Samstag, 16. Februar 2013

Währungs-Abwertung bedeutet Gold-Aufwertung

Währungs-Abwertung bedeutet Gold-Aufwertung:
von Manfred Gburek


Wahrscheinlich sind Sie gerade am meisten daran interessiert, zu erfahren, warum der Goldpreis in den vergangenen Tagen und besonders am Freitag so stark gefallen ist. Also will ich Ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben. Wie immer in solchen Fällen gibt es zwar auch hier die klassischen Auslöser des Preisrückgangs, die eher auf die Charttechnik – wachsendes Momentum (Beschleunigung), Durchbrechen von Widerstandslinien – als auf fundamentale Faktoren zurückzuführen sind. Aber die wahren Ursachen liegen woanders.
Zunächst gibt Folgendes zu denken: Die auf einen fallenden Goldpreis spekulierenden Investoren haben ihre Attacken geschickt in die Zeit zwischen der Veröffentlichung der ohne allzu große Überraschungen ausgefallenen Nachfragestatistik durch die Lobbyorganisation World Gold Council und das Ende des chinesischen Neujahrsfestes gelegt. Das heißt, sie haben das Nachfragevakuum genutzt, das durch die Feiern in China entstanden ist – ganz schön clever. Den Rest haben verängstigte Anleger besorgt. Die neue Woche, wenn die Chinesen wieder an ihre Arbeitsplätze und damit auch an die Börse zurückkehren, wird Aufschluss darüber geben, ob sie das niedrigere Goldpreisniveau bereits für verstärkte Käufe nutzen oder abwarten werden. Einiges spricht dafür, dass sie mit Käufen beginnen werden.
Der Subkontinent Indien, der mit China um den ersten Platz unter den Goldkäufern wetteifert, hatte vor Jahresfrist einen kräftigen Einbruch der Goldimporte erlebt, der im Wesentlichen auf die starke Erhöhung der Einfuhrzölle, auf die Schwäche der Währung Rupie und auf zusätzliche Steuern zurückzuführen war. Jetzt ist eine weitere Erhöhung der Einfuhrzölle im Gespräch. Viele Inder hatten in deren Erwartung schon während des vierten Quartals 2012 kräftig beim Gold zugegriffen. Daraus schließen manche Beobachter der Goldszene, das erste Quartal 2013 werde mau ausfallen.
Eine nicht zu unterschätzende Ursache der vorübergehenden Goldpreisschwäche besteht in den jüngsten Veröffentlichungen der amerikanischen Finanzaufsicht SEC. Darin ist zu lesen, dass der legendäre Investor George Soros sich im vierten Quartal 2012 von über der Hälfte seines im SPDR Gold Trust angelegten Vermögens getrennt hat. Außerdem haben der SEC zufolge weitere Fondsmanager verschiedene mit Gold unterlegte Finanzprodukte verkauft. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass diese Fondsmanager vor allem unter den im Dow Jones-Börsenbarometer enthaltenen Aktien größere Chancen entdeckt zu haben glauben. Ihnen haben sich Spekulanten mit Gold-Puts angeschlossen, also mit Verkaufsoptionen – quasi Wetten – auf einen fallenden Goldpreis.
Die Ursachenforschung führt uns also auch zu den Großanlegern, die fest an die Wiederbelebung der US-Wirtschaft glauben. Sie haben mit einigem Erfolg das Gerücht in die Welt gesetzt, der nächste Konjunkturaufschwung stehe vor der Tür und werde Ben Bernanke, den Chef der US-Notenbank Fed, von der Fortsetzung des Quantitative Easing (Geldschöpfung) abhalten. Das werde viel Geld aus dem Gold, das bisher von der Geldschöpfung profitiert habe, in Aktien lenken.

Wer sich die hier genannten Ursachen durch den Kopf gehen lässt, stellt schnell fest, dass es sich vorwiegend um eine Mischung aus Reaktionen auf vergangene Ereignisse, aus mehr oder weniger erfolgreichen Spekulationen, Hoffnungen und Gerüchten handelt. Man muss zwar respektieren, dass sie das Angebot an und die Nachfrage nach Gold ebenso bestimmen wie die harten Fakten, aber man sollte in ihnen wegen ihrer mangelnden fundamentalen Untermauerung auch schon den Keim für die nächste Gegenbewegung sehen, also für den kommenden Preisanstieg.
Warum? Um das zu ergründen, werfen wir am besten einen Blick auf die Währungen. Die verraten nämlich viel von dem, was Sache ist: Der Euro als gemeinsamer Nenner von starken und schwachen bis sehr schwachen Ländern ist eine höchst politische Währung; und EZB-Chef Mario Draghi wird zur Stützung der lahmenden europäischen Konjunktur über kurz oder lang nichts anderes übrig bleiben, als Geld zu schöpfen wie sein amerikanisches Pendant Ben Bernanke. Japan hat den Yen so drastisch abgewertet, dass viele Auguren bereits von einem Währungskrieg sprechen. Bezeichnen wir die Verzweiflungstat der Japaner lieber als den Beginn eines Abwertungswettlaufs. Und China richtet die Währungspolitik darauf aus, den Yuan spätestens im nächsten Jahrzehnt als starkes goldgedecktes Gegenstück zu den anderen Weltwährungen zu platzieren.
Aus den hier angestellten Überlegungen ergibt sich: 1. Solange die derzeit führenden Währungen der Welt um die Wette abgewertet werden, kann Gold als die Weltwährung schlechthin davon nur profitieren. Und zwar allein schon deshalb, weil das Edelmetall im Gegensatz zum sogenannten Papiergeld keinen Schuldner hat und weil sein Preis trotz aller Versuche, ihn zu drücken, nicht dauerhaft aus politischen und/oder kommerziellen Gründen manipuliert werden kann. 2. Die Entwicklung der Goldnachfrage in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass nicht allein China, sondern auch die anderen wachstumsstarken Schwellenländer, außerdem Russland, als Käufer des Edelmetalls die westlichen Industrieländer immer mehr verdrängen. All diese Länder stützen den Goldpreis, sobald er wie zuletzt Anzeichen von Schwäche zeigt.
Richten wir das Augenmerk zum Schluss noch einmal auf den Euro. EZB-Chef Draghi hat ihn neulich mit einer einzigen Bemerkung gegen den Dollar nach unten geredet, aber nur für ganz kurze Zeit. Will er ihn tiefer zu Tal befördern, muss er handeln, das heißt, Geld schöpfen wie die Amerikaner oder sogar wie die Japaner.
Die Frage ist nicht ob, sondern wann, und da befindet sich Draghi in einem Konflikt. Denn Deutschland, die mit Abstand führende Wirtschaftsmacht des Euroraums, kommt mit dem hohen Eurokurs eigentlich ganz gut zurecht. Nicht dagegen Frankreich, die Nummer zwei, weshalb die Forderungen der Franzosen nach Abwertung des Euro immer lauter werden. Deutschland und Frankreich sind indes wirtschaftlich so eng miteinander verflochten, dass zum Beispiel der größte Teil des deutschen Exports nach Frankreich geht. Draghi muss und wird dem französischen Druck über kurz oder lang nachgeben – zumal die Franzosen auf ihre ähnlich tickenden Verbündeten in Südeuropa setzen können.
Daraus folgt: Der Euro wird sich dem Abwertungswettlauf nicht entziehen können. Oder auf Gold bezogen: Die kommende Euro-Abwertung entspricht nominal einer Gold-Aufwertung. Das gilt analog auch für andere Währungen. Und real wird Gold einmal mehr seiner Funktion als Versicherung gegen den Wertverfall der Währungen gerecht.
Quelle: gburek

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