Hauptsache inflationsgeschützt:
von Manfred Gburek
„In der Psyche des Durchschnittseuropäers ist der Sozialismus zutiefst verwurzelt. – Die meisten Europäer wollen einen stärkeren Staat, finanziert mit Geldern, die der schrumpfenden Gruppe produktiver Steuerzahler gestohlen werden. – Der Staat ist und war aus sich heraus nie ein Produzent. Er ist Konsument. Seine Einnahmen besorgt er sich durch Diebstahl.“ Soweit drei Zitate aus einem am Freitag auf goldseiten.de erschienen Interview mit dem Anlagestrategen und Kosmopoliten Doug Casey, der mit seinen Analysen und Prognosen in den vergangenen Jahrzehnten besonders oft richtig lag.
Und wovor warnt er noch, was empfiehlt er? Vor allem auf gängige Anleihen ist er nicht gut zu sprechen. Er behauptet, sie seien „eine gleich dreifache Bedrohung für Ihr Vermögen“, und zwar wegen des Zins-, Inflations- und Ausfallrisikos. Stattdessen: „Landwirtschaft und Ackerland werden immer beliebter. Ich mag beides.“ Und wem das zu weit abseits liegt, zu umständlich oder schon zu teuer ist? Casey: „Das Praktischste, was ein normaler Investor machen kann, sind größere Edelmetallpositionen. Man sollte aber das Metall besitzen. In den kommenden Jahren, wenn die Staaten ihre Währungen in die Luft gejagt haben, werden Gold und Silber wieder den Rang des Geldes einnehmen.“
Zugegeben, wenn jemand ähnlich denkt und schreibt wie man selbst, erscheint es ratsam, als advocatus diaboli jeden Gedanken doppelt und dreifach auf den Prüfstand zu stellen. Aber was soll dabei in diesem Fall herauskommen? Etwa dass Anleihen trotz negativer Realzinsen eine Investition wert sind, nur weil Banker derzeit aus rein geschäftlichem Interesse Lobeshymnen auf Unternehmensanleihen singen, die bei halbwegs vergleichbarer Bonität gerade mal ein bisschen höher rentieren als Bundesanleihen? Oder dass Gold und Silber nicht zur Anlage taugen, weil sie keine Zinsen abwerfen? Am besten, Sie vergessen solche Argumente gleich wieder, weil sie am eigentlichen Thema vorbeigehen, und das heißt Kapital- oder Kaufkrafterhaltung, wahlweise auch Inflationsschutz.
Womit wir beim nächsten Kosmopoliten wären, dieses Mal in der Person von William H. (Bill) Gross, Anlagestratege der Allianz-Tochter Pimco (Internet: pimco.com), die ein Riesenvermögen verwaltet. Sein am Donnerstag erschienener „Investment Outlook“ (in englischer Sprache) strotzt nur so vor Warnungen an alle, die glauben, die Finanz- und Wirtschaftskrise sei jetzt überwunden. Gross rechnet vor: In den 80er Jahren waren vier Dollar an neuem Kreditvolumen erforderlich, um einen Dollar an realer Wirtschaftsleistung zu erzeugen. Im Lauf des vergangenen Jahrzehnts waren dazu schon zehn Dollar erforderlich, seit 2006 sogar 20 Dollar.
Wie steht es um die Konsequenzen für Anleger? Da Gross damit rechnet, dass die inflationären Kräfte am Ende stärker sein werden als die deflationären, empfiehlt er als Erstes Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS), also inflationsgeschützte US-Staatsanleihen, eine Sonderform der Inflation-Linked Bonds (ILB), auch Linker genannt. Darüber hinaus macht er sich für Anlagen in Australien, Brasilien, Mexiko und Kanada stark, außerdem für Aktien internationaler Konzerne mit stabiler Gewinnentwicklung. Und schließlich: „Kaufen Sie etwas, worauf Sie mit den Zähnen beißen können: Gold, andere Rohstoffe, etwas, das nicht so schnell erzeugt werden kann wie Kredit.“ Dann warnt Gross noch vor der Konfiszierung durch alle Staaten.
Wer zuletzt die deutsche Inflationsrate verfolgt hat, dürfte sich nun wundern. Denn sie beträgt, Stand Januar 2013, nur 1,7 Prozent. Noch im Dezember lag sie bei 2,1 Prozent. Verfolgt man sie ein Jahr zurück, erweisen sich solche Schwankungen mal unter und mal über 2 Prozent allerdings als normal. Ist also alles halb so schlimm, und sind die Warnungen des Pimco-Strategen eher an Amerikaner gerichtet, die sich vor dem Dollar-Verfall schützen wollen?
Das traurige Bild, das der Dollar aktuell im Vergleich zum Euro abgibt, mag solche Gedanken aufkommen lassen. Doch die sind abwegig; denn ein dauerhaft starker Euro bei gleichzeitigem Siechtum des Dollars ist aus verschiedenen Gründen illusorisch. Um nur zwei zu nennen: Etwa weil die Eurozone immer noch wirtschaftlich in sich gespalten ist. Oder weil die USA auf keinen Fall riskieren werden, dass ihre als Verrechnungseinheit weltweit führende Währung diesen Status verliert. Folglich gilt das, was Gross zum Schutz vor der kommenden Inflation ausführt, im Großen und Ganzen gleichermaßen für die Eurozone wie für den Dollarraum. Anleger sollten daraus Konsequenzen ziehen.
Vorab: Wegen der aktuellen Eurostärke ist jede Unze Gold oder Silber für Anleger aus der Eurozone vergleichsweise günstiger zu haben als in der Zeit der Dollarstärke. Bei Gold- und Silberaktien ergibt sich wegen deren jüngster Kursschwäche für Euroanleger sogar ein weiterer positiver Effekt. Wer noch Geld anzulegen hat, sollte also diese aus Käufersicht günstige Konstellation nutzen.
Was inflationsgeschützte Anleihen betrifft, haben wir es mit einer Spezies zu tun, die in Deutschland – anders als in England oder in den USA – noch ein Schattendasein führt. Kein Wunder bei Renditen um Null. Dennoch sind solche Anleihen für den Fall, dass die Inflation anzieht, einen gewissen Einsatz wert, weil ihre Kurse dann zu steigen beginnen, also dem Kapitalerhalt dienen. Dasselbe gilt analog für entsprechende Fonds.
Deshalb folgt hier der Hinweis auf jeweils eine Anlage aus beiden Gattungen: 1. inflationsindexierte Bundesanleihe mit Kupon 1,5 Prozent, Laufzeit bis 15.04.2016, WKN (Wertpapierkennnummer) 103050; 2. LGT Bond Fund Global Inflation Linked (EUR) B, kein fester Kupon, Laufzeit unbegrenzt, WKN 964795. Am besten, Sie klicken für weitere Informationen, zum Beispiel Kennzahlen und Charts, auf der Internetseite einer Direktbank die Rubrik mit der Kurssuche an und geben dort die WKN ein.
Falls Sie sich fragen, warum ich hier das Thema Inflation aus Anlass der Aussagen von Doug Casey und Bill Gross unter etwas anderen Aspekten als sonst bearbeitet habe, will ich Ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben: Zum einen, um nochmals einen Kontrapunkt zum allgemeinen Geschwafel vom angeblichen Inflationsschutz durch vermietete Immobilien zu setzen. Und zum anderen, weil mich kürzlich ein Spiegel-Interview darauf gebracht hat. Dort sagte nämlich Jörg Asmussen aus der Führungsspitze der Europäischen Zentralbank auf die Frage, ob die Zinsen steigen werden: „ja“. Steigende Zinsen gehen in der Regel mit steigenden Inflationsraten einher und bedeuten Wertverluste für Anleihen – es sei denn, diese sind inflationsgeschützt. Den besten Inflationsschutz bieten indes weiterhin Gold und Silber.
Quelle: gburek
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