenzen geschrieben, wie seine Helfer beispielsweise einkaufen oder eine Büchse öffnen müssen. Alle Gegenstände, mit denen Hughes in Berührung kommt, müssen desinfisziert und mit Kleenex überreicht werden.
Nachdem Hughes die Miss Universe-Wahlen im Fernsehen gesehen hat und vor allem von Miss Belgien angetan ist, weist Hughes Chouinard und Maheu an, einige der Mädchen in die USA zu importieren. 6 oder 7 werden unter dem Cover einer Filmgesellschaft eingeflogen, in Appartements einquartiert und mit dem üblichen Programm versorgt. Bis auf Carolyne Lecerf verlassen aufgrund der Überwachung alle wieder die USA innerhalb einer Woche, und die Mutter der Miss Belgien, deren Briefe abgefangen werden, schaltet die belgische Botschaft und diese das FBI ein. Nachdem sie in einem Interview von der Tortur ihrer Gefangenschaft erzählte, kehrt sie nach einem halben Jahr zurück, ohne ein versprochenes Treffen mit dem Milliardär.
Quellen: Drosnin, Giancana: 341, Best: 50-53,84, Brown/Broeske: 275-322, Summers (2000): 134,145-159.
1957 Robert Kennedy gegen die Teamster-Gewerkschaft
Kurz nachdem im „Hotel des Palmes“ in Palermo die Spitzen der sizilianischen und amerikanischen Mafia zusammengekommen waren, um ein Abkommen über die Koordination im Drogengeschäft zu schliessen, kommt es zur ersten grossen Kongressuntersuchung gegen die Geschäfte der Mafia in den USA.
An Weihnachten 1956 hatten Joe und Robert Kennedy ihren schlimmsten Streit, weil Bobby als Rechtsberater im McClellan-Ausschuss zur Untersuchung der Gewerkschaften und ihrer Verbindungen zum Organisierten Verbrechen mitarbeiten will, was sein Vater ihm verbietet. Bisher immer folgsam, zurückgezogen und strenggläubig, verheiratet und Vater von 5 Kindern, trotzt der 33jährige das erste Mal dem Willen seines Vaters, der sogar seinen Freund Richter William O. Douglas von obersten Gerichtshof einschaltet, um Bobby von der Mitarbeit abzuhalten.
Nach seinem Studium begann Bobby 1951 für die Internal Security Division des Justizministeriums nach sowjetischen Spionen zu suchen und sammelte in der Kommission von McCarthy als Kommunistenjäger weitere Erfahrungen. John McClellan wurde der neue Vorsitzende des Senate Investigations Subcommittee, das zunächst weiter gegen Kommunisten aktiv ist, bis die Tranport-Gewerkschaft 1956 zum Thema wurden. Mit 1,7 Mio. Mitgliedern sind die Brotherhood of Teamsters die grösste, reichste und aggressivste Gewerkschaft, die das Land jederzeit lahmlegen könnte.
Am 30.1.57 wird der Senatsausschuss unter Vorsitz von Senator John L. McClellan geschaffen, und für die nächsten 30 Monate werden sich RFK, Chef-Rechtsberater der Kommission und treibende Kraft der Untersuchung, und auch JFK als Mobjäger profilieren.
Bobby findet heraus, dass Teamster-Präsident Dave Beck mit Geldern der Gewerkschaft ein Haus baute, und es nach zwei Jahren der Gewerkschaft für $163’000 wieder verkaufte. Im Mittelpunkt steht der $370’000-Diebstahl des Gewerkschaftsführers aus der Teamster-Pensionskassen und Steuerhinterziehung, für welche dieser 1957 ins Gefängnis geht, aber von Gerald Ford 1975 vollumfänglich rehabilitiert wird. Auch dessen Nachfolger Jimmy Hoffa (Präsident von 1957-71) sowie Joey Glimco von Chicago werden unter die Lupe genommen.
James Riddle Hoffa wurde 1913 geboren und zog mit seiner Mutter nach dem Tod des Vaters 1920 nach Detroit. Nachdem er bereits mit 19 Jahren seinen ersten Sieg in der Gewerkschaftsbewegung davontrug, kam Hoffa anfangs der 30er Jahre über seine Geliebte Sylvia Pagano, die mit Frank Coppola ein Verhältnis hatte und die Mutter von Chuck O’Brien ist, in Kontakt mit dem Organisierten Verbrechen, das über die Jahre zu einer unverzichtbaren Basis seiner Karriere an die Spitze der Teamsters wird. Hoffa assoziiert sich mit Coppola und Santo Perrone, der im Gegensatz zu anderen Firmenerpressern zuerst die Bomben zündet und danach das Geld verlangt.
1936 wegen Mobaktivitäten bei den Docks gefeuert, stellte ihn die Transportgewerkschaft als Organisator ein. 1941 kam es in Detroit zu einem Machtkampf zwischen dem Congress of Industrial Organizations und den AFL Teamsters, für die sich Hoffa als mit Ketten bewaffneter Schläger profilierte, zusammen mit seinem späteren Bodyguard Rolland McMaster. Mit Hilfe des Justizministeriums gelang es ihm auch, die linke Konkurrenzgewerkschaft CIO in Minneapolis zu besiegen.
Über Perrone begann Hoffas Verbindung mit Paul Dorfman, Präsident der mafiadominierten Waste Handlers Union Chicagos seit der Ermordung seines Vorgängers 1939, bei der Jack Ruby eine Rolle spielte. 1949 schuf Hoffa die Michigan Conference of Teamsters Welfare Fund, und Vater und Sohn Dorfman gründeten die Union Casualty Agency für die Geldtransaktionen. Diese Kassen entwickelten sich zu einer eigentlichen Mafia-Bank. Hoffa schützt Deals der Gangster, die die Gewerkschaft als Deckmantel benutzen können. Die Mobster sorgen im Gegenzug mit effizienten Methoden dafür, dass die Arbeiter den Befehlen folgen, wie bei den Wäschefahrern von Teamsters Local 285 mit Morris Dalitz. Wenn eine Firma den Schutz von Hoffas Gewerkschaft ablehnt, zündet Frank Kierdorf eine Bombe. Zudem stellt Hoffa Gelder der Pensionskassen zur Verfügung, die vorwiegend in Las Vegas und Grundstückhandel investiert werden.
Vermutlich ist es Hoffa, der die Mafiosi Russell Bufalino, Salvatore Granello, John LaRocca, Gabriel Mannarino und James Plumeri überzeugt, mit der CIA zu kooperieren. Diese Mobster sind alle mit den Teamstern verknüpft, haben Kasinoinvestitionen in Havanna und sind in den Drogenhandel verwickelt. Die Kommission findet auch heraus, dass Hoffa eng mit Tony „Ducks“ Corallo und Johnny Dioguardi zusammenarbeitet, die New Yorks Flughafen für Tommy Lucchese ausbeuten. Dank Paul Dorfman wurde „Dio“ Dioguardi Direktor der New York United Auto Workers Union, AFL.
Ein Journalist der Hearst-Gruppe begann, über Dioguardis Verflechtungen zu schreiben und erblindete, weil ihm Säure ins Gesicht gespritzt wurde. Nachdem der Säureattentäter erfahren hatte, dass sein Opfer eine bedeutende Person war, verlangte er statt $500 plötzlich $50’000, worauf er vier Kugeln in den Hinterkopf erhielt. Die Aufklärung von Dioguardis Fall musste aufgegeben werden, weil alle potenziellen Augenzeugen es vorzogen zu schweigen.
Nach der Übernahme des Präsidiums stellt Hoffa Robert Maheu an, der mit dem Teamster-und CIA-Anwalt Edward Bennett Williams das Büro teilt. Über Williams lernte Maheu seinen Freund Johnny Roselli kennen. Ebenfalls 1957 gründet Hoffa mithilfe von McMaster und David Yaras das Teamsters Local 320 in Miami, in dem Santos Trafficante ein Büro bezieht. Im Jahr darauf übernehmen die Teamster die Kontrolle der Miami National Bank. Der gewalttätige McMaster ist auch der Verbindungsmann zu Genoveses Mafiafamilie in New York. Genoveses Capo Anthony Provenzano ist der Chef des New Jersey Local 560 und wird 1959 zum Präsidenten des 100’000 Mitglieder zählenden New Jersey Joint Council 73 gewählt, womit er 10% aller Teamsters kontrolliert. „Tony Pro“ bekämpft in erster Linie Gewerkschaftsreformer, von den viele umgebracht werden. Hoffa macht ihn zum Vizepräsidenten der International Teamsters. Hoffas Macht wird von der McClellan-Kommission als gefährlich für das ganze Land eingeschätzt.
Insgesamt arbeiten über 100 Anwälte an dieser Untersuchung mit, 1500 Zeugen werden befragt in über 500 öffentlichen Hearings, die 20’432 Protokollseiten füllen. Während den Untersuchungen in den verschiedenen Städten befreundet sich RFK mit Polizeichef William Parker und Captain James Hamilton, in dessen LAPD Intelligence Division er sein Büro in Los Angeles einrichtet.
Eisenhower unterstützt die McClellan-Kommission nicht, aber er behindert sie wenigstens nicht, wie das bei der Kefauver-Untersuchung durch Roosevelt der Fall war. Hoffa versucht, den Anwalt John Cheasty als Spion in der Kommission zu kaufen, der in Absprache mit Bobby beschliesst, als Doppelagent zu funktionieren. Hoffa übergibt Cheasty $200’000 unter FBI-Beobachtung, und trotzdem verliert RFK den Bestechungsprozess gegen Hoffas Anwalt Edward Bennett Williams. RFK will seine Niederlage rächen und erklärt „diesen Hurensohn Jimmy Hoffa“ zum wichtigsten Feind, als er das Justizministerium übernimmt.
Mafiabosse wie Carlos Marcello und Sam Giancana, die mit Hoffa zuammenarbeiten, werden von der McClellan-Kommission befragt. Anwalt Aaron Kohn informiert RFK ausführlich über seine Untersuchungsergebnisse über Marcello und sagt vor dem Ausschuss auch gegen ihn aus. Beim Verhör am 24.3.59 verweigert Marcello die Aussage auf alle Fragen von RFK und der Senatoren. Giancana benutzt vor dem McClellan-Ausschuss 34 Mal den 5. Zusatzartikel. Robert Kennedy macht ihn während des Verhörs lächerlich, was in der Presse Aufmerksamkeit erregt. Trotz den Ermittlungen seiner Söhne lässt Joe Kennedy über Murray Humphreys Giancana mitteilen, er habe die Situation im Griff.
JFK sagt einmal während der Hearings: „Wir haben nur eine Regel hier: Wenn sie Gauner sind, verwunden wir sie nicht, wir bringen sie um.„
Und RFK meint: „Wenn wir das Organisierte Verbrechen nicht auf nationaler Ebene mit ihnen ebenbürtigen Waffen und Techniken angreifen, werden sie uns zerstören.“ Giancana fühlt sich von Joe Kennedy verraten, obwohl dieser sagt, es handle sich nur um ein politisches Spiel, was Humphreys und Sinatra offenbar glauben.
Zudem hat Giancana andere Schwierigkeiten: Leon Marcus, ein korrupter Bankier, wird am 31.3.57 wegen Veruntreuung von Geldern seiner Southmoor-Bank in Chicago angeklagt. Um einen Freispruch zu erzwingen, will er Giancana mithilfe kompromittierender Dokumente mithineinziehen und erpressen.
Sal Moretti, ehemaliger Polizist und Soldat von Lieutnant Willie Patate, soll Marcus erschiessen und die belastenden Unterlagen entwenden. Er macht jedoch den Fehler, die belastende Quittung über eine Zahlung von $100’000 im Zusammenhang mit dem Motel Thunderbolt zu vergessen. Willie Patate foltert Moretti daraufhin grausamst zu Tode, was jedoch trotz der Publizität nicht zu einer Anklage führt. Giancana wird daraufhin aber wegen 67 Glückspielvergehen im Wagon Wheel angeklagt, die ins Jahr 1951 zurückgehen.
Giancana kauft 1958 mit Geldern der Pensions- und Gewerkschaftskassen der Teamsters das Stardust auf. Gus Greenbaum, der von den $15 Mio. Gewinn des Flamingos in Las Vegas $9 Mio. für sich abzweigt, um zu spielen, und seine Frau werden im Dezember 1958 auf Befehl Giancanas und Lanskys zu Tode gefoltert. Las Vegas ist eine der einträglichsten Quellen geworden und bleibt es bis Ende der 70er Jahre. Insgesamt verdient Giancana $4 Mio. monatlich, steuerfrei.
Murray Chotiner, der für Earl Warren und Richard Nixon arbeitet, muss wegen seiner Mafiaklienten aussagen. Er verteidigte zusammen mit seinem Bruder Jack 249 Mafialeute vor Gericht, was Richard Nixon nicht hindern wird, ihn zu seinem Spezialberater zu ernennen. Carmine Bellino deckte 1956 einen Korruptionsfall bei Uniform-Aufträgen auf, in den Chotiner verwickelt ist. Dieser versucht alles, um nicht vor dem Komitee aussagen zu müssen, und wird schliesslich von Joe McCarthy gedeckt.
Auch Jack Ruby hätte eigentlich vor dem Kongress aussagen sollen, aber Vizepräsident Nixon kann dies verhindern, indem er gegenüber dem FBI aussagt, Ruby arbeite für ihn unter seinem richtigen Namen. Laut neuen FBI-Dokumenten arbeitete Ruby seit 1947 als „spy & hit man“ tatsächlich für Nixon.Ruby wird in einem FBI-Bericht von 1956 im Zusammenhang mit Drogenschmuggel zwischen Mexico, Texas und dem Osten erwähnt. Ruby schmuggelt Drogen mit James Breen, lebt von Zuhälterei und Glückspielen, die er mit Harry Hall betreibt. Ruby ist mit mehreren Polizisten wie Leutnant Ellis Joseph und sogar mit Dallas-Polizeichef Jesse Curry befreundet. Bis 1958 haben die Mobster von Dallas die American Guild of Variety Artists (AGVA), die neben den Schauspielern auch die Stripperinnen vertritt, unter ihrer Kontrolle, um zu verhindern, dass es erneut zu Verurteilungen wie der von Rubys Geschäftspartner Joe Bonds 1954 wegen „Weisser Sklaverei“ kommt. James Henry Dolan, ein Vertrauter von Marcello, Pecora, Ruby und Tafficante, wird an die Spitze der AGVA gesetzt.
Quellen: Giancana: 227-229,238-240,273, Davis (1988): 81-86,406, (1994): 110, Marrs: 171f, NZZ Folio Nr.9/1991: 15, Weberman (27): 14ff, Hersh: 134, Scott (1993): 233, Pease (1995), Sylwester: 3-7, Kangas: 3, Best: 11-14,41, Groden/Livingstone: 317f, Summers (2000): 51ff, Collier/Horowitz: 269-293, Anson: 314-321, Carey/Olgiatti.
1957 Mafiakrieg in New York
Albert Anastasia, seit 1951 Chef der Mangano-Familie, wird im Coiffeursalon des Sheraton Hotel am 25.10.57 auf Befehl von Joseph Profaci erschossen. Anastasia war der reichste der Bosse New Yorks, wobei seine Geldgier und der völlig unnötige, durch Frederico Tenuto ausgeführte Mord an Arnold Schuster die anderen Bosse glauben liess, Anastasia verliere den Verstand. Schusters Aussagen führten zur Verhaftung des Bankräubers Willie Sutton, worauf Schuster von den Zeitungen zu einem Helden stilisiert wurde. Anastasia setzte sich im Zusammenhang mit dem neuen Havanna Hilton auch in Konkurrenz zu Lansky und bot Trafficante an, mit ihm Lanskys Geschäfte zu übernehmen. Zudem kursierten Gerüchte, Anastasia verkaufe die Mitgliedschaft zur Cosa Nostra für jeweils $50’000.
1956 wurde Anastasias Unterboss Joe Adonis vom INS nach Italien abgeschoben.
Kurz danach berief Vito Genovese ein Meeting der Kommission ein und erklärte, Frank Costello müsse neutralisiert werden. Genovese begann nach der Freilassung Costellos aus dem Gefängnis am 29.10.53 gegen den Anastasia-Verbündeten zu plotten, indem er Costellos Publizität kritisierte. Costello wurde aus der Kommission ausgeschlossen, wonach ihm Meyer Lansky als Entschädigung ein Teil des Tropicana Casinos abtrat. Während Costello im Gefängnis sass, ermittelten die Behörden weiter gegen ihn und konnten wegen einer Zahlung von $4888 seiner Frau einen neuen Prozess wegen Vertuschung seines Einkommens gegen ihn aufziehen, weshalb er zu weiteren fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Da der Anwalt Edward Bennett Williams beweisen kann, dass die Verurteilung nur durch illegale Abhörung erreicht werden konnte, wird Costello 1957 wieder auf freien Fuss gesetzt. Costello führt daraufhin trotz seinem Ausschluss seine Geschäfte weiter, weshalb Genovese ohne Warnung zuschlägt: Der Schütze Vincent Gigante verletzt ihn am 2.5.57 aber lediglich und lässt sich zudem von der Polizei erwischen. Da Costello aussagt, er habe Gigante noch nie gesehen, kommt dieser allerdings wieder frei. Die Polizei entdeckt bei Costello $800 Bargeld und eine Quittung von $651’254, die Einnahmen des Casinos Tropicana in Las Vegas vom 27. April, wofür er zu weiteren vier Jahren Zuchthaus verurteilt wird. Anastasia verbarrikadiert sich danach in seinem Landhaus, worauf sein Underboss Frank Scalise von Jimmy Squillante erschossen wird.
Anastasia erklärt daraufhin, er werde die Schüsse auf Costello und Scalise rächen. Genovese kann Carlo Gambino, den verbleibenden Leutnant von Anastasia, nun überzeugen, dass Anastasia für die Mafia gefährlich werde. Genovese versichert Gambino seine Unterstützung in der Kommission, worauf dieser Joe Profaci einschaltet. Dieser gibt den Kontrakt an die wildesten seiner Killer weiter: die Brüder Crazy Joe, Louie und Kid the Blast Gallo, die Anastasia umbringen, nachdem dieser noch am Vortag mit Trafficante gegessen hat, um über die vermeintliche Übernahme eines Casino zu diskutieren.
Nahezu 100 Mafiosi und Verbündete aus 15 Staaten treffen sich am 14.10.57 auf Einladung von Vito Genovese auf dem Landgut von Joseph Barbera bei Apalachin. Angeblich wollte Genovese das Treffen zuerst in Chicago durchführen, ging dann aber auf den Vorschlag des Mafiabosses von Buffalo, Stefano Magaddino, ein. Die Mobster trafen sich seit 1931 alle 5 Jahre, das letzte Mal 1956 ebenfalls bei Barbera, wo Joe Zerilli und Angelo Bruno in die Kommission aufgenommen wurden, die aus 9 Mitgliedern besteht. Aber die auftretenden Probleme erfordern eine vorgezogenes Treffen: Die Bosse wollen die Rivalitäten in den New Yorker Familien, die nach 20 stabilen Jahren auftraten, beenden und verlangen eine Erklärung für die Attentate gegen Costello, Scalise und Anastasia.
Der 2. Punkt betrifft die Mitgliedschaftsbedingungen: Die von Anastasia eingekauften Mitglieder sollen wieder ausgeschlossen werden.
3. Einige Mafiabosse wollen nicht ins Drogengeschäft einsteigen, das sie als unmoralisch oder als zu gefährlich beurteilen. Am 1.7.57 wurde der Narcotic Control Act in Kraft gesetzt, der Drogenhandel zu einem Bundesvergehen macht, was die Strafverfolgung vereinfacht.
Als 4. Punkt stehen Gewerkschaftsprobleme in New York und Pennsylvania auf der Traktandenliste.
Der 5. und für Vito Genovese wichtigste Punkt ist, sich zum Boss der Bosse krönen zu lassen.
Aus New York kommen Vito Genovese, Tommy Lucchese, Joe Bonanno, Carmine Galante, Joseph Magliocco, Carlo Gambino, Carmine Lombardozzi, Joseph Profaci und John Bonaventre.
Aus New Jersey sind Gerardo Catena, Joseph Ida und Frank Majuri dabei.
Frank de Simone aus Kalifornien,
Joseph Civello aus Dallas,
James Colletti aus Colorado,
John Scalish aus Cleveland,
John Montana aus Buffalo,
Santo Trafficante jr. aus Havanna,
Anthony Magaddino aus Niagara Falls,
Russell Bufalino aus Pittston (Pennsylvania),
der Bruder des Bosses von New Orleans, Joseph Marcello, und
Sam Giancana aus Chicago sind ebenfalls dabei.
Von den Konferenzteilnehmern haben 22 mit Gewerkschaften zu tun. Dazu gehören James La Duca, der Chef der Hotel- und Restaurant-Gewerkschaft in Buffalo, John Scalish und Louis „Babe“ Triscaro von den Teamsters und 4 Vertreter der New Yorker Bauarbeitergewerkschaft.
Der 5. Punkt kann wegen dem Erscheinen der Polizei nicht mehr in Angriff genommen werden. Laut Barbera reduzierte er kurz zuvor seine Schmiergeldzahlungen, weil ihm die Polizei zu gierig geworden sei, weshalb sie ihm Ärger machen wollen. Laut Sergent Edgar D. Crosswell, der den Einsatz leitet, wird das Mafiatreffen entdeckt, weil Joseph Barbera jr. in einem lokalen Motel Reservationen für unbekannte Gäste machte, was er zufällig hörte. Zudem seien die vielen schwarzen Limousinen mit ausserstaatlichen Nummerschildern aufgefallen.
Die Polizisten schreiben die Autonummern auf und errichten eine Strassensperre, um die Besucher zu überprüfen. 58 der Flüchtenden, die zusammen $300’000 Bargeld auf sich tragen,können identifiziert werden. Sam Giancana und Carmine „the Cigar“ Galante können durch den Wald entkommen.
Interessanterweise fehlen Carlos Marcello, Frank Costello und Meyer Lansky am Treffen, und Giancana und Galante laufen nicht in die Falle. Vermutlich hat Costello, den Genovese umzubringen versucht hatte, mit einem Tip an die New York State Police die Machtübernahme Genovese sabotiert, wenn auch zum hohen Preis, dass das Meeting die Aufmerksamkeit von Justizdepartement und Öffentlichkeit auf sich zieht.
Gleich nach dem Fiasko beruft Vito Genovese ein Meeting der New Yorker Familien ein, um die hängigen Punkte zu bereinigen:
Der Drogenhandel wird wegen dem neuen Narcotics Control Act verboten.
Jedes Mitglied, das beim Drogenhandel erwischt wird, soll sofort umgebracht werden.
Die neuen Mitglieder, die für ihre Initiation bezahlt haben, werden ausgeschlossen.
Bedrohen unabhängige Gewerkschaften die Interessen der kontrollierten Arbeiter, werden die Führer gewarnt und bei Nichtreagieren exekutiert.
Carlo Gambino wird von Genovese zum neuen Oberhaupt der Mangano-Familie gekrönt und in die Kommission aufgenomen.
Don Carlo ernennt Joe Biondo, sein Bruder Paul Gambino und sein Cousin Paul Castellano zu seinen Underbossen und Joe Riccobono zu seinem Berater.
Gambino lässt die Anastasia-Loyalen „Johnny Roberts“ Robilotto und Armand „Tommy“ Rava erschiessen und beginnt, seinen Förderer zu ruinen.
Obwohl Genovese den Drogenhandel verboten hat, nimmt er sich selbst von diesem Verbot aus. Gambino, Giancana und Lansky beschliessen, den machthungrigen Genovese damit auszuschalten. Gambino offeriert dem puerto-ricanischen Kriminellen Nelson Cantellops, der für Giancana und Lansky arbeitete und wegen Drogenhandels im Gefängnis von Sing Sing sitzt, $100’000 für seine Aussagen gegen Genovese.
Das FBN von New York lässt sich darauf ein, Cantellops die Reststrafe zu erlassen, wenn dieser vor Gericht aussagt.
Genovese und 24 seiner Leute, darunter Carmine Galante und Joseph Valachi, werden 1958 wegen Verstössen gegen das neue Drogengesetz verhaftet.
Aufgrund der Aussagen des Starzeugen Cantellops über grosse Drogendeals werden alle Angeklagten verurteilt. Genovese, zu 15 Jahren Gefängnis verdonnert, stirbt 10 Jahre später in Haft. Galante landet im Lewisberg Penitentiary in gleichen Zellenblock wie Jimmy Hoffa, wo er Vincente Teresa verspricht, er werde Carlo Gambino mitten auf den Times Square scheissen lassen.
Das Apalachin-Treffen der Mafia beweist dem McClellan-Ausschuss, dass ein nationales Verbrecher-Syndikat existiert. Diese Bestätigung ist für J. Edgar Hoover äusserst peinlich, hat er doch immer behauptet, es gebe keine interstaatlich tätige Mafia, und sich über Kefauver, Kennedy und McClellan lustig gemacht. Da es offensichtlich nicht nur lokal aktive Gangster gibt, kann er die Zuständigkeit des FBI nicht mehr bestreiten.
Am 27.11.57 startet er das Programm TOP HOODLUM gegen das organisierte Verbrechen und benutzt den Begriff LCN (La Cosa Nostra von Maranzano), um den Eindruck zu erwecken, er sei besser informiert als alle anderen. LCN tönt weit weniger gefährlich als „Organisiertes Verbrechen“ oder „Mafia“. Die Mobster bezeichnen ihre Organisation oft anders: „the Office“ in New England, „the Arm“ in Buffalo oder „the Outfit“ in Chicago.
Während zwei Jahren sammelt das FBI nun Informationen über das organisierte Verbrechen. Der von Vizedirektor William Sullivan und seinem Assistenten Charles Peck geschriebene Report wird in 25 nummerierten Exemplaren gedruckt und an Spitzenbeamte verteilt. Nachdem Hoover sein Exemplar gelesen hat, ordnet er den Rückzug aller Kopien an und lässt sie vernichten. Zudem behindert er massiv die Arbeit der Special Group on Organized Crime, geleitet von Richard Ogilvie und Milton Wessel, welche auf Initiative Eisenhowers als Reaktion auf das Apalachin-Treffen gebildet wird. Schliesslich werden 27 Teilnehmer des Treffens wegen Behinderung der Justiz angeklagt und 20 verurteilt.
Quellen: Meurice, Davis (1994): 70-96, Delorme: 63-68,117f,147-153, Giancana: 244-247, Best: 8f, Summers (1993): 246f, Cran, Holenstein: 53, Bartholomew: 59.
1957 Lewis Rosenstiel
Louis B. Nichols wechselt vom FBI zu Lewis Solon Rosenstiel, Costello-Verbündeter aus dem Alkoholgeschäft mit Beziehungen zu Meyer Lansky, Angelo Bruno und Hoover, der ab und zu in Rosenstiels Flugzeug fliegt.
Rosenstiel kaufte 25’000 Exemplare von Hoovers Buch „Masters of Deceit“ und verschenkte sie an Schulen, zahlt in den 60er Jahren mehr als $1 Mio. an die J. Edgar Hoover Foundation, zu der auch nahmhafte Mafiosi beisteuern, und begleicht Hoovers Wetteinsätze an Pferderennen.
Als Gegenleistung hilft Hoover bei verhafteten Verbündeten. Rosenstiel entwickelt sich zum wichtigsten Verbindungsmann zwischen Hoover und Lansky. Rosenstiel ist bisexuell und hat ein Verhältnis mit Roy Cohn, dem ehemaligen Assistenten Joe McCarthys. Die beiden organisieren seit 1948 Sexparties fürHoover, der sich als Frau verkleidet mit jungen Männern im Plaza Hotel oder in Rosenstiels Haus, in dem Zimmer abgehört werden können, trifft.
Mithilfe von Nichols und Cohn schmiert Rosenstiel Lyndon Johnson und den Vorsitzenden der Justizkommission Emanuel Celler und macht Druck auf den Kongress, der daraufhin die geplante Steuer auf gelagerten Alkohol aufhebt. Vermutlich hätte er ohne diese Einsparung von $40-50 Mio. Konkurs gemacht. Rosenstiel finanziert ebenfalls Alfred Kohlbergs American Jewish League Against Communism.
Johnson ist ein gemeinsamer Freund von Edwin Weisl, dem Rechtsberater des Senate Space Committee, und von General John B. Medaris, dem Chef des Army Space Programms. Medaris arbeitet mit Wernher von Braun und gehört mit Roy Cohn und Mafiaboss Joe Bonanno zur Spitze der Lionel Corporation, die 90% ihres Umsatzes mit Elektronik für Raumfahrt und Rüstung macht. Medaris ist zudem Direktor einer Bodenspekulationsfirma von Bobby Baker und George Smathers. Von Braun wird nach dem Sputnick-Schock zu einem Rocket-Star der Technokraten, wozu ein Film gedreht wird, der seine Nazivergangenheit und das V2-Raketenprogramm auf sein Technikinteresse reduziert. Bonanno ist während Jahren ein persönlicher Informant Hoovers und arbeitet eng mit Louis Mortimer Bloomfield und der Bank of World Commerce zusammen. Die BWC gehört der Allied Empire, den Gamblern Irving Devine, Clifford Jones, Edward Levinson, M.A. Riddle, B.E. Seigelbaum, der Sav-Way Investment Company und dem Präsidenten John Pullman. Devine, Seigelbaum und Pullman arbeiten mit dem Schweizer Sylvain Ferdmann, um Gelder für Meyer Lanksy zu waschen, unter anderem bei der Schweizerischen Kreditanstalt (heute CS). Ferdmann gründet die Atlas Bank auf den Bahamas für die SKAndalbank.
Quellen: Summers (1993): 247-259, Scott (1993): 211, Cran, Torbitt: 10-13, Hübner/Sperling.
1958 Präsidentschaftskampagnen
Seit zwei Jahren arbeitet Joe Kennedy daran, die Präsidentschaftskampagne von Jack vorzubereiten, indem er alte Kontakte des Roosevelt -Wahlkampfs von 1932 reaktivierte und viele wichtige Demokraten einzeln auf seine Seite brachte. John Kennedy wurde mit 73,6% der Stimmen als Senator wiedergewählt, mithilfe von Mafia-Leuten, die andere Kandidaten einschleuste.
Mit diesem Ergebnis ist JFK eindeutiger Präsidentschaftskandidat, und Frank Sinatra ist das wichtigste Bindeglied der Mafia zur Unterstützung der Wiederwahl.
Zahlreiche Journalisten werden von Joe angeheuert, um Artikel und Bücher über die Kennedys zu schreiben. Kennedy selbst lässt Tausende von Exemplaren des Buches „Profiles in Courage“ von 1956 kaufen, um es auf der Bestsellerliste zu halten. Joe gibt Millionen für Jack aus, dem ein schwieriger Kampf bevorsteht: er ist zu jung, katholisch, und die Reputation des Vaters schadet ihm, obwohl Joe sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigt.
Bei seinen Privatbesuchen in Havanna bekommt Jack Schwierigkeiten, weil er, neben den Bordellbesuchen, mit der Frau des italienischen Botschafters eine Affäre hat, weshalb der kubanische Geheimdienst einschreitet. Er hat auch eine Affäre mit seiner Sekretärin Pamela Turnure, die in der Wohnung oberhalb ihrer Vermieterin Florence M. Kater wohnt. Kater ist entsetzt über die nächtlichen Besuche und beginnt, gegen den unmoralischen Senator zu kämpfen.
Obwohl Pamela in der Nähe eine neue Wohnung nimmt, photographiert ihn Kater beim Verlassen des Hauses nachts um drei und schickt das Photo mit Begleitschreiben an 50 prominente Verleger, Kolumnisten und Politiker in Washington und New York. Auch das FBI bekommt ein Exemplar, worauf Hoover die Beziehung überwachen lässt. Der ehemalige Staatsanwalt James McInerney versucht Kater zu überzeugen, dass sie ihre Aktionen einstellen soll und droht, ihr Mann werde seine Stelle verlieren. Angeblich hätte sie das getan, wenn die Familie bereit gewesen wäre, ihr ein Bild von Amedeo Modigliani zu kaufen. Als die Nomination erfolgt, verstärkt Kater ihre Mission, und JFK ist sich kaum bewusst, mit wieviel Glück er einem Skandal entkommt. JFK verlässt sich auf seine Fähigkeit, in der Öffentlichkeit ein gutes Bild von sich abgeben können. Er betreibt eine Strategie des permanenten Wahlkampfes, weshalb die ersten Worte von Tochter Caroline „Flugzeug“, „Auf Wiedersehen“ und die Namen der wichtigsten Bundesstaaten der Vorwahlen sind.
Auch Richard Nixon will sich für die Präsidentschaftswahlen profilieren und unternimmt eine Lateinamerikatour, die ihn fast das Leben kostet. In Uruguay wird er als Kriegstreiber, Imperialist und Diktatorenfreund beschimpft, in Peru wird er mit Steinen beworfen, und in Venezuela kann die Armee nur knapp verhindern, dass sein durch eine Blockade gestoppte Wagen umgeworfen und angezündet wird. Der alamierte Eisenhower schickt mit der Operation POOR RICHARD 1000 Marines, Fallschirmspringer, sechs Zerstörer, ein Kreuzer und ein Flugzeug nach Venezuela, die dann aber nicht benötigt werden. CIA-Stationschef Jacob Esterline hatte dem Vizepräsidenten dringend von diesem Besuch abgeraten. In den USA stellt sich Nixon als unerschrockener Kämpfer gegen die lateinamerikanischen Kommunisten dar.
Quellen: Hersh: 107, Posener: 78f, Fox: 331, Davis (1984): 185f, Gregory/Speriglio: 264, Best: 19, Summers (1993): 305, (2000): 166-171, Collier/Horowitz: 283-293, Cran, Lewens/Wall.
1958 US-Interventionen
In über 40 Ländern stellen die US-Geheimdienste paramilitärische Streitkräfte auf, allerdings nicht immer erfolgreich.
Bis Mitte der 70er Jahre werden Waffen und Munition für $152 Mio. an Guerillas abgegeben, die nie einen Schuss abgeben. Es gibt manchen Fehlschlag wie inSüdjemen, wo die CIA 1974 die progressive Regierung mit dem Aufbau einer Rebellenarmee in Saudi Arabien bekämpfen will.
In Indonesien organisiert die CIA auf Initiative von Frank Wisner und Nixon 1958 von Singapur aus die paramilitärische Unterstützung für 42’000 Rebellen auf den Philippinen für den Aufstand in Indonesien, da Achmed Sukarno den Kommunisten einen wachsenden Einfluss einräumt und sich China annähert.
Das Material wird mit der Civil Air Transport nach Indonesien gebracht. Selbst schwere B-26 Bomber der CAT mit Besatzung und Panzer werden den Rebellen für den Aufstand zur Verfügung gestellt. Nachdem eine Kirche bombardiert und der CIA-Pilot verhaftet wird, stoppt Dulles den Einsatz der CAT. Obwohl sofort Waffen im Wert von $1 Mio. und 18 Tonnen Reis Auslandhilfe als Entschädigung nach Indonesien geschickt werden, bleibt der Pilot vier Jahre lang in Gefangenschaft. Der Aufstand wird nach vier Monaten niedergeschlagen, und die Regierung gibt die Zahl der Opfer mit 3000 an.
Daraufhin soll Sukarno erpresst werden. Robert Maheu will die Schwäche des indonesischen Präsidenten für Frauen ausnützen, wozu Johnny Roselli Marilyn Monroe engagiert. Im Januar und im Juni 1959 kommt es zu Treffen, ebenso im April 1961, als Sukarno Los Angeles besucht. Marilyn macht bei der Köderung Sukarnos freiwillig mit, weil ihr der Kontakt mit den Mächtigen der Welt schmeichelt.
Im September 1959 organisiert Frank Sinatra, der als Zermonienmeister der Fox fungierte, eine Einladung Marilyns zu einem Dinner mit Nikita Chruschtschow, mit derselben Absicht. Aber MM beschreibt den sowjetischen Machthaber als fetten, hässlichen und knurrenden Mann mit Warzen im Gesicht und ist froh, ihn nicht küssen zu müssen.
Um Sukarno weiter unter Druck setzen zu können, lässt die CIA den Pornofilm Happy Days mit einem Schauspieler drehen, der ihm ähnlich sieht. Maheu ist Make-up- und Kameramann und Direktor des Filmes, der Sukarno im Bett mit einer blonden KGB-Spionin zeigen soll. Erst im Oktober 1965 gelingt der Putsch gegen Sukarno durch Hadji Mohamed Suharto, dem ein Massaker an einer halbe Million Kommunisten folgt.
Die CIA unterstützt in einigen asiatischen Ländern Oppositionsbewegungen wie die Khmer Serei in Kambodscha gegen Norodom Sihanouk, den die CIA 1959 zu ermorden versucht. Hinter der Entschlossenheit der USA, die „Unabhängigkeit“ der Staaten in Indochina zu wahren, steht der langfristige Plan, eine Eindämmungspolitik gegen das kommunistische China zu entfalten. In China wie in der Sowjetunion bleiben Infiltrationsversuche praktisch immer erfolglos, so dass die CIA sich auf Dissidenteninformationen verlassen muss.
Die CIA organisiert mit dem Programms ST/CIRCUS ab 1957 die Rebellion in Tibet, das 1949 von den chinesischen Truppen besetzt und 1951 in den chinesischen Staatsverband eingegliedert wurde. Obwohl China 1956 einen Ausschuss unter Vorsitz des Dalai Lama und seinem Stellvertreter Pantschen Lama zur Vorbereitung einer autonomen Verwaltung einsetzte, unterstützt die CIA den bewaffneten Widerstand des Khamba-Stammes.
Während fünf Monaten werden die Freiheitskämpfer auf der Insel Saipan im Westpazifik und in Camp Hale in den Rocky Mountains in Guerillatechnik ausgebildet. Der Angriff der 3000 Kämpfer, unterstützt von Flugzeugen der Civil Air Transport, wird niedergeschlagen, was im März 1959 zur Flucht des Dalai Lama und 70’000 Tibetanern führt.
Die Flucht ist die Entscheidung des Dalai Lama, aber die CIA unterstützt sie per Funk und organisiert das Visum von Nehru. Von 1957 bis 1960 werden 16’000 Krieger des Khampa-Stammes von der CIA ausgebildet, davon 2000 in den USA, die bis 1974 Vorstösse aus den umliegenden Ländern nach Tibet hinein unternehmen, manchmal unterstützt von CIA-Söldnern und Flugzeugen. 100’000 Tibeter und 40’000 Chinesen kommen durch diese Aktionen ums Leben.
Da die CIA für ST/CIRCUS jährlich nur $1,7 Mio. ausgibt, handelt es sich im Wesentlichen bloss um eine Störaktion Chinas und nicht darum, die Unabhängigkeit Tibets zu erreichen. Ab 1960 baut die CIA eine Tibeterarmee in Mustang auf, die bis 1969 unterstützt wird. Zur Absicherung dieser Aktionen übernimmt die CIA ab 1962 auch die Ausbildung der indischen Grenzpolizei. Verteidigungsminister Tom Gates arbeitet mit Dulles, der Tibet anfänglich mit Ungarn verwechselt, am Projekt mit.
Der Verbindungsagent der CIA zum Pentagon von 1950 bis 1971 ist Frank Hand, der eine zentrale Rolle spielt, weil der Zugang zum Pentagon eine der entscheidenden Machtfragen ist. Am 9.9.65 wird Tibet zur autonomen Region Chinas erklärt, aber die Bemühungen der chinesischen Führung um Konsens mit dem Dalai Lama wechseln seitdem mit Phasen brutaler Unterdrückung der Tibetaner bis hin zur Zerstörung der Klöster. 1974 geben die letzten Widerstandskämpfer auf. Rund 1,2 Mio. Menschen sind seit dem Einmarsch Chinas bis heute im Tibet wegen Gewalt oder Hunger gestorben.
Amerikanische und englische Marineinfanteristen landen am 15.7.58 im Libanon und in Jordanien, begleitet von einer grossen US-Kriegsflotte vor Beirut. Gründe für die Landung sind der Putsch im Irak vom 14.7., wobei der prowestliche Nuri as-Said ermordet wird, und der Bürgerkrieg im Libanon, der die Herrschaft von Staatspräsident C. Chamoun gefährdet. Chamoun hatte mit Unterstützung der CIA ein Jahr zuvor die Wahlen verschoben, um seine Macht zu sichern, wobei er die Opposition aus dem Parlament ausschloss. Die von Chamoun erlassenen Gesetze führten am 12.5.58 zu einem bewaffneten Aufstand in Beirut und stürzten das Land in einen Bürgerkrieg. Chamoun appellierte an die USA, „das Land“ zu schützen, wogegen verschiedene Rebellenorganisationen ihren Widerstand aufnahmen.
Die Truppen in Jordanien sollen den von Nasser geplanten Zusammenschluss Ägyptens und Syriens zur Vereinigten Arabischen Republik verhindern.
Im Irak übernimmt General Abdul Karim Kassem in einem blutigen Putsch die Macht, was die USA zuerst durch eine militärische Intervention verhindern wollen. Da die USA keine Verbündeten im Land haben, müssen sie diesen Plan fallenlassen. Kassem schafft die Monarchie ab, nimmt die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion wieder auf, hebt das Verbot der Kommunistischen Partei auf und unterdrückt prowestliche Parteien. 1959 verlässt der Irak den Bagdad-Pakt (CENTO), das ungerechte Verteidigungsabkommen zur Sicherung des Öls zwischen der Türkei, dem Irak, Grossbritannien, Persien, Pakistan und den USA aus dem Jahr 1955.
Die CIA versucht daraufhin, Kassem von aussen zu neutralisieren. Ein vergiftetes Taschentuch wird ihm von der CIA-Station in New Dehli zugeschickt, ohne dass man erfährt, wer das Glück hat, das Paket zu öffnen. Die CIA engagiert Killer, zu denen auch Saddam Hussein gehört, um Kassem auf offener Strasse ermorden zu lassen. Nach dem Misserfolg kann Saddam nach Kairo ins Exil fliehen, wo er der Führer der Baath-Studentengruppe wird und regelmässig mit der CIA in Kontakt ist.
Nicht ohne Grund kursiert in der arabischen Welt das Gerücht, Saddam sei ein CIA-Agent. Laut James Akins, der zwischen 1961 und 1965 politischer Barater an der US-Botschaft in Bagdad ist, lassen die USA den Baathisten viel Geld und Waffen zukommen. Kassem wird am 8.2.63 durch ein Überfallkommando in Bagdad exekutiert, nachdem er kurz zuvor die Gründung einer nationalen Ölgesellschaft verkündet hat und ihm das US-State Departement mit Sanktionen gedroht hat, falls er seine Pläne nicht ändere.
Interessanterweise kommt die erste Erklärung der neuen Regierung, dass sie an einer Verstaatlichung der Erdölindustrie nicht interessiert sei, nicht aus Bagdad, sondern aus Washington.
Der neue Staatspräsident Abdul Salem Aref, der mithilfe der CIA die Macht übernimmt, verzichtet auf die Ansprüche Iraks auf Kuweit.
Nach dem Putsch setzt eine Welle der Verfolgung gegen Kommunisten und Demokraten ein. Die CIA übergibt den Kommandos der Baath-Partei Listen mit verdächtigen Kommunisten, worauf mindestens 800 Personen umgebracht werden. Saddam kehrt sofort aus dem Exil zurück und leitet die Folterungen und Ermordungen. Die Gefangenen werden mit Wasser vollgepumpt und mit Stromschlägen bearbeitet, und man bricht ihnen die Knochen.Zum gemensamen Feind gehören auch die Kurden, weshalb die USA der irakischen Armee kostenlos 5000 Bomben, davon 1000 Napalmbomben, liefern, um kurdische Dörfer niederzubrennen.
Innerhalb der Baath-Partei erlangt der fanatische Antikommunist Saddam Hussein, ein Bewunderer von Adolf Hitler, eine dominierende Position. Eine Erhebung gegen den nun regierenden Bruder Abdul Rahman Aref am 17.7.68 bringt den rechten Flügel der Baath-Partei von Sajid Hasan an die Macht, der den Kurden 1970 eine gewisse Autonomie zugesteht.
Saddam Hussein orientiert sich nun an Josef Stalins Machtssystem, weshalb die CIA nun die Freiheitspartei von Mulla Mustafa al Barzani mit Geld und Waffen unterstützt. Nachdem sich die Baath-Partei und die KP 1973 zur Nationalen Fortschrittsfront zusammenschliessen und die ausländischen Ölgesellschaften zu verstaatlichen beginnen, heizt die CIA den Kurdenkonflikt erneut an, um das irakische Regime zu schwächen. $16 Mio. werden ausgegeben, aber der Aufstand bricht zusammen und Hunderttausende müssen fliehen.
Quellen: Hersh: 434f, Horowitz: 176-179,402, Schulz:173,331, Sarin/Sonam, Gremliza (1978b), Kilian (1998), Paringaux: 22f, CIA-Info: 14f, Brandt, Best: 31, Prouty (1973): 378f, (1975), Dean, Werning, Bourrier, Ali (2002), Jabar, Gresh (2003), Despratx/Lando, Schmidt.
1959 Kubanische Revolution
Fidel Ruiz Castro übernimmt am Neujahrstag die Macht in Kuba, nachdem Batista panikartig und unerwartet mit einem Flugzeug voller Koffern mit Geld in die Dominikanische Republik geflohen ist. Castro studierte Recht in Havanna und galt immer als Rebell, der in zahlreiche Schiessereien verwickelt war. 1950 trat er der radikalen, aber antikommunistischen Ortodoxo-Partei bei und kandidierte 1952 für das Abgeordnetenhaus. Die guten Chancen der Partei wurden durch den Militärputsch Batistas zunichte gemacht. Am 26.7.53 griff Castro mit 131 Männern die Moncada Festung in Santiago de Cuba an und landete im Gefängnis. Nach seiner Freilassung 1955 setzte er sich nach Mexico ab und baute mit Ernesto Guevara eine Guerillatruppe auf. Im November kehren die 38 Männer auf der Granma zurück, wobei die meisten verhaftet werden. Castro, sein Bruder Raul und Che Guevara konnten sich in die Berge durchschlagen und eine neue Guerilla aufbauen. Dank einem Interview in der New York Times wurde Castro international bekannt, und ab 1957 erhielt die wachsende Armee grössere Waffenlieferungen.
In Miami lernte Frank Sturgis 1956 Fidel Castro und den ehemaligen kubanischen Präsidenten Carlos Prio Socarras kennen, der Castro unterstützt, weil dieser ihm die erneute Präsidentschaft nach dem Sturz Batistas verspricht. In Houston trafen sich Castro und Prio mit John DeMenil von der Schlumberger-Waffenschmiede, ebenfalls um Waffen zu erhalten. 1956 wurde Sturgis zusammen mit José Martinez Machados, Enio Leyva Fuentes, Manuel Carbowell Duque, Orlando Ventura Reyes, Pedro Luis Diaz Lanz, Manuel Hernadez Turro, Gustavo Arcos Dercles, José Alberto Mendez, Isaldo E. Rodriguez Lopez, Armando Franco Maynez, und Roberto Willarte beim Waffenschmuggel in Mexico verhaftet, aber nach zwei Wochen bereits wieder freigelassen. Seine zweite Frau Juanita K. Terrell, deren Familie mit den Prios befreundet ist, verliess er 1957 nach zehn Monaten Ehe, um in Kuba zu kämpfen.
Sturgis schmuggelte dann Waffen der INTERARMCO von Samuel Cummings, der 1954 in Guatemala mit der CIA zusammenarbeitete, nach Santiago, brachte Männer und Material in Booten und einer B-25 nach Kuba.
Dort unterstützt er Castro zusammen mit Clark Wollan vom US-Konsulat, dem US-Militärattaché Colonel Nichols und Major Robert Van Horn, den Brüdern José Joachim „Sam“, Louis und Sergio Sanjennes, Pedro Diaz Lanz, Roland Martinez, Luis Conte Aguero, Cresentio Perez, Celia Sanchez, Robert DuBois, Richard Lauchli, Bernard Barker und E. Howard Hunt. Viele der geschmuggelten Gewehre sind 6.5 Mannlicher-Carcano, dem Typ, mit dem Oswald angeblich Kennedy erschiessen wird. Am 24.7.58 wird Sturgis wegen illegalen Besitz von grossen Mengen Waffen und Kriegsmunition angeklagt, aber die Klage wird fallengelassen.
Die CIA unterstützt sowohl Castro wie auch Batista. Sturgis kennt den Pressechef der US-Botschaft Paul Bethel und US-Militärattaché Sam Kail, der Batistas Truppen trainiert. 1956 baute die CIA das „Buro de Represion Actividades Communistas“ (BRAC), die politische Polizeitruppe Batistas, mit auf. Bethel hat Kontakt mit Oswalds Marinefreund Gerry Patrick Hemming und mit CIA-Undercoveragenten David Atlee Phillips, der von 1955 bis 1957 in Kuba und dem Libanon stationiert war. Bereits 1957 schlug der amerikanische Botschafter in Kuba dem Diktator vor, dass ein CIA-Agent Castro umbringen solle. Stattdessen schickte Batista im Mai 1958 10’000 Soldaten in die Sierra, die gegen die 300 Guerilleros kläglich versagten. Castro verlor 27 Männer und übergab dem Roten Kreuz 433 Gefangene.
Wegen der öffentlichen Unhaltbarkeit der Diktatur Batistas tritt offiziell ein Waffenembargo gegen Kuba in Kraft, doch wird die amerikanische Militärmission nicht zurückgezogen, und auch die Briten liefern Batista weiterhin Waffen.
Ende 1958 kommt es zu einem Konflikt, als Castros Truppen einige Marines der Guantanamo Bay, die sich im Urlaub befinden, gefangennehmen. Die Soldaten kommen gegen ein geheim bezahltes Lösegeld wieder frei, worauf der Kommandant der Marines, Admiral Burke, Castros Truppen durch eine Racheaktion auslöschen will, was Aussenminister John Foster Dulles verhindert.
Nicht nur die CIA, auch die Mafia unterstützt sowohl den Diktator wie die Rebellen unter Fidel Castro, um für den Fall einer Revolution gewappnet zu sein.
Lewis McWillie, der Leiter des Tropicana, Jack Ruby, Frank Sturgis, Gerry Patrick Hemmming, E. Howard Hunt, James McCord, Norman „Ronghouse“ Rothman und Johnny Roselli schmuggeln Waffen über Mexiko nach Kuba, mit Schiffen und Flugzeugen der CIA. Die beteiligten Piloten sind Donald Edward Browder, Clifton Bowers und David Ferrie. James Walter McCord war nach dem Krieg FBI-Agent und wechselte 1951 zur Office of Security-Abteilung der CIA. Er arbeitet an Gegenspionage-Operationen mit Angleton. Donald Browder wird später bei Waffenschiebereien nach Haiti dabei sein, zusammen mit dem DeMohrenschildt-Geschäftspartner Clemard Charles und I. Irving Davidson. Davidson, Jimmy Hoffa und William Presser sind ebenfalls am Waffendeal mit Kuba beteiligt. Rothman wird später im Zusammenhang mit einer Grossbetrügerei mit Sam Mannarino und Giuseppe Cotroni freigesprochen, weil er politisch geschützt wird.
Sam und Gabriel Mannarino von Pittsburg schmuggeln zusammen mit Vitos Sohn Michael Genovese, Robert Ray McKeown, Harry Hall und Jack Ruby 1959 Jeeps nach Kuba, um Trafficante aus dem Gefängnis zu holen. Weiter beteiligt am Waffentransport sind Joe Marrs, der Besitzer der Marrs Aircraft, Efren Pichardo, der ehemalige Polizeichef von Haile, Leslie Lewis und der ehemalige Dallas-Polizist James Woodard.
Finanziert werden die Waffen der International Armament Corporation mit den Drogen, die über Kuba in die USA geschmuggelt werden, und von derem Gewinn die CIA 10% auf ihre Geheimfonds in der Schweiz, Italien, Panama oder auf den Bahamas abzweigt. Neben Kuba wird das Heroin aus Sizilien und Marseille auch über Mexiko und Montreal, wo Giuseppe Cotroni Mafiaboss ist, verschoben. Eine Verbindungslinie zwischen der sizilianischen Mafia um Santo Sorge und amerikanischen Mafia ist die Ölfirma Rimrock Tidelands, die als Cover für Zahlungen dient.
Eine Reihe von Batistas Generälen und auch der Armeechef General Cantillo verhandelten heimlich mit Castro und ergeben sich mehr oder weniger kampflos. Da Castro ihnen aber nicht traut, gehören sie zu den 600 Exekutierten der Revolution.
Castro verkündet die Bildung einer neuen Regierung mit Präsident Manuel Urrutia Lleo.
Der Geist der kubanischen Revolution ist demokratisch und antikommunistisch: Es gibt keine Kommunisten in der Regierung oder in wichtigen Ämtern, und die Kommunisten erleiden bei den Gewerkschafts wahlen vom März 1959 schwere Verluste. Castro verpflichtet sich auf die Verfassung von 1940, die Kuba eng an die USA bindet. Castro muss sich mit den katastrophalen Folgen jahrzehntelanger Korruption auseinandersetzen und formuliert neben der Demokratisierung und Freiheitsgarantie sechs Schwerpunkte:
Bodenreform, Wohnungsbau, Steuerreform, Industrialisierung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Volksgesundheit und Schulwesen.
Im April 1959 geht Castro in die USA und bittet um eine Anleihe, die ihm verwehrt wird. Seit einem halben Jahrhundert kontrolliert die Chase Manhattan Bank die Kredite für Kuba, wobei Bankpräsident David Rockefeller auch Präsident der Zuckerfirma Punta Allegre ist, der zweitgrössten Produzentin von Kubas wichtigstem Exportgut. Zucker macht 66% des Nationaleinkommens und 80% der Gesamtexporte aus.
Castro zeigt sich nicht interessiert, als Nixon ihm eröffnet, dass er Kommunisten in seiner Regierung habe, woraus Vizepräsident Nixon schliesst, dass „Castro entweder unglaublich naiv gegenüber dem Kommunismus oder unter kommunistischer Kontrolle sei„.
Obwohl Nixon am Fernsehen die Zusammenarbeit mit Castro verspricht, verschiebt er jegliche Hilfe. Privat bezeichnet er Castro als „Dorn in unserer Seite“. Um den bestehenden Kapitalverlust zu kompensieren, verstaatlicht Castro einige Unternehmen. Die US-Regierung reagiert feindselig darauf, weil sie die amerikanischen Wirtschaftsinteressen bedroht sieht:
US-Firmen kontrollieren 90% der kubanischen Versorgungsbetriebe, der Bergwerke und Viehfarmen, 100% der Ölraffinerien und 40% der Zuckerindustrie.
Wütige Bürger stürmten während der Revolution die Casinos, als Castro in Havanna einzieht. 1958 arbeiteten 27’000 Angestellte in den Spielkasinos und 11’500 Prostituierte in den Bordellen, und eine der ersten Aktionen Castros ist deren Schliessung.
Castro lässt Santos Trafficante, obwohl Castro auch von ihm finanziert wurde, und Jake Lansky verhaften, wogegen die US-Botschaft offiziell protestiert.
Nachdem Jake Lansky aus dem Gefängnis entlassen wird, flieht er mit seinem Bruder Meyer Lansky nach Florida. Dafür öffnet Castro am 1.3.59 die Casinos wieder und ernennt Frank Sturgis zum Glücksspielminister. Nach der Revolution wird Sturgis zum Chef des Geheimdienstes und der Militärpolizei der kubanischen Luftwaffe ernannt, und Pedro Diaz Lanz wird Kommandant der kubanischen Luftwaffe. Sturgis, dessen CIA-Kontakt über das Konsulat läuft, arbeitet bei der Kontrolle der Kasinos, die er von Pastorita Munas übernimmt, mit Commandante Riccardo Lorie zusammen, der ebenfalls ein CIA-Agent ist. Dabei lernt er Charles Tourine, Mike McLaney und Stretch Rubin kennen, der für Norman Rothman arbeitet. Rothmans Partner ist General Clio Chivano, ein Schwager von Batista. Castro will die Tätigkeiten der Casinos limitieren und genau kontrollieren, aber sie laufen wegen dem Einbruch des Tourismus schlecht.
Die breite Anti-Batista-Bewegung bricht kurz nach der Revolution auseinander und Fraktionskämpfe zwischen den prokommunistischen und den US-freundlichen Aktivisten entstehen.
Bereits nach sechs Wochen werden die Ermordungen von Fidel und Raul Castro und Che Guevara diskutiert, wobei Sturgis mitten drin steckt.
Im Namen von Meyer Lansky offeriert Charlie Tourine Sturgis $1 Mio. für die Ermordung Castros, aber Sturgis zögert, weil die CIA das grüne Licht nicht gibt. Er diskutiert die Ermordung mit Trafficante, Tourine und Roselli, wobei er plant, ein Kommandantentreffen in seiner Air Force Basis zu organisieren und dabei Castro und seine Führungscrew in einem Kreuzfeuer erschiessen zu lassen. Sturgis bricht ins Hauptquartier der Armee ein, um Dokumente zu fotographieren und zu entwenden, die er Colonel Nichols weitergibt. Zudem bricht er bei der chilenischen Botschhaft in Havanna ein. Im Auftrag von Sam Kail von der US-Botschaft versucht er, Armeechef Camillo Cienfuegos und Polizeichef Almejera auf seine Seite zu bringen. Im Februar und März werden bereits zwei US-Bürger verhaftet, die einen Mordanschlag auf Castro vorbereitet haben.
Einer der aktivsten Castrogegener ist der frühere US-Botschafter William D. Pawley, der direkten Zugang zu Eisenhower und Nixon besitzt, deren Wahlkämpfe er unterstützte. Der Rechtsrepublikaner ist mit Hoover und Allen Dulles befreundet und war an der Desinformationskampagne beteiligt, die den Putsch in Guatemala 1954 begleitete. Pawley machte eine Vermögen mit Grundstückhandel in Florida und der Luftfahrt in Kuba und China, besass das Busnetz und die Gasfirma in Havanna und unterstützte Batista und Trujillo. Nach Rücksprache mit J.C.King, dem CIA-Chef der westlichen Hemisphäre, empfahl er Batista anfangs Dezember 1958, zugunsten einer militärischen Interimsregierung zurückzutreten, was dieser aber ablehnte.
Am 10.3.59 beschliesst der Nationale Sicherheitsrat der USA, eine neue Regierung in Kuba einzusetzen, und Eisenhower beauftragt die CIA, die Sabotage von Castros Politik und einen Umsturz vorzubereiten.
Produktionsdrosselungen und Kapitalflucht der Unternehmen verschärfen das soziale Problem, weil Castro das Geld ausgeht.
Pawley, William Morgan und Gerry Hemming organisieren eine angeblich kubanische Invasion Panamas während eines USA-Aufenthalts Castros, was ein Eingreifen der US-Armee erlaubt. Bei der Planung sind Frank Sturgis, Margot Fonteyn, Roberto Arias, Pedro Diaz Lanz und Miro Cardona beteiligt. Die Aktion beginnt am 18.4.59, aber die Invasionscrew wird in Panama und Sturgis und Morgan werden in Kuba verhaftet.
Castro distanziert sich zwar von diesem Angriff, verliert aber massiv an Glaubwürdigkeit. Anfang Juni entlässt er 25 Air Force-Offiziere, zu denen Pedro Diaz Lanz gehört. Lanz hat Streit mit Castro wegen dem Einfluss der Kommunisten in Kuba, und Castro vermutet, dass Lanz hinter der Sabotage des Flugzeugs seines Bruders steckt. Pawley informierte Nixon, dass ein Air Cubana Pilot bereit sei, einen Flugunfall des als Kommunisten angesehenen Raul Castro zu inszenieren, wofür J.C.King und Tracy Barnes offenbar $10’000 bereitstellen.
Quellen: Hersh: 186, Weberman (6), (7), CIA-Info: 13, Best: 31-35, Groden/Livingstone: 315f, Scott (1993): 188,200, Horowitz: 183, Pease (1995), Bartholomew: 54-59, Scheim:221, Sylwester: 4-7, Anson: 238-245,293f,, Torbitt: 22, Callahan: 112-114, Schulz: 332, Hamelin/Van Geirt, Ranelagh/Treharne:2, Summers (2000): 179-183,192, Afterbach
Mai 1959 Machtkämpfe auf Kuba
Sam Giancana, John Roselli und Jack Ruby reisen mehrmals nach Kuba, besuchen Santos Trafficante im Gefängnis und versuchen ihn rauszuholen. Jack Ruby nimmt über Anthony Ayo Verbindung zum Castro-Vertrauten Robert Ray McKeown auf und offeriert $15’000 für die Hilfe zur Freilassung von drei Gefangenen Castros. Kurz darauf wird McKeown viel Geld angeboten, wenn er Castro umbringt.
Am 27.4. trifft sich Castro mit McKeown in Houston und bietet ihm einen Posten in der kubanischen Regierung an. Am nächsten Tag eröffnet Ruby ein Geheimfach, das er während dem Sommer mehrmals benutzt. Er trifft sich zwischen März und Oktober 1959 als Potential Criminal Informant mindestens 8 Mal mit FBI-Agenten und nimmt Gespräche auf Band auf. Ruby hat Kontakt zu Lansky, den er als Mr. Fox bezeichnet, und der ebenfalls in Kontakt mit dem FBI steht.
Im Mai kommt ein Deal mit Castro zustande, und Trafficante wird freigelassen. Offenbar steht ein Raub von $8,5 Mio. bei einer kanadischen Bank und der Diebstahl eines ganzen Arsenals von Waffen bei der Ohio National Guard in Zusammenhang mit diesem Deal.
Rothman, der am 3.7.59 verhaftet wird, charterte Flugzeuge für diesen Waffen- und Geldtransport. Im August wird David Ferrie wegen vermutetem Waffenschmuggel unter 24-Stunden-Bewachung gestellt. Am 1.6.59 verhaftet die kubanische Polizei Trafficante erneut aufgrund eines Auslieferungsgesuchs von Anslinger wegen Heroinhandels. Senator George Smathers und Dino Cellini sind daran beteiligt, dass Trafficante am 18. August das Land zusammen mit Loran Eugene Hall und Henry Saavedra verlassen kann.
Im Gegenzug werden über Major William Morgan Jeeps nach Kuba geschmuggelt, woran Jack Ruby, Maurice Gatlin, Sam und Gabriel Mannarino, Charlie Tourine, Michael Genovese, Robert Ray McKeown, Harry Hall, Delmonica White und Guy Banister beteiligt sind. Ruby und Martino schmuggeln Casinogewinne in die USA.
Loran Eugene Hall wird die Söldnerarmee des kubanischen Senators Masferrer, der mit Rubys Freund Eladio del Valle in die USA flüchtet, auf der Howard Hughes’ Insel No Name Key trainieren. Rolando Masferrer floh im Januar 1959 mit einer Yacht voll Geld nach Miami, worauf Kuba ein Auslieferungsbegehren stellte, das Botschafter C. Douglas Dillon ablehnte.
Castro heuerte daraufhin Jack Youngblood an, um Masferrer zu kidnappen und nach Kuba zurückzubringen, was aber fehlschlug. Einem Polizeioffizier in Miami wurden danach $200’000 für Masferrers Entführung angeboten. Von Masferrers ‚Tigres’ werden in Santiago de Cuba, wo Frank Sturgis das Kommando innehat, 59 Männer exekutiert. Wahrscheinlich geht es Sturgis darum, seine Loyalität gegenüber Castro zu beweisen. Im März 1959 wurden bereits vier von Masferrers Leuten, die Castro umbringen wollen, in Havanna verhaftet.
Masferrer plant im Herbst, gegen die kubanischen Zuckerrohrplantagen Phosphor einzusetzen. ONI-Agent Gerry Patrick Hemming behauptet, dass Oswald sich nach der Entlassung von den Marines 1959 dieser Truppe anschliessen wollte, was von Masferrers Leuten in Los Angeles abgelehnt worden sei.
Nachdem auch der Internationale Währungsfond einen Kredit abgelehnt hat, versucht Castro vor dem Wirtschaftsrat der Organisation Amerikanischer Staaten am 2.5.59, die USA zu überzeugen, dass sie Lateinamerika mit Krediten unterstützen sollen, um eine Demokratisierung zu ermöglichen.
Die USA weisen den Vorschlag Castros als „lächerlich“ zurück, wobei JFK zwei Jahre später die Idee Castros aufgreift und die „Allianz für den Fortschritt“ ins Leben ruft.
Im Juni attackiert Castro die Kommunisten, die ihn wegen seiner proamerikanischen Einstellung kritisieren, verkündet eine Agrarreform, die Grossgrundbesitzer und grosse Firmen hart betrifft, enteignet amerikanischen Besitz im Wert von $700 Mio. und verstaatlicht die Zuckerindustrie, das Rückgrat der Wirtschaft. Anfang August versucht Castro nochmals, dringend benötigte Kredite von den USA zu erhalten, vollzieht aber gleichzeitig einen Rutsch nach links, indem er die Volksmiliz und einen Geheimdienst aufbaut.
Am 14.10.59 protestieren die USA gegen die Enteignungen und die Agrarreform, worauf Castro mit der Einsetzung von Ernesto Che Guevara zum Präsidenten der Nationalbank reagiert. Erst jetzt beginnt Castro die Liaison mit den Kommunisten.
Hunderttausende Kubaner, darunter alle, die mit dem Polizeistaat Batistas und der Mafia liiert waren, emigrieren in die USA, vorwiegend nach Miami, New Orleans und Dallas.
Frank Sturgis organisiert ein Treffen mit William Morgan und dem Mafiaverbündeten Frank Nelson, der Morgan $500’000 für eine Invasion auf die Dominikanischen Republik offeriert. Offenbar werden für $200’000 Waffen bei Amadeo Barletta gekauft. Der Mafiaboss von Cleveland Dominick Bartone liefert eines der Flugzeuge für diese Invasion, die am 19. Juni unter der Führung des Batista-Generals José Pedraza stattfindet. Erneut soll die Invasion Castro in die Schuhe geschoben werden, der so als eine Gefahr für den Frieden in der Karibik erscheint. Bartone ist einer von vielen, der Castro bis zur Revolution finanzierte, um ihn dann umso heftiger zu bekämpfen. Er schmuggelte mehrere Flugzeugladungen an Waffen für Castro nach Kuba, auch mit Ruby, wozu er mit Hoffa ausarbeitete, dass die Teamsters $300’000 für Flugzeugkäufe zur Verfügung stellten. Hemming nimmt bei den drei Aktionen gegen die Dominikanische Republik, Haiti und Nicaragua (im Juli) teil, wobei es vor allem darum geht, Waffen zu erobern und Castro als Aggressor zu diskreditieren. Statt die Anti-Castro-Rebellen in den Escambray-Bergen zu bekämpfen, beliefert sie der ehemalige Rebellenführer William Morgan mit Waffen.
Morgan steht hinter der Explosion des mit mehreren Tonnen Munition beladenen Frachters Le Coubre vom 4.3.60 im Hafen von Havanna, die 75 Tote und über 300 Verletzte fordert. Am 11.3.61 wird er von einem Militärgericht in Havanna zum Tode verurteilt und am nächsten Tag hingerichtet.
Sturgis wird sein Doppelspiel zu heiss, und er setzt sich am 25.6.59 in seinem Flugzeug in die USA ab, wobei er am 1.7. nochmals auf die Insel fliegt, um Riccardo Lorie, Pedro Diaz Lanz und Sergio Diaz Bruil zu holen. Bereits am 4.7. organisiert er die International Anti-Communist Brigade. Im Oktober 1959 starten Sturgis und Pedro Diaz Lanz eine Reihe von Flügen nach Kuba, bei denen sie Granaten abwarfen, die zwei Personen töten und 40 verwundeten. Über Nuevitas wirft Sturgis am 21.10.59 vier Bomben ab, die zu Störungen der diplomatischen Beziehungen der USA und Kuba führen. Das Flugzeug wird am 30.10. in den USA beschlagnahmt.
Quellen: Horowitz: 183-191, Davis (1988): 91, (1994): 130, Weberman(1): 40-44, (7): 1,36, (27): 36-43, Giancana: 487, Schulz: 318, Gregory/Speriglio: 151, Pease (1995), Sylwester, Best, Callahan: 94-97, Groden/Livingstone: 318,413, Olgiatti, Ganser.
November 1959 Mordpläne gegen Castro
Nach Sturgis’ Flucht verstaatlicht Castro im November das Netz der von Meyer Lansky kontrollierten Spielkasinos, in denen er $8 Mio. Bargeld beschlagnahmen lässt. Lansky fordert über Dana Smith und George Smathers die Beteiligung der CIA an der Ermordung Castros, weil ihm Nixon einen Gefallen schuldet, da Norman Rothman den Vizepräsidenten im Zusammenhang mit unbezahlten Spielschulden im Sans Souci deckte. Lansky und Trafficante kommunizieren auch über „C.H. Jim Pulley“, bei dem es sich um den Lobbyisten Myron „Mickey“ Weiner aus New Jersey handelt, mit Nixon. Weiner ist Mitglied der von der United Fruit gesponserten konservativen ‚Americans for Constitutional Action‘ und taucht in Bobby Bakers Skandal in Zusammenhang mit suspekten Geldzahlungen und „Partygirls“ auf.
Russell D. Matthews, der bis am 2.1.61 in Kuba bleibt, ist Teil eines Mafia-Plots, um Castro umzubringen. Carlos Marcello, Meyer Lansky und Santos Trafficante finanzieren die sich organisierenden Exilkubaner in den USA. Lansky hilft Batista, $300 Mio. auf Schweizer Nummernkonten in Sicherheit zu bringen. Diese Gelder werden später ins Spielgeschäft auf den Bahamas, in Beirut und London investiert.
Die CIA entwickelte Pläne zur Sabotage von Castros Image: Eine Radiostation soll vor einem Interview mit einer LSD-ähnlichen Droge ausgesprüht werden, seine Zigarren will man mit einer Droge, die Gedächtnisstörungen auslöst, imprägnieren, oder auf seine Schuhe sollen Thallium-Salze aufgetragen werden, deren Dämpfe den Ausfall von Barthaaren bewirkt. Letzteres ist eine Idee von James Bond-Autor Ian Flemming. Während der UNO-Tagung in New York soll eine präparierte Zigarre explodieren und ihm den Kopf wegreissen.
Am 11.12.59 empfiehlt CIA-Direktor Allen Dulles gegenüber Präsident Eisenhower die Elimination Castros. Rorkes Freund William Pawley überzeugte Richard Nixon schon lange zuvor von dieser Notwendigkeit. Über Edwards Stellvertreter James O’Connell wurde Kontakt zum ehemaligen FBI-Agenten Robert Maheu aufgenommen, der als Privatdetektiv immer noch für die CIA arbeitet. O’Connell arbeitete früher für Maheu, der 1956 in einen Vertragsmord mit Joe „Bayonne“ Zicarelli von New Jersey involviert war. Zusammen organisierten sie die Ermordung eines Kritikers des Diktators der Dominikanischen Republik. Lektor Jesús de Galindez von der Columbia Universität, der mit Rafael Leonidas Trujillo arbeitete, dokumentierte die Maheu-CIA-Mafia-Trujillo-Kooperation, verschwand aber dreizehn Tage nach seinen öffentlichen Statements.
Neben CIA und Mafia arbeitet die Robert A. Maheu Associates auch für Howard Hughes, die Teamsters und das Senate Banking and Currency Committee, und Maheus Partner Bob King ist einer der besten Freunde von Nixon und Rebozo. Hughes bietet über Maheu an, die Hughes Tool Company als Cover für CIA-Aktionen zu brauchen. Maheu nimmt Kontakt mit Johnny Roselli, dem Vertreter Giancanas an der Westküste, auf. Die CIA beurteilt Roselli optimistischer als das FBI, das ihm die Verwicklung in 13 Mordfälle vorwirft.
Im Oktober treffen sich Johnny Roselli, Santos Trafficante, Sam Giancana, Jim O’Connell und Robert Maheu erstmals zur Castro-Mordplanung im Hotel Fontainebleau in Miami.
Frank Sturgis bringt Castros eifersüchtige Geliebte Marita Lorenz zur Einwilligung, dem Commandante Gift in den Becher zu schütten. Marita kam 1944 fünfjährig in Konzentrationslager Bergen-Belsen, weil ihre Mutter Zwangsarbeitern zur Flucht verholfen hatte. Mit sieben wurde sie angeblich vergewaltigt. Sie hatte Castro am 28.2.59 kennengelernt, sich in ihn verliebt und wurde Mitglied der Bewegung des 26. Juli. Im April lernte sie Sturgis kennen, der in Castros Luftwaffe diente, und begann für ihn Aufträge zu erledigen. Im gleichen Monat merkte sie, dass sie von Castro schwanger war. Am 15.10. brachte Yanes Jesus Pelletier sie wegen der Frühgeburt von André Vasquez ins Spital. Pelletier war ursprünglich Gefängnisbeamter, der den einsitzenden Castro vor dem vergifteten Essen warnte, mit dem er im Auftrag Batistas hätte umgebracht werden sollen. Er schloss sich dem Guerillakampf an, und Castro ernannte ihn zu seinem Adjudanten, der eine wichtige Rolle in der Freilassung Trafficantes spielte. Als sie daraufhin nach New York zurückkehrte, lernte sie über Sturgis den ehemaligen FBI-Agenten Alexander Rorke kennen.
Da Lorenz sich mit ihrem Kind von Castro im Stich gelassen fühlt, können die beiden sie überzeugen, ihn umzubringen. Marita Lorenz bestätigt, dass Sturgis und Rorke von E. Howard Hunt finanziert werden, den sie als Eduardo kennenlernt. Sie trifft sich im November mit dem FBI-Agenten Francis J. O’Brien und mit Johnny Rosselli, der nach Absprache mit Sam Giancana mit Bob Maheu die Ermordung organisiert. Marita erhält zwei Pillen, mit denen sie im Frühjahr 1960 nach Havanna zurückkehrt. Die Operation scheitert an der Konsistenz der Giftpillen, die sich in der Crème auflösen, wo Lorenz sie versteckt hat, worauf sie sie ins WC wirft und mit Castro Liebe macht.
Fidel Castro schliesst im Februar 1960 ein Handelsabkommen mit der UdSSR und droht der United Fruit, dass er ihr Bodeneigentum im Wert von $58 Mio. verstaatliche, wenn die Firma die Anti-Castro-Rebellen in Guatemala und Honduras weiterhin mit Waffen, Flugzeugen und Booten versorge.
Am 17.3.60 unterschreibt Eisenhower eine Empfehlung des National Security Council, die Anti-Castro-Rebellen zu vereinen, mit Waffen auszurüsten und zu trainieren. Im NSC sitzen neben Präsident Eisenhower auch Vizepräsident Nixon, Christian Herter von David Rockefellers Council on Foreign Relations und der Verteidigungsminister Thomas S. Gates, ein Direktor von Nelson Rockefellers International Basic Economy Corporation. Aufgrund dieses Beschlusses weist Allen Dulles Vizepräsident Charles Cabell an, die Operation PLUTO gegen AM/THUG zu starten. E. Howard Hunt, der bereits im Januar 1959 die Ermordung von Castro plante, aber dessen Empfehlungen von der Eisenhower-Regierung abgelehnt wurden, plant als Chief of Political Action, Castro vor oder während einer Invasion zu ermorden. J. C. King, Richard Bissell, Tracy Barnes, General Lyman Lemnitzer, William Pawley, Robert Cushman und David Atlee Phillips sind an der frühen Planung beteiligt. Nixon drängt zur Aktion, weil er hofft, politisches Kapital aus Castros Sturz schlagen zu können.
Ein Jahr nach Castros Machtübernahme leben bereits über 100’000 Exilkubaner in den USA. Die ehemaligen Soldaten, Polizisten und Wachleute schliessen sich zu paramilitärischen Anti-Castro-Zellen zusammen, werden von der CIA ausgerüstet und auf die Wiedereroberung Kubas trainiert. In Dallas agieren vor allem die Junta Revolucionaria (JURE) von Amador Odio, das Directorio Revolucionario Estudiantil (DRE) und Cuban Student Directorate (CSD) von Carlos Bringuier und Homer S. Echevarria, der für die C. J. Simpson Oil Drilling Company arbeitet. Hunt gründet im April 1960 die Cuban Democratic Revolutionary Front (FRD), zu der Tony Varona als Präsident, Dr. José Ignacio Rasco von der Christian Democratic Movement (MDC), die Prio-Vertreter Justo Carrillo und Aureliano Sanchez Arrango, und der „Golden Boy“ der CIA, Manuel Artime, gehören. Artime kämpfte als Führer der Movement of Revolutionary Recuperation (MRR) mit Castro gegen Batista und war nach der Revolution der Verantwortliche für Agrarreformen, wobei er mit Che Guevara Steit bekam.
Am 20.10.59 trat er von seinem Posten zurück und klagte Castro an, den Kommunismus einführen zu wollen, worauf Castro seinen Bruder Raul mit der Ermordung Artimes beauftragte. Artime versteckte sich in der CIA-Stataion in Havanna und ging in den Untergrund. Anfang 1960 bringt Barker Artime über Mexico in die USA, wo er sich der FRD anschliesst. Artime wird der Führer des militärischen Arms der FRD, der Brigade 2506, die die Schweinebuchtinvasion mit 1443 Männern durchführt. Artime führt auch die MRR in den USA weiter, zusammen mit Alexander Rorke, William Johnson und Frank Sturgis.
Der in Kuba geborene amerikanisch-kubanische Doppelbürger Bernard L. Barker diente im 2.Weltkrieg beim U.S. Army Air Corps. 1948 trat er der Polizei in Havanna bei, um die CIA über die antisubversiven Aktionen auf dem Laufenden zu halten. Er stieg ins Kader des kubanischen Büros zur Kommunismusbekämpfung auf, das Batistas Geheimpolizei ist. Nach verschiedenen Tätigkeiten für die kubanische Regierung arbeitete er ab 1956 für Castro. Im Januar 1960 floh er in die USA und schliesst sich dem Aufbau der Exilkubanerarmee von Hunt an.
Dazu gehört die von Orlando Bosch gegründete Insurrectional Movement Of Revolutionary Recuperation (MIRR). Bosch war der Chef von Castros Bewegung des 26. Juli in Las Villas auf Kuba, wo Victor Panque der Chef der Abteilung für politische Aktionen und Sabotage war. Bosch wandte sich nach der Revolution von Castro ab und ging mit seiner Guerillatruppe, die 1500 Mann umfasste und von der CIA unterstützt wurde, in die Escambray-Berge. Im Juli 1960 verlässt Bosch Kuba und engagiert sich bei den Exilkubanern, unter anderem mit der Organisation von Bombenangriffen auf Kuba. Panque besetzte nach der Revolution wichtige Posten, unter anderem als Chef der Landpolizei. Nach Streitigkeiten mit Castro wegen der politischen Entwicklung flieht Panque im September 1960, nach einem zweistündigen Gespräch mit Raul Castro, in die USA. Panque organisiert am 21.3.62 einen Hungerstreik mit dem Motto „Hunger oder Krieg“, um Kennedy zu zwingen, die Exilkubaner mit Waffen auszurüsten.
Im April 1960 bewilligt der guatemaltekische Präsident Ydigoras Fuentes, eine Plantage von Roberto Alejos, der mit dem CIA-Chef von Guatemala, Robert K. Davis, bekannt ist, als Operationsbasis für eine Kubainvasion zu benutzen. Im Sommer führen US-Wissenschaftler auf Kuba eine Meinungsbefragung durch, die zeigt, dass 86% der Bevölkerung Castro unterstützt. Opposition gibt es nur in den höheren Einkommensschichten. Die CIA installiert deshalb im Namen der Gibraltar Steamship Company auf Swan Island einen Propagandasender.
Castro wendet sich an die UdSSR, da er eine Invasion befürchtet und die wirtschaftliche Isolation durch die USA spürbar wird. Schon wenige Wochen nach dem Abschluss eines Handelsvertrags, den der stellvertretende sowjetische Premierminister Anastas Mikoyan im Februar 1960 mit Castro unterzeichnete, verstärkt die Eisenhower-Regierung den Konfrontationskurs. Im Juni weigern sich die amerikanischen Ölgesellschaften auf Kuba, sowjetisches Rohöl zu raffinieren, worauf Castro die amerikanischen Ölanlagen verstaatlicht. Die USA verhängt eine Zuckereinfuhrsperre, weshalb die Sowjetunion den Zucker aufkauft und erklärt, sie würde Raketen einsetzen, um eine amerikanische Invasion auf Kuba zu verhindern. 700 russische „Techniker“ und Waffen treffen im August in Santiago ein.
Quellen: Ranelagh/Treharne: 2, Weberman (1): 54, (6): 50-70, (7): 18f,45,84-91 (10): 40-49, Pease (1995), Bartholomew: 55, Höfling: 256-258, Groden/Livingstone: 348f, Olgiatti, Hamelin/Van Geirt, Summers (2000): 184-194,498,503, Afterbach 6, Mühlemann: 16, Huismann. Callahan: 76, Marrs: 149, Konkret 26.2.1976, Schulz: 176, Best: 34, Anson: 287f, Colhoun.
Dezember 1959 Kennedys Wahlkampf
Joe Kennedy lässt über den Richter William J. Tuohy, der den Anwalt Robert J. McDonnell einschaltet, ein Treffen mit Mafiaboss Sam Giancanavermitteln. McDonnell heiratet 1983 Giancanas Tochter Antoinette. Die beiden treffen sich in Tuohys Gerichtsraum im Winter 1959.
Laut Jean Humphreys verspricht Kennedy Giancana, dass das FBI ihn in Ruhe lassen werde, wenn Jack zum Präsidenten gewählt würde. Giancana wird vom FBI auf Schritt und Tritt verfolgt, vor allem seit er mit Phyllis McGuire in die Schlagzeilen geriet. Dem FBI-Beamten Bill Roemer gelingt es, Giancana abzuhören und so die Namen des nationalen Syndikats herauszufinden. Giancana äussert mehrmals, er hätte die Kennedys in der Tasche. Hoover bezeichnet diesen ersten grossen Erfolg seiner Leute als „Quatsch“ und lässt die Untersuchung einstellen. Da das FBI die Wanzen ohne richterliche Bewilligung setzte, kann man die Resultate sowieso nicht veröffentlichen.
Giancana und Kennedy treffen sie sich dreimal im Hotel Ambassador in Chicago, um die Details ihres Vertrages zu klären. Bürgermeister Richard Daley und Jack sind bei einem der Treffen ebenfalls anwesend, und auch Marilyn Monroe ist Gast im Ambassador. Murray Humphreys ist von der Zusage Giancanas gar nicht begeistert, da die Mobster und Gewerkschaftsfunktionäre Joe Kennedy misstrauen und über die Rolle der Kennedy-Brüder im Senatsausschuss McClellans verärgert sind. Er muss sich aber fügen und organisiert die Unterstützung für Kennedys Wahl.
Der Diamantenhändler und Investor Charles W. Engelhard, der die politische Karriere des demokratischen Gouverneurs von New Jersey, Robert B. Meyner, unterstützt, erfährt, dass JFK eine Beziehung zu einer 19-jährigen Studentin des Radcliffe College hat. Da Meyner Ambitionen auf das Präsidentenamt hegt, bieten die beiden einem Privatdetektiv $10’000 für belastende Photos an, was dieser aber ablehnt und JFK darüber informiert. Obwohl seine Gegner sogar den Namen seiner Geliebten kennen, ist das kein Grund für JFK, die Beziehung zur Studentin abzubrechen, aber er rächt sich später damit, Engelhard die Ernennung zum Botschafter zu verweigern.
John F. Kennedy gibt im Januar 1960 seine Präsidentschaftskandidatur bekannt. Eine Flut von Artikeln und Bücher über und „von“ Kennedy erscheint. Joe Kennedy kauft für den Wahlkampf ein Flugzeug und gründet die Ken-Air Corporation. Robert Kennedy verlässt den McClellan-Ausschuss und organisiert den Wahlkampf seines Bruders. 1960 reist JFK unermüdlich durchs Land, unterstützt von der ganzen Familie und vollgepumpt mit Cortison und Amphetaminen.
Fast während des ganzen Wahlkampfs hat er ein Verhältnis mit Joan Hitchcock Lundberg, die ihn oft im Flugzeug aufpeppelt. Er bezahlt ihren Lebensunterhalt, auch für ihre Kinder, und eine Abtreibung. Nicht nur Hoover, wie Giancana über Guy Banister und Bob Maheu erfährt, sondern auch Giancana selbst lässt die Kennedys auf Schritt und Tritt überwachen. Da die Kennedys reich sind, kann man sie nicht bestechen, sondern braucht Belastungsmaterial, um sie zu erpressen.
Frank Sinatra sieht sich aufgrund seiner Beziehung zum Kennedy-Clan als neues Bindeglied zwischen Kennedy und der Mafia. Sinatra vermittelte schon früher Frauen an Joe Kennedy und rückte Ende der 50er Jahren näher zu den Kennedys. Auch Sinatra vermittelte ein Treffen von Giancana und Kennedy auf einem Golfplatz Ende 1959 und dient als Kanal für Wahlkampfgelder. Bei einem Besuch von Jack in Sinatras Sands Casino in Las Vegas organisiert Sinatra ein Treffen mit Harold J. Gibbons, dem Vizepräsidenten der Teamster, um diese zu beruhigen, dass Hoffa bei einer Wahl Kennedys in Ruhe gelassen würde. Sinatra ist auch der Link zu Skinny D’Amato, der sich für Kennedy im protestantischen West-Virginia stark macht und als Gegenleistung die Aufhebung der Deportation von Joey Adonis erwartet, was JFK verspricht. Jack liebt die Wochenenden im Haus von Sinatra in Palm Springs.
Am 7.2. kommt er mit seinem Bruder Teddy zu einem weiteren Treffen mit Giancana ins Sands Hotel nach Las Vegas, wo Sinatra, der sich während des ganzen Sommers mit der eben geschiedenen Marilyn Monroe vergnügt, ihm Judith Campbell vorstellt. Peter Lawford ist Sinatras Zuhälter, und Sinatra ist, neben Smathers, einer von Jacks wichtigsten Mädchenbeschaffer. Eine davon ist die Schauspielerin Jane Mansfield, mit der Jack eine kurze Beziehung hat. Lawford, der Sinatra 1955 seinem Schwager vorgestellt hatte, wird von Jack Naar mit Frischfleisch versorgt. In der Suite des Senators gehen die Showgirls ein und aus, wenn Sinatra und Lawford im Sands sind.
Judith hatte 1952 mit 18 den Schauspieler William Campbell geheiratet, aber nach sechs Jahren kam es zur Scheidung. Danach wurde sie häufig am Arm von Johnny Roselli gesehen. 1959 lernte sie Sinatra kennen und hatte, bis er eine zweite Frau ins Bett einlud, eine kurze Beziehung mit ihm. Zuerst versucht Teddy, sich an sie ranzumachen, aber Jack, immer in Konkurrenz zu seinen Brüdern, sticht ihn am nächsten Tag aus. Teddy begnügt sich darauf mit einer Stewardess der Eastern Airline. JFK ruft Judy fast täglich an, und am 7.3. schlafen sie das erste Mal miteinander im Plaza Hotel in New York.
Drei Wochen später stellt ihr Sinatra Sam Giancana als Sam Flood vor, im Fontainebleau Hotel in Miami. Laut FBI benutzt Giancana 19 Pseudonyme in seiner Karriere. Giancana macht ihr den Hof mit teuren Geschenken und ist klar an ihr interessiert wegen ihrem Verhältnis zu Jack, den sie am 6.4. das nächste Mal in Washington sieht.
JFK gibt ihr beim nächsten Treffen einen Koffer mit $250’000 in 100er-Scheinen für Giancana mit. Mit dem Nachtzug fährt Campbell mit dem Geld nach Chicago, überwacht von Martin E. Underwood, einem Mitarbeiter von Richard Daley, der während der Kampagne für JFK arbeitet und von Kenny O’Donnell diesen Auftrag erhält. Underwood beobachtet, wie Campbell dem wartenden Giancana den Koffer übergibt. Die nächsten Tage verbringt sie mit Giancana, der ihr Chicago zeigt. Sie lehnt jedoch seine Avancen ab und lässt sich angeblich erst eineinhalb Jahre später eine sexuelle Beziehung ein. Während des Wahlkampfes pendelt Campbell hin und her und organisiert Treffen der beiden.
Jack verspricht ihr, dass Jackie und er sich trennen werden, falls er die Nomination nicht schaffe. Offenbar versucht JFK sie zu einem ménage à trois zu gewinnen und will sie Kenny O’Donnell zur Verfügung stellen.
Am Treffen von Jack und Giancana am 12.4. im Fontainebleau Hotel in Miami Beach kommt die Vereinbarung über die Finanzierung der Vorwahlen zustande. $150’000 von Giancana werden über Sinatras und Giancanas Freund Paul Emilio „Skinny“ D’Amato verteilt, wovon über $50’000 an die Sheriffs von West Virginia gehen, die die politische Maschine kontrollieren. Für diese Vorwahl zahlen die Kennedys, Bobby und Teddy oft persönlich, aber auch über Schwager R. Sargent Shriver und dessen Freund James B. McCahey mindestens $2 Mio.
Über den Erzbischof von Boston, Richard Cardinal Cushing, wurden die protestantischen Kirchen und Priester, vor allem auch die schwarzen Gemeinden, in West Virginia finanziert, um den verbreiteten Antikatholizismus zu neutralisieren.
Die korrupte Bostoner-Familie Cushing wurde wie die Coolidge dank dem Opiumhandel enorm reich. Von der Kanzel wurde verkündet, es sei gut, einen Katholiken zu wählen, weil damit die Protestanten religiöse Toleranz unter Beweis stellen würden. West Virginia ist wichtig, weil er Hubert Humphreys in Wisconsin nur mit einer geringen Mehrheit besiegte. Im März fielen die Kennedys dort ein, wobei JFK die religiöse Intoleranz anprangerte, die er bekämpfe, während seine Helfer Flugblätter mit antikatholischen Hetzparolen verbreiteten.
Auf dem Parteikonvent der Demokratischen Partei im Juli 1960 wird John Kennedy mit 806 Stimmen zum Präsidentschaftskandidaten gegen Johnson mit 409 Stimmen nominiert. Wieviel Joe Kennedy insgesamt für den Wahlkampf ausgibt, weiss man nicht, aber er meint einmal: „Was sind schon 100 Millionen, wenn es um Jacks Sieg geht?“ In jedem Staat haben die Kennedys ihre bezahlten Vertreter, so dass sich Ex-Präsident Harry Truman weigert, am Nominierungs-Parteitag teilzunehmen, weil so viele Stimmen gekauft wurden, und erklärt: „Ich habe nichts gegen den Papst, ich habe etwas gegen den Papa.„
Drei Dinge braucht es laut Joe Kennedy für den politischen Erfolg: „Geld, Geld, und nochmals Geld.“ Nachdem Joe den Wahlkampf organisiert hat, geht er nach dem Parteitag für zwei Monate nach Europa und verkriecht sich danach in Hyannis Port. Es gibt kein einziges Foto und keinen gemeinsamen Auftritt von Vater und Sohn. Auch Eleanor Roosevelt reizt die Presse mit Kommentaren über den Vater und mit ihrer vielzitierten Bemerkung über JFK als Inbegriff „der neuen managerhaften Elite, die weder Prinzipien noch Charakter haben“.
Eigentlich möchte Kennedy den Kalifornier Steward Symington als Running Mate, was dieser bereits akzeptierte und worüber Zeitungen bereits berichteten.Aber Lyndon B. Johnson verpflichtet JFK mit Hoovers Unterlagen über seine Frauengeschichten, ihn zum Vizepräsidentenkandidaten zu ernennen. Johnson kurbelte seine Politkarriere an, als er ihn einst im Auswärtigen Ausschuss unterbrachte. Zudem kann er mithilfe von Johnson die konservativen Demokraten im Süden auf seine Seite bringen. Johnson kennt Hoover seit den 30er Jahren und ist sein Nachbar seit den 40er Jahren. JFK sieht sich wegen dem belastendem Material über seine Frauengeschichten und die Vergangenheit seines Vaters auch gezwungen, Hoover weiterhin als FBI-Chef zu behalten.
Hoover unterstützt Nixon, der Chruschtschow den „Schlächter von Budapest“ nannte. Auf Initiative von Howard Hughes flog Nixon im Juli mit dem neuesten und schnellsten TWA 707-Jet nach Moskau an eine Wirtschaftsausstellung, wo es ihm gelang, den sowjetischen Premier mit einem Pepsi in der Hand für Donald Kendall fotographieren zu lassen. Robert Geddes Morton, Chef der Pepsi-Fabrik in Kuba, ist an den Invasions- und Mordplanungen gegen Castro beteiligt. Er wird verhaftet und erst 1963 nach diplomatischen Interventionen freigelassen.
JFK muss im Wahlkampf gegen Richard Nixon vor allem die Vorurteile der 74% nichtkatholischen Bevölkerung überwinden, was ihm mithilfe des Fernsehens einigermassen gelingt. Fast die Hälfte der Bevölkerung sieht sich die vier Debatten an, in denen John Kennedy gegen den unsicher wirkenden Nixon, dessen Kampagne von Prescott Bush organisiert und von Robert Mosbacher, Gerald Ford und James Baker mitfinanziert wird,brilliert.
Vor der Debatte machte sich Kennedy fit, mit viel Schlaf und, kurz davor, einer 15-Minuten-Session mit einer Prostituierten, während Nixon noch von seiner Krankheit gezeichnet ist. Bebe Rebozo, der eine ganze Reihe von Senatoren, wozu auch Johnson und Kennedy gehören, kultivierte, gibt sexuelles Dreckmaterial über Kennedy an Nixons Wahlkampfteam weiter, darunter Information über die frühere Heirat. „Kennedy war so sorglos„, meint der misogyne Nixon später, „genau wie Clinton.“ Nixons Freund William Rogers bittet Hoover um Sexmaterial über Kennedy, worauf dieser Informationen über Durie Malcolm weitergibt.
Für die Demokraten sucht Dick Tuck bei den Republikanern nach Dreckmaterial über Nixon, und Gerüchte über Pat Nixons frühere Heirat tauchen auf. Lloyd Cutler und Bill Baggs, der Herausgeber der Miami News, finden Mädchen, die behaupten, an Bebe Rebozos Parties in Key Biscayne gewesen zu sein, lassen die Story aber fallen, als klar wird, dass nicht nur Nixon, sondern ebenso Kennedy an solchen Abenden dabei ist. Auch innerhalb der Parteien wird spioniert: John Ehrlichman arbeitet als Chauffeur bei Nelson Rockefeller, um Informationen für Nixon zu sammeln.
Jack Kennedy ist sich immer bewusst, dass er ein Schauspieler in einem öffentlichen Drama ist, und er weiss, was das Volk hören und sehen will. Er benutzt das Fernsehen, mit dem bereits 90% der amerikanischen Haushalte ausgestattet sind, als effizientes Propagandamittel, so wie Roosevelt seinerzeit das Radio eingesetzte. Seine Strategie besteht darin, allen alles zu verprechen: 220 sich widersprechende Wahlversprechen werden gezählt. Einerseits behauptet er, ein Pragmatiker zu sein, andererseits verspricht er, der Nation wieder eine moralische Orientierung zu geben: Das Weisse Haus werde unter seiner Ägide „das Zentrum der moralische Führung“ Amerikas sein.
Seine Moral beschränkt sich, protestantisch, auf den Sieg. Der Erfolg entscheidet für ihn, was richtig und was falsch ist. Dazu geht er bis zur Selbstverleugnung: Immer wieder auftretenden Gerüchten über seine Addinson-Krankheit tritt er mit einer glatten Lüge entgegen: „Kein Mensch, der die Addison-Krankheit hat, sollte Präsident werden. Aber ich habe sie nicht.“ Seine manchmal gelbliche Haut wird mit einer angeblichen Malaria vom Kriegseinsatz erklärt. Unter Anleitung von William Casey, dem späteren CIA-Direktor unter Reagan, wird in den beiden Praxen von Kennedys Ärzten in New York eingebrochen, um Beweismaterial für seine Addisonkrankheit zu suchen. Auch in Nixons Wahlkampfbüro wird kurz vor den Wahlen eingebrochen, und Akten werden gestohlen. Kennedy sichert sich mit der Unterstützung Martin Luther Kings die Stimmen der Schwarzen, von denen 78% für Kennedy votieren.
Im Gegensatz zu Giancana hat Carlos Marcello sowohl den Demokraten um Johnson wie dem Republikaner Nixon beträchtliche Summen bezahlt. Marcello traut den Kennedys nicht, obwohl sich Joe Kennedy mit Carlos Marcello, den Campisi-Brüdern, Johnny Roselli, Stefano Magaddino von Buffalo und Mobstern von Californien und Colorado im Felix Young’s Restaurant trifft. Trotz Johnsons Nomination als Vize-Präsident übergibt Marcello in Anwesenheit von Irving Davidson Jimmy Hoffa $500’000 (heute ca. $3 Mio.) für Nixons Wahlkampfkasse; eine weitere halbe Million für Nixon kommt von Mobstern aus New Jersey und Florida. Davidson ist seit 1959 der Lobbyist für Marcello und Hoffa in Washington, und ohne die Unterstützung der Gewerkschaften kann eine Wahl nicht gewonnen werden.
Sam Giancana hat allerdings mit Hoffa ebenfalls ein Abkommen geschlossen, und über Hoffa fliessen auch einige Millionen in Kennedys Wahlkampfkassen, damit die Teamsters in Ruhe gelassen werden. Auch über die Fischettis fliessen Gelder zu den Demokraten. Giancana unterstützt Nixon mit einer halben Million, um für jede Eventualität gesichert zu sein. Aber mit Kennedy hätte Giancana einen exklusiven Zugang zur Macht. Robert Kennedy wird informiert, dass Meyer Lansky und Santos Trafficante Nixon finanzieren, und Edward Kennedy erhält sechs Wochen vor der Wahl Hinweise über die $205’000 Nixon-Schmiergelder von Howard Hughes.
Anfang August übergibt Judith Campbell Giancana einen zweiten Koffer voll Geld für den Stimmenkauf und organisiert ein zweites Treffen in ihrer Wohnung in New York. Während dem Gespräch wartet sie in ihrem Schlafzimmer. Unterdessen hat sie gelernt, am Telefon kodiert zu sprechen, ohne Namen zu nennen. Einfluss auf Washington nimmt Giancana auch über seinen Schwiegersohn Anthony Tisci, der administrativer Mitarbeiter des Kongressabgeordneten Roland Libonati ist. Murray Humphreys, der „Schmiergeldverteiler“ des Chicago Syndikates, koordiniert von einer Suite im Hilton, wo er sich als Fishman registriert, vor dem Demokratischen Konvent im Juli und vor der Wahl im Oktober die Kennedy-Unterstützung. Humphreys trifft dort die Gewerkschaftsführer aus dem ganzen Land und verpflichtet sie, die nötigen Stimmen für JFK zu liefern.
Innerhalb der christlichen Rechten plant eine Gruppe aus Minutemen, Nazis und Exilkubanern um William P. Gale, John Kennedy in Van Nuys, Californien, durch Edgar Eugene Bradley umbringen zu lassen.
Priester Gale, Führer der Christian Defense League, war im 2. Weltkrieg Trainer von Guerillagruppen in den Philippinen unter General Charles Willoughby. Ende der 50er Jahre rekrutierte Gale Veteranen und Söldner wie Robert K. Brown, der in der 80er Jahren das Magazin Soldier of Fortune publiziert. In seinem Buch Silencers, Snipers, and Assassins beschreibt Brown, wie Mitchell WerBell Spezialgewehre und Dämpfer für die CIA entwickelt. Im Juni 1960 gründeten der Waffenhändler Richard Lauchli, der auch Castro belieferte, und Robert DePugh die Minutemen. Die rechtsextremen Paramilitärs sind bei Exilkubanern aktiv und bereiten sich auf den Partisanenkrieg vor, den sie führen wollen, wenn die Sowjetunion die USA erobert.
Quellen: Meurice, Fox: 333, Hersh: 4,110-135,294-306, Wolfe: 326ff, Davis (1984): 187-192, 209f, Gregory/Speriglio: 152f, DiEugenio (1997): 4-9, Best: 19f, Brussell (1983): 9f, Obenhause, Summers (1993): 269-275, (2000), Collier/Horowitz: 293-309, Lewens/Wall, Callahan: 141f, Olgiatti, Russel (2000), Posener: 81-87, Kangas:4, Cran, Barrett, Peoples Century Nr.10, Tarpley/Chaitkin: 68, Scott (1993): 190, Marrs: 172, Giancana: 447-451, Dean: 37, Niederberger (2002e).
1960 Lee Harvey Oswald
Lee Harvey Oswald trat 1956 17jährig in die Marine ein, nachdem er das Marine Corps Manual seines Bruders auswendig gelernt hatte, um aufgenommen zu werden – ein Jahr vorher wurde er noch abgelehnt wegen seines Alters. Da sein Vater Robert E. Lee Oswald noch vor seiner Geburt gestorben war, kümmerten sich die Schwester von Marguerite Oswald, Lillian, und ihr Mann Charles Murret oft um Lee, der schon früh gewalttätig war. „Dutz“ Murret, ein ehemaliger Boxer, arbeitet als Boxmanager und professioneller Buchmacher bei Sam Saia in der Marcello-Organisation.
Nach zwei Jahren in New York, wo Lee wegen seinem antisozialen Verhalten psychiatrisch abgeklärt wurde, kehrte er mit seiner Mutter 1954 nach New Orleans zurück und besuchte dort zusammen mit seinem Freund Edward Voebel Kurse der Civil Air Patrol bei David Ferrie.
Bereits 1956 wurde Oswald für Undercover-Aktionen von Ferrie benutzt, als er der Young People’s Socialist League schreibt und um Informationen bittet. Oswalds Mutter glaubt, dass Oswald sich für Gegenspionage-Zwecke mit dem Kommunismus beschäftigt habe. Voebel erzählt dem FBI am 25.11.63 von der Beziehung von Oswald und Ferrie. Am gleichen Tag ruft ihn Bill Slatter vom WDSU-TV an und informiert ihn über die Homosexualität Ferries. Slatter ist ein Mitarbeiter von William Stuckey, der Oswald, Hemming, Sturgis und Bringuier kennt. Voebel stirbt 1971 31jährig an einem plötzlichen Lungenversagen. Stuckey wird am 21.9.81 erschossen, wobei das Spital eine andere Todesursache angibt als der Autopsiebericht.
Beeinflusst von Ferrie und Murret beschloss Oswald, in die Marine einzutreten. Um dies zu ermöglichen, wandte sich seine Mutter an den Politiker und Anwalt Clem Sehrt, der von der Marcello-Organisation finanziert wird und Vorsitzender der demokratischen „Old Regulars“ ist. Oswald lernte bei den Marines Gerry Patrick Hemming kennen, der über seinen Onkel Art Simpson Kontakte zur CIA, vor allem zu John McCone und seit 1954 zu James Angleton hat. Hemming war 1958 in Kuba gegen Batista aktiv, indem er Waffen für Castro schmuggelte und dessen Truppen trainierte. Oswald äusserte den Wunsch, in Kuba im Untergrund zu arbeiten.
Nach dem Grundtraining als Marine in San Diego machte er eine Ausbildung als Radar Operator und kam dann auf die Atsugi Air Base in Japan, von wo die geheimen U2-Aufklärungsflüge über Russland starten. Atsugi ist die grösste CIA-Station im Fernen Osten, und viele Experimente der chemischen, biologischen und psychologischen Kriegsführung werden hier durchgeführt.
Der CIA-Agent James D. Wilcott bestätigte, dass die CIA Oswald in Atsugi rekrutierte. Seine Informantennummer lautet 110669. Um seine CIA-bedingten Abwesenheiten von der Truppe in Atsugi zwecks Ausbildung plausibel zu machen, organisierte Oswald verschiedene Unfälle und Vergehen. Seine Freizeit verbrachte er mit japanischen Barmädchen, er schleuste sich angeblich in eine Zelle japanischer Kommunisten ein und lernte Russisch. Für einige Monate an der U-2-Station Subic Bay auf den Philippinen, nahm er auch der Operation STRONGBACK der 70. Flotte teil, die das CIA-Attentat auf den indonesischen Präsidenten Achmed Sukarno unterstützen sollte. Nach einem Aufenthalt in Ping-Tung auf Taiwan wurde Oswald im Dezember 1958 auf die El Toro Air Base in Californien verlegt, wo er sich als Kommunist zu erkennen gab. Unterdessen sprach er fliessend Russisch und las sowjetische Zeitungen.
Am 2.1.59 waren Hemming und Oswald im kubanischen Konsulat in Los Angeles, wo es in Zusammenhang mit dem Machtwechsel auf Kuba zu einer Schiesserei kam. Hemming, der in Kuba mit William Alexander Morgan arbeitet, besuchte Oswald auch in El Toro. Morgan wurde für bewaffneten Raub verurteilt, flüchtete aber nach Kuba, wo er als Kommandant einer Rebellentruppe mit Eloy Gutierrez Menoyo zusammen kämpft, dessen Truppen 3000 Mann stark sind. Menoyos Bruder kam am 13.3.58 bei einem Angriff auf Batistas Präsidentenpalast ums Leben.
Am 2.9.59 wurde „Marxist Oswaldskovich“ in Ehren von den Marines entlassen.
Oswald gab an, ans Albert Schweitzer College zu gehen, reiste aber im Auftrag Angletons über London und Schweden nach Helsinki. James Jesus Angleton organisiert regelmässig Spionageoperationen in der Sowjetunion. Obwohl die Wartefrist normalerweise mindestens eine Woche dauert, bekam Oswald nach zwei Tagen ein Visum und traf am 16.10.59 in Moskau ein.
Diplomat Richard Snyder, der für die Überwachung von CIA-Aktionen zuständig ist, bearbeitet Oswalds Dossier. Oswald bewarb sich um die russische Bürgerschaft, aber das KGB wollte ihn nach einer Überprüfung wieder nach Helsinki abschieben, worauf er sich die Pulsadern aufschnitt. Selbst im Spital drohte er nochmals damit, sich umzubringen, wenn er nicht in der UdSSR bleiben dürfe, wonach er psychiatrisch untersucht wurde. Der KGB-Agent Yuri Nosenko, der am 20.1.64 überläuft, behauptet, er habe den Fall Oswald in der Sowjetunion betreut und man habe Oswald als nicht sehr intelligent und psychisch unstabil eingeschätzt und ihn in Ruhe gelassen.
Nachdem Oswald die amerikanische Staatsbürgerschaft aufgegeben und Radargeheimnisse verraten hat, darf der „überzeugte Kommunist“ als Staatenloser in der UdSSR bleiben und wird nach Minsk verfrachtet, wo er in der Öffentlichkeit ein Playboyleben führt.
In Minsk befindet sich eine Trainingsschule für Spione und ein angegliedertes Fremdspracheninstitut. Tracy Barnes ist der Empfänger von Oswalds Nachrichten aus Minsk. Obwohl offiziell immer in Minsk an der Arbeit, reist Oswald in der ganzen Sowjetunion herum. Er bewirbt sich für ein Studium an der Patrice Lumumba Universität in Moskau mit dem Auftrag der Infiltration, wurde aber abgewiesen.
Am 8.1.60 trifft sich Oswald offenbar mit dem Gegenspionage-Offizier Nikolai Georgeiyevich Sharapov. Es sieht so aus, als würde Oswald den KGB mit Informationen über die U2-Flüge beliefern, die er von seinem Dienst auf der Basis in Atsugi besitzt.
Francis Gary Powers stürzt am 1.5.60 mit einem U-2-Flugzeug in der Sowjetunion ab und wird gefangengenommen. Powers behauptet später, Oswald habe die Informationen weitergegeben, die zu seinem Absturz führten. Aber die Hintergründe sind komplexer: Eisenhower wollte seine Amtszeit als Friedensstifter abschliessen und gab den Befehl, alle Kriegsaktionen, auch die Undercoveraktionen wie im Tibet, einzustellen, um mit Chruschtschow am Gipfel in Paris Mitte Mai geplante Atomtest-Verträge zu ermöglichen.
Gegen den expliziten Befehl des Präsidenten ordnete CIA-Planungschef Richard Bissell den U2-Flug an, dessen Absturz aufgrund von Sabotage erfolgte. Wie vorauszusehen ist Chruschtschow beleidigt und blockiert den Vertrag. Die Offenlegung der U-2 ist kein Problem, denn die USA haben ab August 1960 die neuen Corona Spionagesatelliten zur Verfügung, die die Flüge überflüssig machen. Auch die mickrige Untersuchung des angeblichen Abschusses durch Angletons Abteilung deutet darauf hin, dass er selbst Powers geopfert hat. Eisenhower rächt sich, indem er in seiner letzten Rede eindrücklich vor dem militärisch-industriellen Machtkomplex warnt.
Als kalter Krieger ersten Ranges kritisierte John F. Kennedy das Scheitern der Gipfelgespräche im Juni, was er ausschliesslich auf die mangelnde Bereitschaft von Chruschtschow zurückführt. Dabei ist dieser an einer friedlichen Koexistenz mit den USA interessiert und will die Sowjetunion demokratisieren. Chruschtschow ist praktisch ein Analphabet, der die Schule mit 11 Jahren verliess, um als Maschinenschlosser zu arbeiten. Als Gewerkschafter und loyaler Mitarbeiter Stalins machte er Karriere, wobei er Massenrepressionen und Parteisäuberungen durchführte und für die in einer tragischen Hungersnot mündenden Zwangskollektivierung in der Ukraine mitverantwortlich war. Während des 2. Weltkriegs begann er sich von Stalins Politik zu distanzieren, ging aber trotzdem als unbarmherzig gegen die Nationalisten der Ukraine vor. Nach dem Tod Stalins 1953 schaltete Chruschtschow seinen Konkurrenten Geheimdienstchef Berija aus, legte die Vergangenheit unter Stalin 1956 offen, brach mit dem Stalinismus und liess die Gefangenen frei.
Nach einem fehlgeschlagenen Putschversuch 1957 beschnitt er die Privilegien des Parteiapparates und sicherte die Bewegungsfreiheit der Bürger. Chruschtschow reagiert ausgesprochen heftig und beleidigt, wenn etwas nicht seinen Vorstellungen entspricht.
Powers und Oswald haben sich in Moskau auch getroffen. Oswald äussert in Briefen an seinen Bruder seine Angst, dass er angeklagt und verurteilt werde, wenn er in die USA zurückkehre. Am 2.10.62 wird auch eine U-2 über China abgeschossen.
Powers wird 1977 in einem kaum untersuchten Helikopterabsturz wegen Treibstoffmangels getötet, kurz nachdem er in einem Radiointerview gesagt hat, seine U-2 Maschine sei wegen Sabotage abgestürzt.
Während Oswald in Russland ist, versucht am 10.1.61 in New Orleans ein „Joseph Moore“ zusammen mit einem Kubaner 10 Ford-Lastwagen auf den Namen Oswald für eine Organisation namens „Friends of Democratic Cuba„, zu der Guy Banister gehört, zu kaufen. Hoover hatte schon am 3.6.60 in einem Memo an das Aussenminiserium vor der Möglichkeit eines Doppelgängers gewarnt. Oswalds Mutter ist sich sicher, dass ihr Sohn ein Geheimdienstagent ist und vermutet, dass er von einem Doppelgänger missbraucht werde und vielleicht gekidnappt worden sei. Nach dem Armeegeheimdienstoffizier Philip Corso existieren vor Kennedys Ermordung zwei Pässe und zwei Geburtsurkunden auf Oswalds Namen, die von zwei verschiedenen Personen gebraucht werden. Auch das Passbüro schreibt am 31.3.61, dass ein Doppelgänger Oswalds Daten benutzte. Ende April 1960 untersucht FBI-Agent John W. Fain den Fall Oswald, und am 3.7.61 verfasst er einen weiteren Bericht, in dem viele der geschilderten Informationen vom Marinegeheimdienstbüro in New Orleans stammen.
Quellen: Marrs: 91-112,130,540,546, Weberman (1): 1-40, (2): 1-33, (3), (4), (5), Summers (1993):322ff, Russel (2000), Best: 65, CNPC:2, Brussell (1983), Davis (1988): 403f,Anson:154-190, Callahan: 86,101ff, Barrett.
August 1960 Marilyn Monroe
Frank Sinatra gibt zur Eröffnung des Cal-Neva Lodge vom 13.8.60 am Lake Tahoe eine Show, zu der die ganze „Misfits“-Truppe und Marilyn Monroe, Joe und Jack Kennedy, Sam Giancana und Johnny Roselli eingeladen sind.
Marilyn Monroe wurde als Norma Jeane am 1.6.26 als uneheliches Kind geboren. Da ihre Mutter Gladys Baker sich wegen ihrer psychischen Probleme nicht um sie kümmern konnte, wuchs sie meistens bei Verwandten und Nachbarn auf. Als Vater wurde Gladys ehemaliger Mann Edward Mortensen angegeben. Ihr leiblicher Vater, Stan Gifford, verhinderte jeden Kontakt zu seiner Tochter. Ihre erste Kindheitserinnerung besteht darin, dass ihre Grossmutter Della Monroe Grainger die Einjährige mit einem Kissen zu ersticken versuchte. Als sie acht war, wurde sie vom Untermieter Murray Kinnell sexuell missbraucht, worauf sie stotterte und Albträume hatte. An Weihnachten 1934 wurde ihre Mutter in die psychiatrische Klinik eingeliefert und Norma in ein Waisenhaus gesteckt. Während der nächsten acht Jahre schob man sie zwischen Waisenhäusern und Pflegefamilien hin und her. Um dieser Heimatslosigkeit zu entkommen, heiratete sie mit sechzehn James Dougherty, der sich kurz darauf zur Navy meldete.
Im Herbst 1944 wurde sie vom Fotographen David Conover, mit dem sie auch eine kurze Affäre hatte und der für Ronald Reagan arbeitete, entdeckt, und begann mit Modeling. Nach der Scheidung im Mai 1946 lernte sie John Kennedy kennen, der in diesem Sommer auch Affären mit Gene Tierney, Peggy Cummins, Sonja Henie und Nancy Dickerson hatte. Howard Hughes fiel Marilyn auf einer Titelseite auf, verbrachte eine Nacht mit ihr und wollte sie für RKO engagieren, aber die Fox war schneller. Ihre Schauspielkarriere, nun als Marilyn Monroe, wurde gefördert von Johnny Roselli und seinem Freund, dem Produzenten Joe Schenck, der bereits 70 war, als er Marilyn ins Bett bekam. Da er fast impotent war, betrieben sie oralen Sex. Darryl F. Zanuck, der mit Schenck die Twentieth Century Pictures gegründet hatte und später mit der Fox fusionierte, reagierte eifersüchtig auf das Verhältnis und blockte Marilyns Karriere bis 1951, als ihn Spyros Skouras unter Druck setzte.
Marilyn verlor ihren Job bei Fox, weil sie von John Kennedy schwanger war und im November 1947 ein Mädchen gebar. Nancy Maniscalco Greene wurde mithilfe von Vito Genovese von der sizilianischen Familie Maniscalco in Brooklyn adoptiert. Marilyn besuchte sie manchmal in den späten 50er Jahren als Mrs. Greene, ein Pseudonym, das sie auch braucht, um JFK inkognito zu treffen. Als Entschädigung für Jacks falsche und gebrochene Versprechen zahlten die Kennedys eine Pension für Marilyns Mutter und ihre Halbschwester. Trotzdem ging ihr Verhältnis in den 50er Jahren weiter. JFK hängte 1954 ein Poster mit Marilyn in seinem Spitalzimmer verkehrt auf, so dass ihre gespreizten Beine in die Luft ragten.
Nach der Geburt bekam sie einen Vertrag bei der Columbia, liess aber deren Chef Harry Cohn abblitzen und wurde deshalb 1948 wieder entlassen. Um sich durchzubringen, trat sie in einem Striplokal auf und hatte mit dem dortigen Orgelspieler Anton LaVey ein Verhältnis. Danach ging sie ein Verhältnis mit dem 1 Meter 50 kleinen, 53jährigen Johnny Hyde ein, der seine Familie sitzen liess, obwohl sie alle seine Heiratsangebote ablehnte. 1949 liess sich Marilyn von Dr. Michael Gurdin ihr Kinn abrunden und ihre Nase verschönern. 1951, als sie bereits ein Verhältnis mit Arthur Miller hatte, wurde Marilyn berühmt.
Nach einem Tag Ehe mit Robert Slatzer heiratete sie Joe DiMaggio, obwohl sie sich von ihm missbraucht fühlte. Schon während der Hochzeitsreise in Japan drohte ihr der Baseballstar mit der Scheidung, weil sie einer Einladung folgend vier Tage nach Korea ging, um die US-Truppen zu unterhalten. Marilyns Sehnsucht nach Ruhm und ihr kindliches Bestreben, es allen Recht zu machen, wurde von vielen Männern, der Mafia und der CIA ausgebeutet. Die CIA setzte sie ein, um den indonesischen Präsidenten Sukarno zu ködern.
Daneben hatte sie aber auch Affären mit Henry Rosenfeld, Marlon Brando, Freddy Karger, John und Robert Kennedy. Bobby traf sie regelmässig in einer Suite im Desert Inn in Las Vegas. Der eifersüchtige Joe DiMaggio engagierte kurz vor der Scheidung die Privatdetektive Barney Ruditsky und Philip Irwin, um Marilyns Affären zu überwachen. Am 5.11.54 traten DiMaggio und sein Freund Frank Sinatra die Türe des benachbarten Appartements ein, weshalb Marilyn entkommen konnte und DiMaggio eine $200’000 Klage am Hals hatte. Irwin, der dem Gericht die Wahrheit erzählte, wurde von Sinatras „Boys“ grün und blau geschlagen. Sinatra selbst schickte Ava Gardner Schnüffler auf den Hals, die seine Ex-Frau und Ex von Howard Hughes jedoch nicht in den Armen eines anderen Mannes, sondern von Lana Turner fanden, was Sinatras Ego massiv verletzte. Marilyn gründete 1954 zusammen mit ihrem ehemaligen Liebhaber, dem Look-Fotographen Milton Greene, die Marilyn Monroe Productions.
Ab 1955 liess FBI-Chef Hoover, der einen Kalender mit Nacktbildern von Marilyn in seinem Keller aufgehängt hatte, den linken Arthur Miller überwachen und gab Informationen über dessen aussereheliche Beziehung mit Marilyn an den Kolumnisten Walter Winchell weiter. Nachdem Miller 1956 vor die HUAC zitiert wurde, intervenierte JFK beim Aussenministerium, damit Millers Pass nicht eingezogen wurde. Am 1.7.56 heiratete Marilyn ihre Vaterfigur Miller, und das Paar ging für Film-Dreharbeiten nach London, wo sie sich erneut mit JFK traf. Während Jackie eine Fehlgeburt erlitt, war Jack deshalb nicht wie angegeben am Segeln, sondern unauffindbar. Nur mit einer Zahlung von $1 Mio. konnte der Vater Jacks Ehe retteten. Auch Marilyns Ehe erlitt eine Krise, weil sie in Millers Tagebuch von seinen Zweifeln über die Beziehung gelesen hatte. Trotzdem sehnte sie sich nach einem Kind von ihm, wurde im Sommer 1957 schwanger, verlor es aber früh, worauf sie einen Suizidversuch unternahm.
Ein Jahr später war sie erneut schwanger und hatte am 17.12.58 erneut eine Fehlgeburt, gefolgt von einer Depression und einem erneuten Selbstmordversuch. Auf Initiative von Lee Strasberg begann Marilyn bereits früher eine Psychotherapie bei Margaret Herz Hohenberg und dann bei Marianne Rie Kris in New York. Auf Kris Vorschlag hin wurde Dr. Ralph Greenson im Januar 1960 Marilyns Therapeut in Hollywood, als sie einen Nervenzusammenbruch hatte, nachdem JFK für die Präsidentschaft kandidierte.
JFK hatte ihr gesagt, dass er sie liebe und sie glaubte, dass sie heiraten würden. Mit seiner Präsidentschaftskandidatur wurde klar, dass dies in der nächsten Zeit nicht der Fall sein werde, und Marilyn hatte Angst, dass JFK sie fallen lassen könnte.
Greenson setzte durch, dass Marilyn nur noch einen Arzt konsultierte, Dr. Hyman Engelberg. Engelberg war ein aktives Mitglied der Kommunistischen Partei von Los Angeles. Getreu der leninistischen Formel „Beherrsche das Kino, und du beherrschst die Herzen und Gedanken des Volkes“ versuchte die Komintern, die Filmindustrie von Hollywood zu infiltrieren. Engelberg war Propagandist am Arts, Sciences, and Professionals Council, das von Frederick Vanderbilt Field, einer der aktivsten Komintern-Agenten, finanziert wurde. Dort engagierte sich auch John M. Murray, der eine leitende Position in der Komintern hatte und ein Doppelleben mit verschiedenen Identitäten führte. Murray war der Gründer des Psychoanalytischen Institutes von Boston und war oft in Mexiko, wo die Komintern ihre Operationsbasis hat. In den 50er Jahren flohen Field und Murrays Bruder Churchill nach Mexico City, wo sie vom FBI beschattet werden. Engelberg lernte Romeo Greenschpoon in den 30er Jahren im Cedars of Lebanon Hospital in Hollywood kennen. Noch während seiner Schulzeit änderte dieser seinen Namen, und 1937 offiziell, zu Ralph R. Greenson. Er war ebenfalls Mitglied der Kommunistischen Partei und leitendes Mitglied des ASPC. Über Mickey Rudin, Anwalt von Sinatra und Marilyn und Schwager von Greenson, kam auch Sinatra zu Greenson. Im Haus von Murray, dem er während dem Militärdienst unterstellt war, hat Greenson später seine psychoanalytische Praxis.
Von seiner berühmten Klientin erfährt Greenson von der brisanten Beziehung zum Präsidentschaftskandidaten, und er gibt die Informationen an die Komintern-Agenten weiter und beginnt sie einzuspannen. JFK macht sich Sorgen, dass Marilyn über ihre Beziehung in der Öffentlichkeit sprechen könnte, aber sie hält dicht. Trotz seiner Befürchtungen sehen sie sich auch in diesem Sommer regelmässig.
Es gibt Unterlagen, die zeigen, dass am 3.3.60 im Carlyle Hotel in New York ein von Larry Cusack geschriebener Vertrag von JFK, RFK, Monroe, Joe Kennedys Assistentin Janet DesRosiers und Monroes Anwalt Aaron Frosch unterzeichnet wird, in dem die Kennedys sich verpflichten, über verschiedene Mitglieder $600’000 an Gladys Baker zu zahlen, und Marilyn im Gegenzug über ihre Beziehung mit den Kennedys und die Verwicklungen der Kennedys mit Mafiaboss Giancana und anderen Unterweltfiguren Stillschweigen garantiert.
Marilyn ist mit Giancanas Freundin Phyllis McGuire befreundet. Über Sinatra kennt Marilyn auch Mafiaboss Mickey Cohen, mit dessen Mitarbeitern George Piscitelle und Sam Lo Cigno sie Affären hat. Im Januar 1960 begann Marilyn eine Affäre mit Yves Montand, die bis zu seiner Rückreise Ende Juni dauerte. Am 26.8. unternimmt Marilyn einen weiteren Suizidversuch und plant danach die Scheidung von Miller. Der Tod ihres Schauspielkollegen Clark Gable und die Trennung von Miller lassen Marilyn im November in eine neue Depression fallen.
Quellen: Posener: 79, Giancana: 485-488, Brown/Barham: 113,282,394, Wolfe: 138ff,163-175,204-387, Obenhause, Summers (1993): 295f, (2000): 88-99,219,232-236,318ff, Davis (1988): 240, Gregory/Speriglio: 43-194, DiEugenio (1997): 27, Best: 21f, Olgiatti, Carey/Olgiatti, Brown/Broeske: 202f, Brincker.
1960 Aktionspläne gegen KubaDie kubanische Revolution hat eine Signalwirkung für die antikolonialen Befreiungsbewegungen. In nur einem Jahr erlangen 17 Länder die Unabhängigkeit, und in 30 weiteren beginnt der Befreiungskampf.
Die CIA arbeitet an Plänen, die Statschefs Castro, Trujillo und Lumumba zu beseitigen. Nach den Erfolgen im Iran und in Guatemala führt Allen Dulles diese effiziente Strategie amerikanischer Aussenpolitik weiter. Dazu probiert die CIA Tests zur Verhaltensprogrammierung mittels Hypnose und Drogen an Kadetten des koreanischen Geheimdienstes KCIA aus. Allerdings überlegt sich die CIA auch, ob es nicht einfacher wäre, professionelle Killer zu mieten. Koordinator der Mordprojekte ist Sheffield Edwards, der als Security Officer bereits am Projekt ARTICHOKE beteiligt war und einer der wenigen CIA-Agenten ist, der an sechs verschiedenen Mordkomplotten direkt beteiligt ist.
Die CIA-Agenten E. Howard Hunt und Frank Bender organisieren die OPERATION 40, die die Eliminaton der einflussreichen Kommunisten auf Kuba im erwarteten Chaos nach der Ermordung von Castro vorbereitet. Castro versichert Bender noch im Herbst 1960, er sei ein Nationalist und Antikommunist. Hunt erhält eine Cover-Identität und $150’000 für die Operation, zieht im August 1960 nach Miami, wo er bei einer Deckfirma in der Elektronikbranche arbeitet und über Geraldine Shamma eine Operationsbasis aufbaut. Geraldine Suarez Shamma arbeitet bei Castro für die USA. Frank Sturgis, Sam Sanjennes und Felipe Gutierrez leiten die Erstellung der Todeslisten und die Ausbildung einer Truppe von 20 Mann in Mordtechniken für die OPERATION 40, an der Edwin Wilson, Thomas Clines, Ted Shackley, Raul Villaverde, ‘Chi Chi’ Quintero, Luis Posada Carriles, Felix Rodriguez, Barry Seal und Ricardo Chavez arbeiten. Bereits im Januar schlug Nixons Assistent Brigadier-General Robert Cushman vor, Killertrupps nach Kuba zu schicken, an deren Planung sich Manuel Artime, Nino Diaz, Ricardo Lorie, William Kent, Manuel Goudie, Bernard Reichhardt, Sanchez Arrango und Michael Yebor beteiligen.
Der militärische Ast der Operation ist die Brigade unter Orncido Oliva, die von Offizieren der US-Armee trainiert wird. Frank Sturgis trainiert Söldner von Manolo Rebozo und arbeitet auf Initiative von Barker hin mit Bill Johnson an den Vorbereitungen zur Bombardierungen der Ölraffinerien bei Havanna. Sturgis kann Trujillo und Fuentes dazu bringen, dass diese den Kubanern Territorien in der Dominikanischen Republik und Guatemala als Invasionsbasis zur Verfügung stellen. Eisenhower bewilligt $13 Mio. für die Trainingscamps der Exilkubaner, die eine Invasion der Insel vorbereiten. Sturgis fliegt auch Einsätze, beispielsweise über Havanna, um mehrere Hunderttausend Flugblätter abzuwerfen. Andere Flüge nach Kuba unternimmt er mit Conte Aguero.Zudem hat er vier Speedboote, um Leute und Waffen für Sabotageaktionen nach Kuba zu bringen. Innerhalb der Exilkubaner kommt es zu Streitigkeiten, worauf Lanz die Alliance of Liberation von der MRR von Artime abspaltet. Sturgis, Lanz und Victor Panque rekrutieren James und Jerry Buchanan für das IACB. Gegen Sturgis läuft 1960 in den USA ein Verfahren zur Aufhebung der Staatsbürgerschaft wegen seiner Verletzungen der Neutralitätsgesetze. Senator George Smathers setzt sich erfolgreich für Sturgis ein: seine Staatsbürgerschaft wird am 14.3.61 bestätigt. Smathers Bruder ist der Chef der First National Bank in Miami Beach und ebenfalls in Kontakt mit Sturgis und Hunt. Luis Somoza, der nach der Ermordung seines Vaters 1956 die Macht in Nicaragua übernahm, stellt den Kämpfern von Sturgis, Rorke und Lanz eine Basis zur Verfügung.
Im September 1960 nimmt Kuba diplomatische Beziehungen mit China auf, worauf die Technical Services Division der CIA David Lemar Christ mit einer falschen Identität ausstattet, um das Büro der New China News Agency zu verwanzen. Zudem wird das Penthouse des sowjetischen Botschafters im Hotel Rosita verwanzt. Aber die kubanische Gegenspionage verhaftet am 14.9.60 die drei Topagenten David L. Christ, Thornton J. Anderson und Walter A. Szuminski sowie Mario Nordio, Robert Neet und Marjorie Lennox. David Lemar Christ kam 1950 als erster Elektronikingenieur zur CIA und baute die Technical Services Division und den Applied Physics Branch mit auf. Der Abhörspezialist war 1956 in Japan, Taiwan und Südkorea, 1957 in Berlin, Uruguay, wo Hunt Stationchef war, Argentinien, Chile und Panama und wurde Chef der Audio Operations Branch. 1958 arbeitete er in der Türkei, Pakistan, Griechenland, Deutschland und Belgien, 1959 in England und Deutschland. 1960 ist er in Mexico, Marokko, Griechenland und Deutschland tätig, bis er in Kuba verhaftet wird.
Im Gefängnis lernt er Gerry Patrick Hemming, der am 27.9.60 verhaftet wird, kennen. Laut Hemming bestand Christs Mission in der Beschaffung des Codebuches und der Ausführung eines Bombenanschlags auf die chinesische Nachrichtenagentur. Christ, Anderson und Szuminski werden im Januar 1961 zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt, worauf der CIA-Agent John Mertz auf Befehl von Richard Helms mit Charles Siragusa Kontakt aufnimmt, der mithilfe von Trafficantes Leuten die drei Agenten befreien soll. Siragusa versucht über den Anwalt Constantine Kangles, dem $100’000 bezahlt werden, an Raul Castro heranzukommen, dem $1 Mio. hätten bezahlt werden können. Sidney Gottlieb arbeitet an einem Plan, den kubanischen Richter zu hypnotisieren, um Christ freizubekommen. Christs Frau Wilma versucht bei Treffen mit John Mertz, Allen Dulles, General Carter und General Taylor, William Donavan und dann vermutlich auch mit Robert Kennedy alles, damit ihr Mann aus dem Gefängnis geholt wird, womit sie eine Gefahr für die Geheimhaltung der Operation ist. Schliesslich kommen die drei im Rahmen eines Gefangenenaustauschs und einer Medikamentenlieferung im Wert von $40 Mio. im April 1963 wieder frei, da die Kubaner davon ausgehen, dass die drei Topagenten nur Handlanger der Operation waren.
Nach der Verhaftung der drei Topagenten geht die CIA in die Offensive. Auf Befehl von Dulles entwickeln Richard M. Bissell, stellvertretender Planungsdirektor, und Sheffield Edwards, Direktor der Sicherheitsabteilung, einen neuen Plan zur Beseitigung Castros. Bissell, ehemals Wirtschaftsprofessor, arbeitete für Harriman und Dulles, war der Kopf der U-2 Aufklärungsflüge, die 1954 entworfen und von 1956 bis zum Absturz Powers am 1.5.60 über der Sowjetunion durchgeführt wurden. Dulles Stellvertreter General Charles P. Cabell betreut die Attentatsplanung mit. Die am Projekt beteiligten Agenten Paul Helliwell, E. Howard Hunt, William Pawley, Jack Hawkins, Jacob Esterline, Tracy Barnes, Frank Bender, David Atlee Phillips und Frank Sturgis sind überzeugt, dass die Mafia einen Attentäter auf der Insel auftreiben kann. Wenn der Plan auffliegt oder nicht funktioniert, könnte die Regierung zudem die Verantwortung abschieben. Richard Cain, der für Giancana arbeitet, rekrutiert hispanische Banditen, die den Job erledigen sollen.
Gleichzeitig mit Castros Ermordung soll eine CIA-gestützte Exilkubanerarmee am 31.10.60 die Insel angreifen, wobei die Operation so geplant werden muss, dass eine US-Beteiligung dementierbar bleibt. Grosse Summen aus CIA-Reserven werden den exilkubanischen Guerillas über E. Howard Hunt und Bernard L. Barker zur Verfügung gestellt. Über Guy Banister und David Ferrie, die für Carlos Marcello arbeiten, wird der Kontakt zu den Exilkubanern in Louisiana aufgenommen, die von Marcello über Arcacha Smith finanziert werden. George Bushs Aufgabe ist die Rekrutierung von Exilkubanern in Miami, wozu er einmal wöchentlich von Houston nach Miami reist und Felix Rodriguez, einem ehemaligen Spitzenpolizisten unter Batista, zusammenarbeitet. Nachdem sich George Bush 1958 von seinem Partner Hugh Liedtke trennte, bohrt seine Zapata Offshore auf den Cay Sal Bank, die Hughes ein Jahr zuvor pachtete und der CIA als Basis für Kubaangriffe dienen. Seine Firma födert aber auch Öl in Kuwait, wo dank Schmiergeldern ein aussergewöhnlicher Vertrag (à la Harken) geschlossen werden konnte, im persischen Golf, Borneo und Trinidad. 1960 gründet Georg Bush mit Jorge Diaz Serrano und Edwin Pauley von der Pan American Petroleum geheim die mexikanische Ölförderfirma Perforaciones Marinas del Golfo (Permago). Auch mit Jack Crichton und Charles Cabell steht Bush in Kontakt. Banister gründet eine eigene Organisation, das Citizens for a Free Cuba. Hinter den meisten dieser Gruppen (Committee To Free Cuba, Free Cuba Committee, Crusade to Free Cuba, Cuban Freedom Committee) steht direkt oder indirekt Howard Hunt. In Mexiko steht Hunt ebenfalls in Kontakt mit Exilkubanern. Jack Ruby und Frank Sturgis sind für Waffen- und Munitionslieferung zuständig. Trafficantes Leute Russell Bufalino, James Plumeri, George Levine und Salvatore Granello arbeiten am Castro-Mordkomplott mit. Granello und Plumeri haben immer noch Kontakte auf Kuba und versorgen die CIA mit Geheimdienstinformationen.
Richard Nixon drängt auf die Umsetzung der Pläne, um daraus politisches Kapital für den Wahlkampf zu schlagen.
John Kennedy wurde auf Anordnung Eisenhowers von Allen Dulles über die Operationspläne informiert, worauf Nixon einen Wutanfall bekam. Nixon weiss, dass er angreifbar ist, weil er sich an der ganzen Planung aktiv beteiligt. JFK weiss auch von Richard Bissell und John M. Patterson, der als Gouverneur von Alabama der CIA die Alabama Air National Guard für das Training der Exilkubanerpiloten in Nicaragua zur Verfügung stellt und der JFK persönlich mit Bargeld schmiert, was in Kuba geplant ist. Kennedy nutzt den Zwang zur Geheimhaltung der Eisenhower-Regierung aus, indem er Kuba zu einem Hauptthema des Wahlkampfes macht und eine viel aggressivere Politik gegenüber Castro fordert. Nixon sitzt in der Falle, weil er als Vizepräsident die Politik des internationalen Rechts vertreten muss und dafür von den Liberalen Beifall erhält. Aufgrund Kennedys Kritik verhängt die Regierung ein umfassendes Handelsembargo gegen Kuba, worauf JFK sofort noch strengere Sanktionen fordert.
Sam Giancana verzögert das Projekt, weil er weiss, dass eine Beseitigung Castros die Position der Republikaner stärken würde. Er ist plötzlich gegen einen Schützen, sondern will tödliche Pillen einsetzen, mit der Begründung, dass es für einen Schützen kaum ein Entkommen gäbe. Die Verschwörer finden einen Beamten, der Gift in Castros Getränk kippen würde: Juan Orta Cordova, Generaldirektor des Büros des Premierministers und Privatsekretär von Castro. E. Howard Hunt und James McCord bezahlen über Maheu eine Anzahlung von $10’000 von geplanten $150’000 an den Castro-Mörder.
Im Herbst rebelliert ein Teil der Armee in Guatemala. Aus Angst, die CIA-Trainingslager könnten bekannt werden, bombardieren Amerikaner und Exilkubaner mit B-26 Bombern die Aufständischen am 13.11.60. Tatsächlich erscheinen Berichte in Nation, Washington Post, Wall Street Journal und US News and World Report über die Traininslager, weshalb Eisenhower die Aktion erneut zu verschiebt.
Quellen: Scott (1993): 179, Callahan: 86ff,97 Hersh: 162,169-184,205, Davis (1988): 91-93,364ff, Weberman (6): 50-70, (7): 18f,45, (10): 40-49, Pease (1995), Bartholomew: 55, Summers (1989): 579ff, (2000): 188-199,508, Sylwester: 8-10, Garrison: 76ff, Kangas, Potter, Russel (2000), Best: 35,53f, Konkret 26.2.76: 24-26, Sam Smith: 2, Horowitz: 329-332, Groden/Livingstone: 324, Anson: 298ff, Ranelagh/Treharne, Levin, Lewens/Wall, Ganser, Tarpley/Chaitkin: 94,115f,147, Karel (2003), Hopsicker.
November 1960 Kennedys ‘Wahl’
Frank Sinatra versucht, einen Bericht zu veröffentlichen, der Nixon als Patienten von Dr. Arnold Hutschnecker enthüllt. Laut Joe Kennedy haben sie ein ganzes Dossier darüber, und zwei Tage vor der Wahl ruft Jack Anderson der Associated Press beim Psychiater an, um sich nach dem Geisteszustand des Vizepräsidenten zu erkundigen. Drew Pearson schreibt in seiner Kolumne über therapeutische Sitzungen, was sofort dementiert wird. Hutschnecker, den Nixon seit 1951 konsultiert, meint später:
„Nixon hatte kein ernstzunehmendes psychotisches Krankheitsbild, aber eine gute Portion neurotischer Symptome.„
Zumindest gingen seine Symptome so weit, dass er die demokratische Aktivistin Zita Remley auf der Wahlkampagne von 1952, den Reporter Ted Rogers und einen weiteren Mann auf der Tour 1956 schlug. Besonders gegenüber Studenten und Journalisten reagiert der spätere Präsident jähzornig. Seine Frau schlägt Nixon, der auch an Potenzproblemen leidet, regelmässig. Nachdem sich der Arzt 1955 auf Psychotherapie spezialisierte, traf sich der depressive Nixon nur noch privat mit ihm, und in der Öffentlichkeit machte er sich lustig über Psychiatrie, um sich zu schützen. Trotzdem beschreibt ihn der Grossteil seines nächstens Umfeldes, von Agnew über Haldeman bis Kissinger, als psychisch gestört.
Nachdem mehrere Staaten für Nixon gewählt haben, telephoniert John Kennedy in der Wahlnacht dem Bürgermeister von Chicago, Richard Daley, der ihn am Telefon beruhigt. Daley verdankt Joe Kennedy seine eigene Wahl zum Bürgermeister und sicherte ihm die Unterstützung zu. Kennedy gewinnt in Texas, Michigan, New Jersey, Nevada, New Mexico, Missouri und Illinois nur ganz knapp. Illinois, das ausschlaggebend für die Wahl ist, gewinnt er mit 8858 Stimmen Vorsprung, und zwar wegen seinem „unerklärlich“ hohen Sieg in Chicago: bei einer Rekordbeteiligung von 89% verzeichnet er einen Vorsprung von 456’312 Stimmen. Für den Fall, dass JFK Illinois verlieren würde, steht Oscar Wyatt mit $100’000 in Corpus Cristi bereit. Nachdem die ersten knappen Resultate bekannt werden, lässt sich der reiche Ölhändler und Bankier mitten in der Nacht das Geld besorgen und seinen Privatjet tanken, um nach Jackson zu fliegen, wo er die Wahlmänner von Mississippi, Alabama und Georgia bestechen will, was dann aber nicht nötig ist. Offizielles Resultat ist der Wahlsieg Kennedys mit 0.17% Vorsprung gegenüber Nixon (34’227’096 gegen 34’108’546 Stimmen), das knappste Resultat in der Geschichte der USA.
In seinem Stammland Texas kann Johnsons Wahlapparat 100’000 Stimmen für Nixon disqualifizieren. Mit diesen Stimmen hätte Nixon eine Wahlmännerstimme Vorsprung gehabt. Nixons Prestige litt schwer, als dank Dick Tuck bei einer Wahlveranstaltung im Chinatown von San Francisco die Schmiergeldzahlung über $205’000 von Howard Hughes zum Thema wurde. Nixon glaubte fälschlicherweise, er könnte die Story mit fabrizierten Dokumenten von Robert Maheu als ein zinsloses Darlehen für seinen Bruder Donald entschärfen. Allein in West-Viginia, wo es für Kennedy am schwierigsten war, investierte Giancana eine halbe Million für Stimmenzahlungen, weil sonst nur die katholischen Italiener, Iren und Polen für Kennedy votiert hätten. In den mafiadominierten Gebieten wie in Chicago, wo Giancana mindestens sechs populationsstarke Wahlbezirke kontrolliert, wurde die Wahl mit Mehrfachwahlen, Einschüchterung der Wähler, offener Gewalt und Betrug gewonnen. 10’000 Stimmen für JFK in Illinois kommen aus dem Grab, da sich organisierte Wähler unter den Namen von Toten registrieren liessen.
Auch die Republikaner arbeiteten mit Undercovermethoden und fälschen:
In Texas wurden Wähler anonym angerufen und gefragt, ob sie wollten, dass der Papst der Boss des Präsidenten sei.
Richard Sennett bezeichnet Wahlkorruption als soziale Inklusion, weil die Annahme des Umschlags mit einigen Dollars durch den Wähler die Entschädigung für die Anerkennung der Macht der Mafia symbolisiert. Die Klientelismus-Analyse von S. N. Eisenstadt berücksichtigt weitere Aspekte des Machtverhältnisses der Begünstigungs- und Loyalitätsverhältnisse von Paten und ihrer Klientel.
Aufgrund des knappen Resultats haben Sam Giancana, Richard Daley und Frank Sinatra das Gefühl, Kennedy habe nur dank ihnen gewonnen. Daleys langjähriger Freund und Anwalt Abraham Lincoln Marovitz wird dafür 1963 zum District Court Judge ernannt. Sonst verspricht JFK zwar viel, aber statt Belohnungen erhalten sie Robert Kennedy, der sich in der McClellan-Kommission als Mafiajäger profilierte, als Justizminister. Joe Kennedy weiss, wie zentral die Kontrolle des Justizapparates für die Machtsicherung ist. Die Söhne gehorchen, nachdem Clark Clifford vergeblich versuchte, Joe beizubringen, dass Bobby diesen Posten gar nicht will.
Die totale Kontrolle der Kennedys über Exekutive und Judikative macht sie faktisch unangreifbar, wie sich in Bezug auf die gestohlene Wahl zeigt.
In elf Staaten werden Klagen wegen Wahlfälschung erhoben. In Chicago werden zwei Grand Juries gebildet, die schliesslich nur fünf unwichtige Mitarbeiter der Demokratischen Partei wegen Stimmenkauf und Wahlfälschung anzeigen. 677 weitere Klagen werden vom zuständigen Richter, der der demokratischen Partei angehört, abgeblockt. Mit Bobby als Justizminister kann auch Hoover kontrolliert werden, da das FBI dem Justizministerium untersteht.Es spricht vieles dafür, dass Bobby über die Wahlunterstützung der Mafia nur ansatzweise im Bild ist.
Auch gibt es viele Anhaltspunkte dafür, dass die Brüder geheime Aktionen ohne das Wissen des anderen durchführten.
Der Vater träumt von einer Kennedy-Dynastie, sieht Bobby 1968 als Nachfolger von Jack, und auch Teddy soll in die Politik einsteigen. Nixon verzichtet auf Druck von Eisenhower auf eine von der republikanischen Partei geforderte Wahlnachzählung in Chicago, die ebenfalls die Demokraten durchgeführt hätten. Nixon ist am Boden zerstört und hasst die Kennedys aufs Blut. Öltycoon Clint Murchison, der seinen Wahlkampf unterstützte, überlässt Nixon ein Landstück, das er mit Krediten der Teamster-Pensionskassen kaufte.
Quellen: Obenhause, Hersh: 131-154, Davis (1984): 215-221, Oglesby: 5, Giancana: 287-290, Best: 84, Collier/Horowitz: 309-316, Summers (1993): 276-280, (2000): 210-225, Brown/Broeske: 363, Sennett: 27, Gregory/Speriglio: 222, Eisenstadt/Roniger.
12.60 Eliminierungen
Noch vor der Inauguration lässt John Kennedy über Judith Campbell Mafiaboss Sam Giancana einen Umschlag zukommen, in dem es um die Elimination Castros geht. Bis Ende 1961 überbringt Campbell mindestens zehn Umschläge für Giancana und Roselli und organisiert zwei weitere Treffen. JFK beauftragt den CIA-Direktor für heimliche und verdeckte Aktionen, Richard Bissell, mit dem Ausbau der „Mordabteilung“ mit dem Ziel, über eine jederzeit und überall einsetzbare Truppe verfügen zu können. Damit führt JFK die Politik Eisenhowers nicht nur fort, sondern formalisiert sie sogar. Bissell trifft JFK in den nächsten drei Monaten 13 Mal und ist sein Favorit als Nachfolger von Dulles.
E. Howard Hunt organisierte die Gründung des Cuban Revolutionary Council (CRC) im Miami, das die Anti-Castro-Aktivitäten koordinieren und die ständigen Konflikte innerhalb der Exilkubaner lösen soll. Dem Cuban Revolutionary Front werden $115,000 monatlich bezahlt. Zudem soll Tony Varona, mit dem Hunt eng zusammenarbeitet, durch José Miro Cardona Ruben ersetzt werden.
Castros ehemaliger Premierminister Cardona kam im Oktober 1960 als politischer Flüchtling in die USA. Zu seinem Stab gehörte „Reinol“ Gonzales, der in Kuba mit Amador Odio verhaftet wird wegen des Attentatsversuchs am 24.10.61 gegen Castro. Sergio Arcacha Smith, ehemaliger kubanischer Diplomat unter Prio und Batista, wird Repräsentant des CRC in New Orleans, zu dem auch David Ferrie gehört. Arcacha studierte mit Castro, wurde von J. Walter Thompson für den OSS rekrutiert, floh im August 1960 in die USA, wo ihn Tony Varona zum Delegierten des Cuban Revolutionary Front in New Orleans ernennt. Arcacha ist zudem ein Informant des FBI und des INS. Um Geld in die eigene Tasche zubekommen, organisiert Arcacha das Crusade to Free Cuba Committee (CFCC). Marcello finanziert Arcacha mit $200’000 und bekommt von ihm die Zusicherung, dass eine neue Regierung auf Kuba ihm Spiellizenzen und die kubanische Staatsbürgerschaft zugestehen würde.
Carlos Bringuier wird Arcachas Pressesekretär. Bringuier war Gerichtssekretär in Havanna und Delegierter des Directorio Revolucionario Estudiantil (DRE), eine Anti-Batista Organisation an der Universtät von Havanna. Während der Revolution eroberten Mitglieder des DRE für Castro den Präsidentenpalast. Da das DRE keine Regierungsämter erhält, beginnt die Organisation den bewaffneten Kampf gegen Castro. Am 4.5.60 floh Bringuier nach Gutemala, und reist dann am 8.2.61 in die USA ein, wo er mit der Cuban Revolutionary Front kooperiert. Das DRE wird von der CIA bis 1966 mit Geld und Waffen versorgt. Eng verbunden mit Hunt ist auch Carlos Prio Socarras, Ex-Präsident Kubas unter Batista, der nach einer Invasion wieder Präsident werden soll. Prio wurde zusammen mit Robert McKeown verhaftet wegen Waffenschmuggels mit Jack Ruby. Die Truppen der Exilkubaner werden in der Nähe von Arcachas Haus auf einer abgelegenen Ranch am Nordufer des Pontchartrainsees trainiert.
Castro behauptet am 2.1.60, Eisenhower plane, Kuba noch vor seinem Rücktritt anzugreifen, setzt seine Truppen in Alarmbereitschaft und verlangt die Reduktion der Botschaftsangehörigen in Havanna auf 11 Beamte, worauf Eisenhower die diplomatischen Beziehungen zu Kuba abbricht.
Kennedy bestätigt ebenfalls den von Eisenhower abgesegneten Plan zur Ermordung des kongolesischen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba.
Der Kongo war bis 1908 Privatbesitz von Leopold II, wobei von 1884 bis zur Übergabe an Belgien die Hälfte der 20 Mio.-Bevölkerung an den Folgen von Gewaltexzessen, Zwangsarbeit, Hunger und Verschleppung starb. Nach der Erfindung des Pneus von John Dunlop 1887 explodierte die Nachfrage nach Kautschuk und damit auch die Gewinne aus dem Kongo. Keine Kolonialmacht hat ihre Domäne so brutal ausgebeutet wie die Belgier. Am 30.6.60 wurde Belgisch-Kongo, das sich noch immer in einem erbärmlichen Zustand befindet, als Demokratische Republik Kongo unabhängig. Der Chef der Mouvement Nationale Congolais, Patrice Lumumba, wurde zum Ministerpräsident, Joseph Kasawubu, der Führer der Alliance de Bakongo, zum Staatsoberhaupt ernannt. Lumumba plante die Verstaatlichung der Bergbauindustrie, was das ausländische Grosskapital in helle Aufregung versetzte.
Eine Woche später begann die immer noch von Weissen geleitete Armee gegen den schwarzen Ministerpräsidenten zu meutern, und die Provinz Katanga erklärte sich unabhängig. Die belgischen Grossunternehmen zahlten ihre Steuern den Sezessionisten von Katanga und Kasai.
Auf Initiative der Regierung beschloss das belgische Parlament einen Geheimetat von €6,69 Mio. für Destabilisierungsaktionen: Waffenlieferungen und Vorbereitung des Attentats an Lumumba. Belgien schickte Fallschirmtruppen zur Unterstützung gegen den linken Premier, der zuerst vergeblich die USA um Hilfe bat.
Lumumba forderte und erhielt daraufhin von der UNO Unterstützung mit Blauhelm-Truppen und akzeptierte Militärhilfe der Sowjetunion, um die abtrünnige Provinz Katanga unter Belgiens Marionette Moise Kapenda Tshombé zu sichern, weshalb sich die USA bedroht fühlen. Aus Katanga kommt das Kupfer, aus dem Kongo ein Grossteil des Kobalts und des Urans, das man für die Atomprogramme des Westens braucht. Zudem sind Angehörige der US-Regierung am Diamantgeschäft beteiligt.
Von 1959 bis 1963 steigt die Zahl der CIA-Stationen in Afrika um 55%. Einer der CIA-Agenten im Kongo ist der spätere CIA-Vizedirektor und Verteidigungsminister Frank Carlucci.
Die CIA unterstützte die kongolesischen Politiker Cyrille Adoula und Joseph Désiré Mobutu, den ehemaligen Privatsekretär Lumumbas, indem sie eigene Söldner in den Kongo brachte und B-26 Bomber gegen die MNC und die Abako einsetzte. Von CIA-Agent Larry Devlin kam das technische Material, mit dem die belgische Abwehr unter Louis Marlière Lumumba in seinem Büro abhörte. Devlin erhielt von der CIA-Zentrale $100’000 mit dem Auftrag, Lumumba zu stürzen. Er finanzierte Presseartikel, die Lumumba kritisierten, und organisierte Protestkundgebungen. $5000 gingen an Mobutu, der damit Offiziere für den Putsch besticht. Offenbar kam der Befehl für die Ermordung Lumumbas von Eisenhower selbst. Mit der Operation BARRACUDA sollte Lumumba vergiftet werden.
Der CIA-Wissenschaftler Sidney Gottlieb organisierte einen Giftstoff in einer Zahnpasta, womit Michael Mulroney im November von Paris zum Chef der Afrika-Abteilung Bronson Tweedy ging. In Leopoldville kümmerte sich der CIA-Agent Hedgman um die Organisation vor Ort. Christian David (WI/ROGUE), ein staatenloser Bankräuber, dem die CIA vor dem Einsatz angeblich eine Gesichtsoperation und ein Toupé verpasste, heuerte für das Todeskommando Michael Mertz (QJ/WIN) an. Dieser ist ein Korse der Marseiller Mafia von Antoine Guerini, der im Drogenhandel eng mit Santos Trafficante zusammenarbeitet.
Mobutu putschte im September 1960, worauf sich Lumumba in den „Schutz“ der UNO-Truppen begab.
Die UNO-Truppen haben nicht die Absicht Lumumba zu schützen, sondern sie stellen sich auf die Seite der Putschisten und neutralisieren die loyalen Truppen.Durch massiven Stimmenkauf und Druck wurde die Mehrheit in der UNO für Lumumba gebrochen und der von der UNO mit $1 Mio. finanzierte Mobutu anerkannt. Lumumba floh daraufhin aus seinem belagerten Haus des Premierministers in Léopoldville und wollte nach Stanleyville, wo sich eine Gegenregierung gebildet hat. Er wurde mithilfe von Michael Mulroney von Mobutus Truppen gefangengenommen, nach Léopoldsville, Thysville und schliesslich Katanga gebracht und nach Folterungen am 17.1.61 zusammen mit Maurice Mpolo und Joseph Okito auf Befehl von belgischen Offizieren erschossen.
Polizeikommissär Gérard Soete zerstückelte die Leiche des Ministerpräsidenten und löste sie mitten im Wald in einer Badewanne voll Schwefelsäure auf. Gleichzeitig wurde eine fiktive Covergeschichte, wonach Lumumba von Dorfbewohnern massakriert worden sei, propagiert.
Nach dem Mord an Lumumba reist Che Guevara zwei Monate durch Afrika, um den Freiheitskampf der Antikolonialisten zu fördern. Die USA unterstützen Mobutu mit verdeckten Militärkommandos zur Niederschlagung der Guerilla, die sich nach dem Mord unter der Führung von Laurent Kabila in Kongo-Brazzaville gebildet hat.
Che versuchte diese Guerilla auszubilden und kämpfte 1965 einige Wochen im Kongo. Insgesamt 500’000 kubanische Kämpfer, Ärzte und Techniker werden in den afrikanischen Befreiungskriegen (etwa Guinea-Bissau, Angola, Südafrika) mitkämpfen. 1965 kann CIA-Agent Devlin Mobutu mit entscheidenden Informationen vor einem Gegenputsch bewahren.
UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld versucht, den Krieg der belgischen, französischen und deutschen Söldner auf der Seite Tschombés gegen die UNO zu beenden. Nach seinem Amtsantritt 1953 säuberte Hammarskjöld die UNO vom Einfluss der FBI-Agenten, die im Hauptquartier ein- und ausgingen. Er wollte 1954 auch den Sicherheitsrat der UNO wegen Guatemala einschalten, was die USA verhindern konnten. Als er in die abtrünnige Provinz Katanga fliegt, um ein Friedensabkommen auszuhandeln, wird er umgebracht.
Sein Flugzeug wird am 17.9.61 durch eine Bombe im Fahrwerk zum Absturz gebracht, mit Beteiligung der CIA und des britischen MI-5. Vermutlich wurde die Explosion über Funk von einem dem Flugzeug folgenden Jäger der belgischen Söldner in Katanga ausgelöst. Offiziell beginnt die Suche nach dem Flugzeug erst 10 Stunden später, aber als es gefunden wird, weisen etliche Opfer Schussverletzungen auf. Soldaten waren kurz nach dem Absturz am Ort, um sicherzustellen, dass alle tot sind.
Mobutu stürzt Tshombé im November 1965 und verwandelt 1971 das föderative Kongo in das zentralistische Zaire, das er mit wohlwollender Billigung und üppiger Gewinnbeteiligung des Westens bis 1997 gnadenlos ausbeutet. Mithilfe der CIA, des US-Aussenministeriums, der American Mineral Fields und der Chevron, wofür die Firma Ölförderrechte erhält, erobert Laurant-Désiré Kabila 1997 die Macht, wirft die belgischen, südafrikanische und französischen Unternehmen aus dem Land, um die amerikanischen und englischen hereinzuholen, und führt die Politik der persönlichen Bereicherung seines Vorgängers fort.
190’000 ruandische Flüchtlinge werden in einem Rachefeldzug von Oktober 1996 bis Mai 1997 von Kabilas Truppen umgebracht. Den UNO-Truppen zur Überwachung der Einhaltung des Lusaka-Friedensabkommens von 1998 verweigert Kabila die Einreise.
Gegen den Willen der USA verbündet sich Kabila mit den militärisch starken Simbabwe, das als Gegenleistung für die Soldaten Schürfrechte und Firmenbeteiligungen erhält.
Bis zur ungeklärten Ermordung Kabilas im Januar 2001 kommen im ersten afrikanischen Kontinentalkrieg unter Beteiligung von Angola, Namibia, Simbabwe, Ruanda und Uganda um die Bodenschätze des Kongo mindestens 1,7 Mio. Kongolesen ums Leben und über 2 Mio. Menschen im Kongo werden entwurzelt.
Sieben Staaten, sieben Rebellenarmeen und Söldner aus Belgien, Südafrika, Serbien und Nordkorea kämpfen in wechselnden Bündnissen, von der Welt kaum wahrgenommen. Über Nacht wird ein sogenannter Joseph Kabila, dessen Herkunft mysteriös ist, zum Nachfolger des abtrünnigen Despoten bestimmt und von Simbabwe und Angola gestützt.
Der Krieg läuft trotz Waffenstillstandsabkommen weiter, mit Massakern, Kindersoldaten und fehlenden Transportmöglichkeiten, weshalb die Bauern ihre Felder verlassen. Eine örtliche Mafia beherrscht den Handel mit den Rohstoffen, die den Partnern in Brüssel, Paris, London und Washington geliefert werden.
Quellen: Weberman (7): 43ff, (11): 18f, (12): 6, Best: 35, Ege (1984): 161-167, Konkret 29.1.1976: 34-36, Hersh: 193ff,307ff, Braeckman (2000), (2002), CIA-Info: 4,14,16f, CNPC: 18, Davis (1988): 367, Ledeen: 52f, Ranelagh/Treharne: 2, Obenhause, Minow, Faes: 11, Giefer (2001), Grill :8f, Smith: 7, Amara, Karel (2003), Devlin, El-Tahrim.
Quelle: US-POLITIK
Erstveröffentlichung bei Lupo Cattivo Blog