Dienstag, 2. April 2013

Die Schaffung des Europas made in Germany

Die Schaffung des Europas made in Germany:
Die nicht unbedingt freiwillige Vormachtstellung Deutschlands führt zu einer prekären Situation für Europa und letztendlich auch für Deutschland selbst.
Die Zyprioten haben das Gift letztendlich geschluckt. Mit der nationalen Erniedrigung und den düsteren Aussichten konfrontiert monieren viele, ihre kleine Nation sei gezwungen worden, sich dem Willen einer größeren, gnadenlosen Macht zu unterwerfen – Deutschland.
Die zyprischen Zeitungen haben Angela Merkel als Hunnen dargestellt und den Finanzminister Wolfgang Schäuble beschuldigt, wie ein “Faschist” zu reden. Sie reproduzieren einfach das anti-deutsche Gefühl, das in Griechenland und auch in Italien inzwischen zur Gewohnheit geworden ist.
Diese Deutschen-Angst ist ungerecht. Hinter all diesen Stimmen und der Auseinandersetzung werden die deutschen Steuerzahler wieder einmal den größten einheitlichen Anteil einer weiteren Rettung in der Eurozone finanzieren. Für Deutschland mag es hart erscheinen, Milliardenkredite an seine Nachbarn zu verteilen und von diesen im Gegenzug des Neonazismus beschuldigt zu werden.

Europäisches Deutschland oder deutsches Europa?

Die zunehmende deutsche Macht – und die zunehmende Unzufriedenheit in Zusammenhang mit dieser – sind fortan die Hauptthemen der europäischen Politik. Es handelt sich um eine historische Ironie, angesichts der Tatsache, dass das Hauptziel des europäischen Plans ab 1950 und nachfolgend war, für immer der Idee einen Schluss zu setzen, Deutschland sei einfach nur übermäßig mächtig, um leicht mit seinen Nachbarn zusammen existieren zu können.
Die – sowohl in Berlin als auch in Paris und Brüssel – schlechthin verwendete Phrase hatte mit der Notwendigkeit “eines europäischen Deutschlands anstatt eines deutschen Europas” zu tun. Nach der Zypern-Krise ähnelt Europa jedoch immer mehr einem deutschen Europa – weil der Kurs des Kontinents vor allem von den Ideen und Präferenzen der Politiker und Amtsträger Berlins gestaltet wird.
Es ist wahr, dass die Europäische Kommission, der IWF und die Europäische Zentralbank in den Verhandlungen mit Zypern die Zügel ergriffen. Es war jedoch immer klar, dass es ohne die Intervention und Zustimmung der deutschen Regierung keinerlei Einigung gegeben hätte. Die Tatsache, dass während der Krise für die EZB anstatt des italienischen Vorsitzenden der EZB, Mario Draghi, der Deutsche Jörg Asmussen, Mietglied des Exekutivrats der Bank, die Hauptperson war, trug ebenfalls dazu bei, dass der Krise der deutsche Stempel aufgedrückt wurde.
Wenn sie von dem Trubel einen Schritt zurücktreten, ist es logisch, dass die deutschen Führer sich fragen, wie die Dinge so weit kommen konnten. Wie konnte ein europäischer Plan, dessen Zweck war, jeden Verdacht auf eine Kollision zwischen Deutschland und seinen Nachbarn zu unterbinden, zu einer erneuten Entfachung des anti-deutschen Sentiments führen? Und ist dieser Schaden wohl reversibel?
Ein großer Teil der Erklärung ist, dass all das, was auf dem Spiel steht, dermaßen viel ist, dass Deutschland in der Verfolgung seiner nationalen Interessen fortan nicht mehr schüchtern sein kann. Das Überleben der einheitlichen europäischen Währung steht in Zweifel und die deutschen Steuerzahler mussten signifikant zu den verschiedenen Rettungsfonds beitragen. Ebenfalls haben die Deutschen eine klare und konsequente Analyse des Problems. Sie glauben, im Zentrum der Krise stehen die volkswirtschaftliche Zügellosigkeit und die fehlerhaften Geschäftsmodelle – und dass die Lösung die Austerität in Kombination mit strukturellen Reformen sei.
Viele vertreten, dieses Rezept sei gefährlich. Die Kritiker der Austerität sind jedoch dahingehend gescheitert, eine alternative Reihe von Politiken vorzuschlagen, die konsequent genug sind um die geistige Flut zu konvertieren.

Europa und die “Merkozys”

Dennoch hat diese Geschichte nicht nur mit der deutschen Macht zu tun. Es geht um eine weitere Geschichte der übermäßigen Schwäche seitens der übrigen europäischen Mächte, die bis neulich Deutschlands Macht ausglichen. Die Regierungen Spaniens und Italiens befinden sich in finanziellen Schwierigkeiten – und sind geschwächt worden. Großbritannien ist nicht Mitglied im Euro – und befindet sich somit am Rand. Das bemerkenswerteste Charakteristikum der Krise ist jedoch die fast völlige Abwesenheit einer starken französischen Stimme am Tisch. Von Jean Monnet bis Jacques Delors waren selbige Franzosen immer stolz darauf, mit geistiger Führung zu dem europäischen Plan beigetragen zu haben.
Die Idee, Europa müsse sich auf Basis einer deutsch-französischen Kooperation voran bewegen, war für das französischen Denken von vitaler Bedeutung – und dies zeigt sich auch aus der Entschlossenheit des ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy, eine enge Zusammenarbeit mit Frau Merkel zu gestalten. Die Idee, Europa werde von den “Merkozys” regiert, war immer eine Illusion – signalisierte jedoch zumindest die französische Entschlossenheit, dass sich das Land im Zentrum der Aktivität befindet. Unter Präsident Francois Hollande ist allerdings jeder “Verdacht” verschwunden, Frankreich spiele eine gleichberechtigte Rolle mit Deutschland. In Zusammenhang mit Zypern schienen sogar auch die Finnländer eine bedeutendere Rolle als Frankreich zu spielen.
Ein Teil des Problems ist, dass Herr Hollande zwar verstehen lassen hatte, Deutschlands Beharren auf der Austerität zu missbilligen, ohne jedoch eine überlebensfähige alternative Lösung vorgeschlagen zu haben. Er hat sich nicht selbst als Leiter einer Allianz der Südstaaten eingesetzt, welche die Deutschen zurückdrängen zu könnte. Parallel hat er jedoch auch keine gute Zusammenarbeit mit Frau Merkel etabliert. Ebenfalls spielen die französischen Amtsträger nicht mehr die maßgebliche Rolle, die sie einmal im Herzen Europas spielten. Nach dem Ausscheiden des Jean-Claude Trichet ist der Leiter der EZB kein Franzose mehr. EU-Außenhandelskommissar Michel Barnie ist nicht gleich bedeutsam.

Gefahr für Europa … und Deutschland

Sogar auch die deutschen politischen Entscheidungsträger hoffen, dass all dies vorläufig ist. Sie glauben, Deutschland brauche nicht weiter dermaßen offenkundig die Führung auszuüben, wenn die Dinge zu ihrem natürlichen Zustand zurückkehren und die neuen Strukturen der EU in Kraft sind. Es handelt sich jedoch wahrscheinlich um einen frommen Wunsch. Die Krise der Eurozone ist weit von ihrem Ende entfernt und es ist nicht klar, welche genau die neuen Strukturen der EU sein werden, die sich zum Schluss ergeben werden – oder ob sie die Macht Deutschlands schwächen oder stärken werden.
Dieser Zustand lässt Deutschland die Zügel in der Hand halten: die Anweisungen zu geben, die Regeln aufzuerlegen und sie immer mehr zu gestalten. Es handelt sich um eine gefährliche Situation für Europa – und letztendlich auch für Deutschland selbst.
(Quelle: Sofokleous10.gr)
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