von André F. Lichtschlag
Die Angst geht um bei den Etablierten
In fünf Tagen beginnt das Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur mit der ersten Vorwahl im Bundesstaat Iowa. Und dort liegt seit ein paar Tagen der etwas andere Kandidat, Ron Paul, laut verschiedener Umfragen in Führung. Regelmäßige Leser dieser Zeitschrift kennen den libertären David unter den etatistischen Goliaths. Er streitet seit Jahrzehnten für freie Märkte und Bürgerrechte, für das Ende der kriegerischen amerikanischen Außenpolitik und gegen die Machenschaften der US-Zentralbank, also für die Rückkehr zu echtem Geld, also Gold. Vor allem ef-Autor Robert Grözinger hat in vielen ausführlichen Artikeln – und 2008 auch in einem Buch – den Weg Ron Pauls und seiner heute meist jungen Anhänger nachgezeichnet. In der aktuellen ef-Januar-Nummer schreibt Grözinger über „die konventionelle Antwort auf die Frage nach Pauls Wahlchancen: keine.“ Doch: „Wir leben in unkonventionellen Zeiten. Und Ron Paul hat bisher ein hohes Maß an taktischer Finesse bewiesen.“
Nun liegt er am Beginn des Rennens plötzlich ganz vorne. Und wie von Grözinger vorausgesagt, wird das Establishment zunehmend nervös. Klar, dass jetzt auch ein uralter Newsletter wieder hervorgekramt wird. Klar aber auch, dass die Mittelstrommedien mit dem Feuer spielen und bei grotesken Kampagnen noch ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit riskieren.
Gestern zum Beispiel wollte offenbar die neokonservative deutsche Zeitung „Die Welt“ ihren plötzlich bedrängten Freunden in den USA beispringen. Und so titelten Springers Angestellte: „US-Republikaner Ron Paul: Freiheitskämpfer, Rassist, Schwulenhasser, Antisemit“. Eine Nummer kleiner hatten sie es nicht.
Belege für die schlimmen Anschuldigungen: Fehlanzeige. Stattdessen dokumentierte man den hauseigenen Qualitäts-Durchblick damit, dem Hetzartikel gegen Ron Paul ein Bild des Konkurrenten Mitt Romney voranzustellen. Als sich erste Kommentare darüber lustig machten, korrigierten sie den Fehler und setzten für ein paar Minuten ein recht sympathisches Konterfeit des Kandidaten Ron Paul ein. Das gefiel aber wohl dem Autor oder anderen Redakteuren nicht, untergrub dies doch das Bild der gezeichneten Bestie. Also wurde das Foto rasch ein zweites Mal ausgetauscht – und Ron Paul plötzlich mit verzerrtem Gesicht vor zwei Kettensägen bloßgestellt. Ob man sich bei der „Welt“ für solche Spielchen nicht schämt?
Autor Uwe Schmitt jedenfalls, und das ist die Pointe, sitzt mit seinen bizarren Anklagen wegen eines uralten Newsletterartikels steinewerfend im Glashaus der eigenen womöglich viel extremistischeren Vergangenheit. Als Teil des sogenannten Linksradikalen Blasorchesters gehörte er Ende der Siebziger zum erweiterten Kreis der Frankfurter linksradikalen „Spontiszene“, deren Lieblingsinstrumente rechterhand der Pflasterstein und in der Linken die Haschtüte waren. Irgendwo müssen die Kettensägenmassakerträume ja herkommen.
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