Samstag, 7. Januar 2012

Zeitung: Koalition einig über mögliches Wulff-Nachfolgeverfahren

Zeitung: Koalition einig über mögliches Wulff-Nachfolgeverfahren:


Gabriel nennt ganze Auseinandersetzung “unwürdig und abstoßend”


BERLIN, 7. Januar (AFP) – Die Parteichefs der schwarz-gelben Koalition haben sich einem Medienbericht zufolge bereits auf ein Vorgehen im Falle eines möglichen Rücktritts von Bundespräsident Christian Wulff geeinigt. Wie die Zeitung “Rheinische Post” (Samstagsausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, einigten sich Angela Merkel (CDU), Philipp Rösler (FDP) und Horst Seehofer (CSU) auf ein Verfahren zur Nominierung eines neuen Kandidaten.


Sollte Wulff überführt werden, die Unwahrheit gesagt zu haben, wollten Merkel, Seehofer und Rösler die Unterstützung für Wulff beenden und nach einem Rücktritt in einer gemeinsamen Pressekonferenz einen Kandidaten vorschlagen, hieß es in dem “RP”-Bericht laut Regierungskreisen weiter. Geplant sei, einen Vorschlag zu machen, den “Rot-Grün nicht ablehnen kann”. In FDP-Kreisen wurde die Meldung am Freitagabend als “schlichtweg Unfug” zurückgewiesen.


Merkel hatte sich am Freitag hinter Wulff gestellt. Sie habe “große Wertschätzung” für Wulff als Mensch und als Bundespräsident, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Im Tauziehen zwischen der “Bild”-Zeitung und Wulff um die Veröffentlichung der umstrittenen Mailbox-Nachricht wollte Merkel keine Stellung beziehen. Zugleich wies Seibert mehrfach darauf hin, dass Wulff selbst den Anruf bei der “Bild” als “schweren Fehler” bezeichnet habe.


Wulff steht wegen der Finanzierung seines Privathauses bei Hannover in der Kritik, für die er sich als niedersächsischer Ministerpräsident eine halbe Million Euro von der Frau eines befreundeten Unternehmers geliehen hatte. Später löste er das Privatdarlehen durch die Kredite bei der BW-Bank ab. Wulff geriet zusätzlich unter Druck, als bekannt wurde, dass er wegen der geplanten Berichterstattung über die Affäre beim “Bild”-Chefredakteur angerufen hatte.


Bei seinem Hauskauf soll Wulff nach Informationen der “Frankfurter Rundschau” (Samstagsausgabe) seine Geldgeber offenbar stärker verschleiert haben als bislang bekannt. So habe Wulff keinen notariellen Vertrag gemacht, im Grundbuch seine Kreditgeber nicht genannt und bislang keinen Beleg für Tilgungen auf das Darlehen vorgelegt, sagte der Fraktionschef der niedersächsischen Grünen, Stefan Wenzel, der Zeitung. Das seien “Abgründe”.


Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel attackierte Wulff scharf. “Es ist schlimm, dass der Bundespräsident es so weit hat kommen lassen. Diese ganze Auseinandersetzung ist unwürdig und abstoßend”, sagte Gabriel der “Bild”-Zeitung vom Samstag. Er warf Wulff vor, die Maßstäbe für Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit in die falsche Richtung zu verschieben.


Probleme drohen Wulff auch von einer anderen Seite: Fast 70 Banken, Versicherungen und Fonds fordern nach einem Vorabbericht der “Wirtschaftswoche” vom Freitag von Wulff Schadenersatz in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Die Investoren werfen ihm Versäumnisse als früheres Mitglied im Präsidium des Volkswagen-Aufsichtsrats vor.


Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, forderte Wulff zur Selbstanzeige auf. “Das bietet Christian Wulff die Chance, die Debatte zu beenden und seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen”, sagte Oppermann der “Rheinischen Post” (Samstagsausgabe) mit Blick auf die Kredit-Affäre.


jah

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