Aktueller Newsletter von fortunanetz
Liebe Leserinnen und Leser,
Griechenland wurde gerettet! Wirklich? Der ominöse Schuldenschnitt des griechischen Staates, verhandelt zwischen der EU und der griechischen Regierung hat stattgefunden, der angeblich nun dazu führt, dass Griechenland eine “Chance” hätte seinen Haushalt zu sanieren und weiterhin ein fröhliches Mitglied des Euroraums zu bleiben.
Nur leider spricht die Realität eine andere Sprache.
Fakt 1: Griechenlands Gesamtverschuldung liegt wohl bei ca. 1 Billion Euro. Der Schuldenschnitt bezieht sich aber auf derzeit gerade einmal 100 Mrd. Euro Staatsschulden. Es ist zu vermuten, dass demnächst weitere Schnittchen, oder auch größere Schnitten unterwegs sein werden. Siehe Artikel in der Telebörse zu der Möglichkeit eines unkontrollierten Staatsbankrotts: http://www.teleboerse.de/nachrichten/Schuldenschnitt-droht-zu-scheitern-article5685481.html
Fakt 2: Durch die beschlossenen Kürzungspakete tritt nun der von uns immer wieder befürchtete Effekt ein, den auch Deutschland unter Reichskanzler Brüning mit seiner Kürzungspolitik erreichte. Vergleichbar mit der brüning’schen Politik kürzt Griechenland bei Löhnen, Gehältern, Zahlungen an Beamte, sowie bei den Renten und der sozialen Unterstützung durch den griechischen Staat. Hierzu findet sich viel Information in einem Artikel der NZZ zu diesem Thema:
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/griechenland_in_der_fiskalischen_abwaertsspirale_1.15787007.html
Natürlich sind die Effekte aus dieser Politik typisch: Kürzungen haben weniger Konsum, Firmeninsolvenzen, Arbeitslosigkeit und Steuerausfälle zur Folge, was die Lage nicht verbessert, sondern verschlimmert.
Fakt 3: Im Endeffekt bedeutet dies große Not für die griechische Bevölkerung wie man den Ausführungen dieses Blogs entnehmen kann:
http://elladazoi.blogspot.de/2012/02/selbsthilfe-in-griechenland.html
Nur leider sind diese Informationen keine Nachrichten in den Mainstream Medien wert, würde es doch zeigen, dass Griechenland nicht gerettet wurde, sondern ausgeplündert… Was nun auch unter dem Deckmantel des Schweigens fröhlich weiter geht.
Fakt 4: Die Strategie der Troika besteht ja gerade darin, dass Griechenland, da es keine Chance zur Währungsabwertung hat, nur dadurch wettbewerbsfähig wird, indem Löhne, Gehälter und sowie die soziale Sicherung so weit zwangsweise herunter geschraubt werden, dass das Land dadurch “wettbewerbsfähig” wird, dass es eben billiger als alle anderen EU Nationen wird.
Zu Ende gedacht bedeutet dies natürlich, dass schrittweise das nächste insolvente Land noch weiter “wettbewerbsfähig” gemacht wird, indem deren Löhne, Sozialausgaben, etc. unter denen Griechenlands angesiedelt werden, natürlich ebenfalls zwangsweise. Am Ende dieses Zerstörungswettlaufs der Reichtums- und Wohlstandsvernichtung steht eben dann womöglich auch ein Land wie Frankreich oder Deutschland auf der Liste der Staaten, die „zu teuer“ sind. Der Euro macht mit dieser Politik Europa zu einem Armenhaus. Tolle Politik!
Dass wir hier nicht schwadronieren, zeigt ein Artikel des Griechenland Blogs:
http://www.griechenland-blog.gr/2012/banken-verschlingen-steueraufkommen-in-griechenland/7274/
Fakt 5: Die Realitätsverweigerung gegenüber den realen Problemen und Gefahren geht aber dennoch täglich weiter. Neuerdings lernten wir, dass es ein Primärdefizit gibt! Ein Primärdefizit ist ein Defizit das errechnet wird, indem man von den Zinszahlungen einfach mal absieht. Sie glauben das nicht??? Hier bitte:
https://www.vontobel.com/INT/DE/News?NewsID=7350dce9-dcc1-445f-831c-d7907e1b544b
Nimmt man das Primärdefizit zur Grundlage der Betrachtungen ist Griechenland ein Staat, der eigentlich recht gesund ist! Toll, nicht wahr?
Neben Griechenland und seiner Krise berichten wir natürlich auch über die heimischen Possen auf Fortunanetz. Heute Morgen war beispielsweise die erste Lesung des ESM Gesetzes im Bundestag. Diese Lesung war eine recht erstaunliche Veranstaltung:
Position 1:
Die CDU möchte den ESM Fonds und damit die Transferunion, sieht aber andauernd die Notwendigkeit, die Garantiesumme des Fonds zu erhöhen. Nebenher möchte man aber auch den EFSF weiter laufen lassen.
Position 2:
Die SPD möchte ebenfalls den ESM Fonds, hat aber keine „Grenzen“ nach oben hin, die sie diskutieren möchte.
Position 3:
Die FDP hat in der Gestalt von Herrn Brüderle zu den Inhalten des ESM nichts substantielles zu sagen gehabt. Das macht aber auch nichts aus, da Herr Brüderle sein Wahlziel von 1,2 Prozent Zustimmung im Saarland eindeutig erreicht hat. Weitere Ziele sind nicht nötig.
Position 4:
Die Grünen möchten ebenfalls den ESM, betonen aber dass die derzeit in der Diskussion umlaufenden Garantiesummen nicht ausreichen werden und fordern offen, sogleich eine höhere Garantiesumme anzugeben.
Position 5:
Die Linke hat mit Herrn Gysi die einzige inhaltliche Position eingebracht. Er verwies darauf, dass die aktuelle Vertragskonstruktion des ESM mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig ist. Dafür brachte er auch Belege und konkrete Argumente. Das Hohe Haus schweigt dazu! Herr Gysi beklagte sich am Ende der Rede, dass seine Partei aus dem Diskussionsprozess ausgegrenzt wird und keine Chance hat, Verbesserungsvorschläge einzubringen.
Gregor Gysi malte tatsächlich das Szenario an die Wand, dass ein Vertrag wie der des ESM nicht nur eine Selbstentmachtung des Bundestags bedeutet, sondern vermutlich nur durch eine neue Verfassung, die dann gemäß Auftrag des Grundgesetzes durch freie Wahlen des Volkes eine Legitimation hätte! Ich befürchte, demnächst klagt Herr Gysi zusammen mit Prof. Schachtschneider und Prof. Hankel vor dem Bundesverfassungsgericht. Das wär doch mal was!
Zuguterletzt möchten wir eine sehr nette Passage mit den Vorstellungen der 1,2 Prozent Partei hervorheben, die ja nicht konkret über den ESM Vertrag sprach. Herr Fricke von der FDP äußerte sich ab 2:10 Minuten in seiner Rede so: Die richtigen Reformen der SPD (damit war die Agenda 2010 gemeint) sollten nun weiter vertieft werden. “Dann müssen wir uns doch einig darüber sein, dass all das, was an Reformen gemacht worden ist, was Deutschland nach vorne gebracht hat, dass all das in all den anderen europäischen Ländern auf die eine oder andere Weise gemacht werden muss.” Link: http://www.bundestag.de/Mediathek/index.jsp?isLinkCallPlenar=1&action=search&contentArea=details&ids=1627836&instance=m187&categorie=Plenarsitzung&destination=search&mask=search
Was lernen wir daraus: Die FDP (!) vertritt die Auffassung, dass Hartz IV überall in Europa zur Anwendung kommen sollte. Hartz IV für Europa!!!!
In Griechenland wurde, wie schon oben gezeigt, mit dem Programm von Herrn Fricke angefangen! Hartz IV für Griechenland und dann für Europa und die Welt. Für eine derartige Leistung sind, wie wir finden 1,2 Prozent Wählerzustimmung eindeutig zu viel!
Wir werden weiter wie bisher aus dem fortunanetz über all diese äußerst seltsamen und befremdlichen Prozessen berichten. Schauen sie vorbei auf: www.fortunanetz.de
und auf: http://fortunanetz-forum.xobor.de/t14f2-EFSF-ESM-1.html#msg407 (Unbedingt!)
meintIhr
fortunato
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