Der Iran: Unverändert im Zangengriff
Von Doris Auerbach
Man sollte nicht vergessen, so Norman Paech, emeritierter Professor für Völkerrecht, was Zbigniew Brzezinski, aussenpolitischer Berater von Carter bis Obama, Ende der 90er Jahre als geostrategisches Ziel Washingtons mit dem Begriff »The Greater Middle East« verkündete: die Ausrichtung aller Länder von der Türkei bis Pakistan auf die Interessen der USA – mit allen notwendigen Mitteln, was beim Iran bisher allerdings nicht gelungen ist. Die CIA, so Paech ferner, die keineswegs den Ruf einer seriösen Behörde geniesst, gelange indessen in dem einen oder anderen Fall durchaus zu richtigen Erkenntnissen. Dies könnte auf eine Studie zutreffen, die die CIA am 12. 2. 2009 veröffentlichte und in der »der Untergang des zionistischen Israels innerhalb von zwanzig Jahren« vorausgesagt wurde, »wenn sich die allgemeinen Trends fortsetzen«. Diese Trends sah die CIA nicht in den nuklearen Ambitionen Teherans. Nein, die Prognose basiert auf der Einschätzung, »daß es unwahrscheinlich ist, daß die israelische Führung auch nur zu minimalen Konzessionen bereit ist, um zu einer Verständigung mit ihren Nachbarn und deren zunehmend desillusionierten und rasch wachsenden, Würde und Gerechtigkeit verlangenden Bevölkerungen zu gelangen«. Zu jenem Zeitpunkt war Leon Panetta Direktor der CIA und hatte die Studie offensichtlich abgesegnet. Als Panetta im Oktober 2011 nach Israel aufbrach, war er US-Verteidigungsminister und hatte die Studie in der Tasche. Die israelische Führung reagierte verärgert, nicht so sehr auf die Mahnung, dass die Zukunft nicht mit militärischen Mitteln zu sichern sei, sondern auf die Warnung, dass sich Israel nicht unbegrenzt auf die finanzielle Unterstützung der USA verlassen könne. Entweder mache es Frieden mit den Palästinensern, oder es werde untergehen. [1]
Als Panetta Anfang Dezember 2011 davor warnte, dass ein militärisches Eingreifen die Nahost-Region in eine Konfrontation ziehen könne, die Washington bereuen würde, bestand die Reaktion Israels laut dem politischen Online-Magazin ›Daily Beast‹ darin, dass Botschafter Michael Oren [in New York unter dem Namen Bornstein geboren] in Washington eine formelle Protestnote überreichte. Das Weisse Haus ruderte zurück: Man habe ›rote Linien‹, die der Iran bei seinen atomaren Ambitionen nicht überschreiten dürfe, ein Alleingang Israels sei deshalb nicht erforderlich. Panetta selbst sah sich danach zu einer neuen Stellungnahme gedrängt: »Man schließe weiterhin keinerlei Maßnahmen gegen Teheran aus«. Laut Matthew Kroenig, bis letzten Juli Sonderberater für den Iran im Pentagon, würde schon die Installation neuer Zentrifugen in der Atomfabrik Qom reichen, um den Konflikt auf eine militärische Stufe zu heben. Das Ziel erscheint klar: Die Hürden gegen den Krieg – nicht gegen den Frieden – senken. Kroenigs Artikel in der ›Foreign Affairs ‹ liest sich programmatisch: ›Time to Attack Iran‹. [2]
Der US-Ökonom Daniel Ellsberg, der in den 70er Jahren den Pentagon-Skandal aufdeckte, wusste schon 2006 von Angriffsplänen: »US-Präsident George W. Bush und Vizepräsident Richard Cheney hegen solche Gedanken seit mindestens 18 Monaten. Sie haben ihre Militärstäbe insgeheim angewiesen, mögliche Atomangriffe auf unterirdische Atomenergieanlagen im Iran zu planen, ebenso umfassende konventionelle Luftangriffe auf überirdische militärische Energieanlagen und Kommandoposten. Philip Giraldi, ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter, berichtete 2005 im ›American Conservative‹, dass das Büro von Vizepräsident Cheney Kontingenzpläne für einen ›Luftangriff in großem Maßstab auf den Iran - sowohl mit konventionellen Waffen als auch mit taktischen Nuklearwaffen‹ - in Auftrag gegeben habe. ›Mehrere hochrangige Offiziere der Air Force‹, die an der Planung beteiligt seien, wären ›über die Implikationen ihrer Arbeit, daß nämlich ein nicht provozierter Angriff mit Atomwaffen auf den Iran in Planung ist, erschüttert, doch niemand wolle seine Karriere durch Widerspruch gefährden‹.« [Frankfurter Rundschau, 13. Dezember 2006] [3] Am 21. Dezember 2011 erklärte General Martin Dempsey als Vorsitzender der ›Joint Chiefs of Staff‹, dass die US-Streitkräfte an einem Punkt angelangt seien, an welchem ein militärischer Einsatz im Iran absolut realistisch sei; gleichzeitig bestätigte er, dass die Armee einen möglichen Angriff auf den Iran und dessen Atomprogramm plane. Sollte Präsident Barack Obama diesen befehlen, werde man bereit sein.
Widerlegung von Unterstellungen
Einer der wenigen, die die Behauptungen über Irans Kernwaffenprogramm zurückweisen, ist Clinton Bastin, Ingenieur für Nuklearchemie, der früher das Programm des US-Energieministeriums für Kernmaterial und Wiederaufarbeitung leitete. Am 19. November letzten Jahres hatte er in einem Interview im ›LPAC-TV‹ den Schwindel des angeblichen iranischen Kernwaffenprogramms aufgedeckt. Bastin sagte, das iranische Nuklearprogramm sei eine Fortsetzung des zivilen iranischen Programms zur Kernenergieentwicklung, das bereits 1970 begonnen wurde. Die meisten Erklärungen sogenannter Nuklearexperten seien inkompetent. Man unterschätze die Schwierigkeit, aus 20 %igem gasförmigem angereichertem Uran, das als Produkt der Zentrifugierung entsteht, eine explosive Waffe zu bauen, für die mehr als 90 % angereichertes Uran erforderlich ist. Die IAEA-Ermittler wüssten wenig über den Bau von Kernwaffen. Einige seien zwar Nuklearingenieure, hätten aber wenig Wissen über Waffen. Der gegenwärtige Chef der IAEA, der Internationalen Atomenergiebehörde, höre auf diejenigen, die keine Ahnung hätten; im Gegensatz dazu habe der frühere Chef, El-Baradei, ein besseres Verständnis der Realität sowie der geopolitischen Gefahren gehabt. Die sogenannten politischen Experten in Washington bezeichnete Bastin ebenfalls als ›inkompetent‹, wobei er als herausragendes Beispiel David Albright nennt, der eine Schlüsselrolle bei der gegenwärtigen Hetzkampagne spielt. Bastins Einschätzung basiert auf 40 Jahren Arbeit bei der Atomenergie-Kommission und dem amerikanischen Energieministerium; er ist seit Jahrzehnten in der Frage der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen aktiv. Bastin ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Regierungsangestellten beim ›US-Department of Energy‹. Laut seiner Einschätzung sei es de facto unmöglich, dass bei dem gegenwärtigen Stand der Abkommen über Inspektionen die kleine Menge angereicherten Materials, das der Iran produziert hat, für die Waffenproduktion abgezweigt worden sei. Aber selbst wenn durch irgendein Wunder genügend Material benutzt worden wäre, um eine Bombe zu produzieren, seien die Gefahren und Schwierigkeiten, gasförmiges Uran in die benötigte metallische Form umzuwandeln, enorm. Zufällige ›Kritikalitäts‹-Ereignisse, in denen das gesamte Material explodiert und direkt beteiligtes Personal dabei ums Leben kommt, seien in allen Nationen, die Nuklearbrennstoffe herstellen, an der Tagesordnung. Aber vor allem seien die politischen Konsequenzen eines iranischen Versuchs, eine Bombe herzustellen, noch gefährlicher. Es wäre letztendlich Selbstmord, so Bastin, wenn der Iran versuchen würde, eine Bombe zu bauen. Das sei den Iranern klar und dies sei der überzeugendste Grund, jenseits aller technischen Überlegungen, weshalb er selbst davon überzeugt sei, dass es kein Bombenprogramm gibt, sondern nur eine Propagandakampagne, die teilweise durch massive bürokratische Inkompetenz unterstützt werde. Bastin steht mit der israelischen Regierung in dieser Frage noch in Kontakt. Er veröffentlichte kürzlich einen offenen Brief an den israelischen Premierminister Netanyahu, in dem er ihn vor einem Militärangriff gegen ein nicht-existentes iranisches Bombenprogramm warnte. [4] Am 13. Januar hatte Clinton Bastin dann ein offenes Schreiben [5] an Präsident Obama gerichtet, in dem er detailliert darlegte, dass von den gesicherten und überwachten Nuklear- und Forschungsprogrammen des Irans keine Bedrohung durch Atomwaffen ausgehe. Er sandte diesen Brief auch an den iranischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, mit der Aufforderung, diesen weiter zu verbreiten, um diese grosse Ungerechtigkeit zu korrigieren. Bastin, der u.a. für die erfolgreiche Nichtweiterverbreitungs-Initiative der USA gegenüber Indien verantwortlich war, beriet US-Institutionen der nationalen Sicherheit zu Fragen der nuklearen Weiterverbreitung in anderen Ländern und hat wesentlich an der amerikanischen Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen mitgewirkt. 1970 untersuchte er die amerikanisch-iranischen Pläne zur Nuklearkooperation im Detail und ist seit dieser Zeit in Bezug auf den Iran auf dem neuesten Stand.
Zur IAEA vermerkt John Lanta u.a.: »Zunächst ist die IAEA auch nicht besser als der ›Mutterkonzern‹ UNO, obwohl sie 1957 unabhängig davon gegründet wurde und ihre eigenen Statuten besitzt, denn sie muß an die UN-Vollversammlung und an den Sicherheitsrat berichten. Darüber hinaus ist klar, daß die USA als mit Abstand größtem Beitragszahler und mächtigstem Land der Welt einen riesigen Einfluß nicht nur in der UNO hat, sondern eben auch in der IAEA. Generaldirektor ist derzeit der Japaner Dr. Yukiya Amano, dem die immer wieder tatsächlich seriöse britische Tageszeitung ›The Guardian‹ ein ›Kuschelverhältnis‹ [eine ›cosy‹ relationship] mit der USA nachsagt, dies unter Berufung auf die einzige Quelle, die es wissen muß: US- Diplomaten. Es kann nicht übersehen werden, daß gegen den Iran seit mehr als 30 Jahren ein propagandistisches Trommelfeuer läuft, das offenbar dazu geeignet ist, größeren Kriegslügen Rückendeckung zu gewähren. Der Unterschied zwischen den US-gesteuerten westlichen Aggressionen gegen den Irak und denjenigen gegen den Iran liegt offenbar darin, daß der Iran tatsächlich ein größeres friedliches Nuklearprogramm hat, der Irak aber hatte fast gar nichts dergleichen. Daß die iranischen Zentrifugen bei weitem nicht ausreichen, um waffenfähiges Material herzustellen, ist allgemein bekannt. Diese Sicht stützt auch der höchst US-freundliche, ehemalige IAEA-Abteilungsdirektor Heinonen. Darüber schreibt sogar die Haaretz! Aber wer tut das bei uns? Nur zur Erinnerung: Auch bei einem Krieg gegen den Iran wird Deutschland, wie schon 2003 beim Irak, schon deshalb automatisch Kriegspartei, weil die USA ihre Basis in Ramstein nutzt. Ein weiterer Punkt wird die dann mit höchster Wahrscheinlichkeit vorgetragene absurde Israel-Privatdoktrin von Frau Merkel sein, der zufolge die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Well, mit Vernunft hat diese »Räson« allerdings nichts zu tun, mit dem Amtseid von Frau Merkel schon gar nicht.« [6]
Im April 2011 bekannte der vormalige Generaldirektor der IAEA, Mohamed ElBaradei, in einem Interview, dass die Amerikaner und Europäer im Atomstreit nie an einem Kompromiss mit der Regierung in Teheran interessiert waren, »aber an einem Regimewechsel – durch jegliche notwendige Mittel«. Sein Nachfolger Amano hatte bereits zwei Monate nach seiner Wahl im Juni 2009 dem US-Botschafter Glyn Davies zugesagt, seine Aufgabe in Übereinstimmung mit den strategischen Schlüsselentscheidungen der USA in der Iran-Angelegenheit zu erfüllen. Sein Bericht vom November 2011 interpretierte zwar nur alte Erkenntnisse neu und sammelte weitere, von ausländischen Geheimdiensten gegen den Iran vorgebrachte Anschuldigungen, scheute aber doch davor zurück, die iranische Führung zu bezichtigen, definitiv atomares Waffenmaterial zu produzieren. Es reichte wieder nur zur Verkündung weiterer Sanktionen – mit der Drohung, dass man sich alle notwendigen Mittel vorbehalte. [7]
Weitere Anschuldigungen
Mit welcher Dreistigkeit einem Staat ein Recht abgesprochen wird, das die eigentlichen Atommächte ohne weiteres für sich beanspruchen, geht aus einer Aussage von Aussenminister Guido Westerwelle hervor, der anschliessend an die Mitteilung Teherans, dass die Produktion einer Urananreicherung auf 20 % für ihren medizinischen Forschungsreaktor jetzt in der unterirdischen Nuklearanlage Fordo aufgenommen wurde, gleich mit einer Anprangerung aufwartete. Er bezeichnete letzteres am 9. 1. 12 als einen »Schritt der weiteren Eskalation.« Obwohl die IAEA am 9. Januar bestätigt hatte, dass »alle nuklearen Materialien in der Anlage unter Kontrolle und ständiger Überwachung der Behörde stehen«, forderte der britische Aussenminister William Hague den Iran kategorisch dazu auf, »die Produktion sofort einzustellen und sprach von einem ›provokativen Akt‹. Der Iran könne keine glaubwürdigen Gründe vorweisen, warum das Land diese Mengen an hochangereichertem Uran benötige.« [8] Genauso wenig kann der Westen beweisen, dass Teheran den Bau einer Atombombe verfolgt. Man muss sich allein schon den reisserischen Titel ›Iran schockt den Westen mit Urananreicherung‹ vor Augen halten, um zu verfolgen, wie die Hetze gegen das Land kontinuierlich vorangetrieben wird. Hagues Aussage, das iranische Nuklearprogramm werde »im Verborgenen betrieben«, widersprach IAEA-Sprecherin Gill Tudor, die betonte, dass die Atomenergiebehörde die Anlage insgesamt inspiziert habe und dass die Inspektionen auch in Zukunft weitergingen. Victoria Nuland, die Sprecherin des amerikanischen Aussenministeriums, hatte Teherans Vorgehen ebenfalls als »eine weitere Eskalation von permanenten Verstößen gegen seine nuklearen Verpflichtungen« bezeichnet und den Iran erneut aufgefordert, »die Urananreicherung auszusetzen.« Die neue Propagandaflut steht offensichtlich im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Kriegsmaschinerie auch aufgrund massiven Widerstands im amerikanischen Militär und anderen wichtigen Institutionen nicht so wie geplant vorankommt. [9]
Den geradezu einmaligen Titel ›Die gefährlichsten Mullahs der Welt – Iran steht kurz davor, eine Atombombe zu bauen. Darf man angreifen?‹ des Chefredaktors der Basler Zeitung [10] hatten wir ja schon einmal aufgegriffen. Dennoch ist er es wert, in diesem Zusammenhang nochmals zitiert zu werden, da Markus Somm eigentlich genügend belesen sein müsste, um zu wissen, dass eine in Bezug auf den Bau atomarer Waffen vorgebrachte Behauptung dieser Art ebenso unfundiert ist wie die Lügen über die irakischen Massenvernichtungswaffen, die dem Land 2003 ein Infernobescherten, das in einen Dauerbrand mündete. Verwerflich sind Behauptungen dieser Art insbesondere deshalb, weil der Schnitt der Leute sie meist für bare Münze nimmt. Somm bezieht sich auf den Bericht der IAEA vom November 2011. Er räumt zwar ein, dass auch diese Experten falsch liegen können, dass sie jedoch der Meinung seien, dass ihre Hinweise eindeutig sind: »Wenn nichts dazwischenkommt [so die IAEA], dürfte der Iran bald eine Atombombe besitzen.« Weiter heisst es: »Man spekuliert nicht mehr darüber, ob – offen ist allein die Frage, wann. In zwei Jahren, in einem Jahr? Das Regime könnte sich in eine der gefährlichsten Mächte der Welt verwandeln – und wir können hinterher nur noch sagen, dabei gewesen zu sein.« Als ob die Rolle einer unbeschreiblich gefährlichen Macht nicht unmittelbar der USA mit ihren offen vorgetragenen Angriffszielen zuzuschreiben wäre. Einige der weiteren, zurückhaltend ausgedrückt seltsamen Gedankengänge Somms seien hier noch angefügt: »Können wir demnach warten – und alles wird gut? Nein. Dem Westen bleibt nichts anderes übrig, als so rasch wie möglich Irans Atomanlagen unschädlich zu machen. Am besten wäre es, die NATO würde diese Aufgabe erledigen, doch ist das unrealistisch. Noch hoffe ich auf die Amerikaner, doch beim Gedanken an den führungsschwachen Präsidenten der USA verlässt mich die Zuversicht. Barack Obama, dem eine solche Aktion die Wiederwahl sichern könnte, wird kaum den Mut dazu aufbringen. Er zählt zur Kategorie der politischen Gesundbeter. Der Iran hat das längst erkannt. Also kommt es allein auf Israel an. Da der Judenstaat wie kein anderes Land von einem atomaren Iran bedroht wäre, gehe ich davon aus, dass die israelischen Streitkräfte bald einen solchen Angriff wagen. Alles andere wäre erstaunlich. Alles andere wäre falsch. Israel kann nicht zulassen, dass ein Regime, das wiederholt angekündigt hat, den Judenstaat vernichten zu wollen, sich mit einer Atombombe ausrüstet. Denn das würde die beste Überlebensgarantie, die Israel hat – die eigene Atombombe – wirkungslos machen. Dicke Haut – Schlägt Israel zu, wird es weltweit verurteilt werden. Zum Glück lassen sich die Israelis, die sich inzwischen an jede Spielart des internationalen Protests gewöhnt haben, davon nicht beeindrucken. Zum Glück, weil nicht nur wir in Europa froh darüber sein müssten, dass die Israelis diese undankbare, tödliche Aufgabe im Iran ausführen, sondern insgeheim würden auch die meisten anderen Regimes der Region dankbar sein. Selbstverständlich wird das niemand offen zugeben. Warum ist ein atomarer Iran ein Problem? Wenn Teheran die Bombe besitzt, wird es nicht dabei bleiben, sondern Saudi-Arabien, der Erzrivale, wird alles daran setzen, nachzuziehen, ebenso die Türken, die seit Jahrhunderten mit den Iranern im Streit liegen, als sich diese noch Perser nannten. Denkbar ist auch, dass Ägypten, dessen Zukunft ohnehin unberechenbar ist, dann eine Bombe baut. Mit anderen Worten, in wenigen Jahren dürfte der Nahe Osten, die explosivste Gegend der Welt, vor Atomwaffen starren. Wer will das verantworten? Iran muss um jeden Preis daran gehindert werden, eine Atombombe zu entwickeln.« Sollte noch jemand Zweifel hegen: Der Einsatz für diesen ›Preis‹ kann nur ein uns mitverschlingender Flächenbrand der Zerstörung sein. Was nun die angebliche Vernichtung Israels betrifft, so ist Somm auch in diesem Zusammenhang der Unkenntnis zu zeihen: Es war zu erwarten, dass der alte Hut, der Iran wolle Israel zerstören, wieder in Aktion zu treten hatte. Dies ist längst widerlegt, die wirkliche Aussage lautete, dass das Regime Israels verschwinden müsse, und keineswegs Israel selbst, was auch die Zeitungen zu rektifizieren hatten.
Zu den grotesken, von Washington gegen den Iran vorgebrachten Anschuldigungen gehört auch, die Ermordung des saudi-arabischen Botschafters in Washington zu planen. »Das angebliche Mordkomplott«, schreibt Knut Mellenthin [11], »das zusätzliche ›Strafmaßnahmen‹ gegen ein ganzes Land begründen soll, war offenbar eine sogenannte ›Sting Operation‹, wie sie in den vergangenen Jahren immer häufiger vom FBI, der CIA und anderen US-Sicherheitsbehörden praktiziert wurden, um der Öffentlichkeit ›muslimische Terroristen‹ vorführen zu können. Bei dieser Methode werden systematisch labile Individuen aufgespürt, die sich von Polizei- und Geheimdienstagenten in fingierte Verschwörungen verwickeln lassen. Diese entspringen überwiegend der Phantasie und den Aktivitäten eben dieser Behörden. Das reicht von der Vorgabe der Attentatsziele bis zur Beschaffung von Sprengstoff und Waffen. Die Aussage der Verantwortlichen, daß im aktuellen Fall ›nie eine Gefahr bestanden‹ habe, weil der Hauptverdächtige ›von Anfang an unter Beobachtung gestanden‹ hätte, ist ein eindeutiger Hinweis, daß es sich wieder einmal um eine solche »Sting Operation« gehandelt hat. Der inhaftierte Mann, Manssor Arbabsiar, ist ein US-Staatsbürger iranischer Herkunft. Der Anklageschrift zufolge war er von unbekannten Männern, die er für hochrangige Offiziere der iranischen Revolutionsgarden gehalten habe, angeworben und bezahlt worden. Diese hätten ihn beauftragt, sich mit einem mexikanischen Drogenkartell in Verbindung zu setzen, um Auftragskiller für die Ermordung des saudi-arabischen Botschafters in Washington zu besorgen. Weitere Anschläge sollten sich später gegen die israelischen Botschaften in der USA und Argentinien richten.« Natürlich setzte sich auch US-Aussenministerin Hillary Clinton wie zu erwarten gross in Szene: Die Anschlagspläne seien eine ›gefährliche Eskalation‹ der Unterstützung des Terrorismus durch Teheran, hatte sie am 12. 10. 11 erklärt. »Dieser rücksichtslose Akt untergräbt internationale Normen. Der Iran muß für seine Aktionen zur Rechenschaft gezogen werden.« Ihr britischer Amtskollege William Hague sagte dann am 13. 10. in London, seine Regierung arbeite mit der USA, der EU und Saudi-Arabien an einer angemessenen Reaktion. Die aufgedeckten Pläne seien offenbar ein Beleg dafür, dass der Iran seine Unterstützung von Terrorismus im Ausland ausweite, sagte Hague im Parlament, ohne nähere Angaben zu machen. Es ist eindeutig, dass wir konstant für dumm gehalten werden, sind doch die ›covert actions‹ der Geheimdienste und wie sie ›fabriziert‹ werden seit Jahren Gegenstand zahlreicher Offenlegungen …….. [12]
Zu obiger Beschuldigung hatte die IPPNW, die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs, u.a. folgende Erklärung abgegeben: »Als Ärzte und Mitglieder einer Internationalen Friedensorganisation sind wir über die erneuten Kriegsdrohungen nach dem publizierten angeblichen Mordanschlagsversuch auf den saudi-arabischen Botschafter in der USA besorgt. Für uns ist keinerlei Nutzen und damit kein plausibles Motiv eines solchen Mordanschlags für den Iran erkennbar. Im Gegenteil: Nutzen würde er ganz offensichtlich nur denjenigen Kräften, die seit langem auf einen Krieg gegen den Iran drängen und bereits wiederholt damit gedroht haben. Zum anderen sei an das Desaster des Irakkriegs erinnert, der bislang nach seriösen Schätzungen bis zu einer Million Menschen das Leben kostete und der mit einer Täuschung der Weltöffentlichkeit über seine tatsächlichen Gründe begonnen wurde. Das darf sich nicht wiederholen. Zudem wird ein Krieg gegen den Iran auch für Deutschland nicht ohne unabsehbare Folgen bleiben.« [13] Was die Feindschaft dem Iran gegenüber betrifft, vermerkt Werner Pirker, so ist die saudische Dynastie unbeirrbar wie sonst nur noch Israel. Es war Riads Botschafter in Washington, der den dringenden Wunsch anmeldete, der iranischen »Schlange den Kopf abzuschlagen«. [14]
Die Sanktionen
Während William Hague die EU-Sanktionen und das Ölembargo gegen den Iran am 23. Januar mit den überschwenglichen Worten ›Großbritannien wollte ein Paket noch nie dagewesener Sanktionen und darauf haben wir uns geeinigt‹, begrüßte, lehnt Russland das Ölembargo ab, das gemäss dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow überhaupt nicht hilfreich ist, um die Probleme mit dem Iran zu lösen. Lawrow erklärte, Russland werde sich weiterhin für die Wiederaufnahme der diplomatischen ›6+1-Verhandlungen‹ einsetzen und ausserdem darum bemüht sein, dass ›radikale Schritte von jeder Seite‹ unterbleiben; Lawrow betonte, die Möglichkeiten für Verhandlungen existierten weiterhin. [15] Er hatte schon am 18. Januar gewarnt, »daß ein militärischer Angriff auf den Iran zu einer ›Katastrophe‹ führen würde. Es sei unmöglich, alle Folgen einer solchen Fehlentscheidung im einzelnen vorauszusagen. Er habe jedoch keinen Zweifel daran, daß diese Öl in das schwelende Feuer des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten gießen und eine Kettenreaktion auslösen würde.« Was die Frage nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad einer solchen Katastrophe angehe, so war Lawrows Antwort: Das »müssen Sie diejenigen fragen, die das ständig als eine Option im Munde führen.« [16]
Noch vor dem Beschluss des Öl-Embargos war Guido Westerwelle dafür, »die Finanzquellen für das Atomprogramm auszutrocknen.« »Wir müssen beherzt reagieren, das macht niemand gerne«, sagte er. »Es geht darum, daß wir nicht akzeptieren können, daß der Iran nach der Atombombe greift.« Ferner: »Die ›Option eines nuklear bewaffneten Irans‹ könne nicht akzeptiert werden.« Es würde nun jeden noch in normalen Masstäben Denkenden interessieren, wie man sich bei derartigen Drohungen, die dazu noch mit einer nicht beweisbaren Anklage unterlegt sind, fühlt, zumal die zitierte Beherztheit, einmal in die Tat umgesetzt, seine Kompatrioten in den Ruin treiben müssten, eine Überlegung, zu der er offensichtlich gar nicht vordringt. [17]
Wie sich die EU durch ihre Sanktionen gegen den Iran selbst schadet, sollte inzwischen erkannt worden sein. So musste der britische Energiekonzern BP die Ausbeutung eines Vorkommens in der Nordsee auf Grund derselben im November 2010 stoppen. Es handelte sich hierbei um das Vorkommen Rhum, wo täglich 5,9 Millionen Kubikmeter Gas gefördert werden. Die im Oktober 2010 gegen den Iran verhängten scharfen Sanktionen betrafen vor allem die Öl- und Erdgas-Industrie; so ist es europäischen Firmen untersagt, dem Iran, der viertgrösster Ölproduzent weltweit, Technologien zur Verfügung stellen oder in den iranischen Energiesektor zu investieren. [18] Die soeben verhängten, bislang schärfsten Sanktionen werden den Iran hart treffen, da das Land schon jetzt in einer schweren Wirtschaftskrise steckt. »Dass der Stopp der Öleinfuhren die Mullahs zum Einlenken bewegen wird«, schreibt die Preussische Allgemeine, »ist angesichts der eindeutigen verbalen Replik Teherans indessen eher unwahrscheinlich. Ein Nachgeben würde das Regime innenpolitisch schwächen, während ein schwerer außenpolitischer Konflikt seinen Machterhalt sichern könnte. Denn dann hätte es einen Vorwand, die Opposition der angeblichen Unterstützung des Westens anzuklagen und sie noch massiver zu bekämpfen.« [19] Wie BBC online [20] am 12. Januar mitteilte, entschloss sich Japan, der zweitgrösste Abnehmer iranischen Öls, nach dem Besuch von US-Finanzminister Timothy Geithner in Tokyo dazu, konkrete Schritte einzuleiten, um seine Abhängigkeit von Öleinfuhren aus dem Iran zu verringern. Japan hat die arabischen Golfstaaten darum ersucht, ihre Exporte zu erhöhen, um möglichen Engpässen vorzubeugen. Dieselbe Unterstützung blieb Geithner in China, das ca. 11 % seines Ölimports aus iranischen Quellen deckt, allerdings versagt. Dort beabsichtigte Geithner, für Sanktionen gegen die iranische Zentralbank zu werben, wodurch der Bezug iranischen Öls für China mindestens komplizierter geworden wäre. »Das ist schon ziemlich dreist«, schreibt Roland Etzel. »Nicht allein deswegen, weil China das iranische Öl braucht, sondern vor allem, weil der Westen zeitgleich an anderer Stelle versucht, chinesische Ölgesellschaften aus energiereichen Regionen herauszudrängen oder herauszuhalten, so in Libyen, so im Sudan. Geboten hat man China dafür dem Vernehmen nach nichts außer warmen Worten. Was sie wert sind? Die Chinesen werden sich daran erinnern, was Kommentatoren zum US-Militärbudget anmerkten – nämlich daß die neue US-Militärstrategie jetzt vor allem auf China zielt. Welchen Grund also sollte Peking haben, sich zum Dank dafür zu schaden, um Teheran zu treffen und Washington zu Diensten zu sein?« [21]
Auch der ›Bundesausschuss Friedensratschlag‹ hat auf den Beschluss der EU vom 23. Januar mit Sorge reagiert. In einer Stellungnahme seines Sprechers Peter Strutynski heisst es u.a.»Seit Monaten schon wird in israelischen Regierungskreisen über einen Militärschlag gegen Ziele im Iran diskutiert. Allein die Tatsache, daß eine solche Diskussion stattfindet, zeugt von der Mißachtung des strikten Gewaltverbots, das die Charta der Vereinten Nationen allen Staaten der Welt auferlegt hat. Der im November 2011 veröffentlichte Bericht der IAEA enthält weder neue Erkenntnisse über das iranische Atomprogramm, noch belastbare Belege für einen akuten ›Griff nach der Bombe‹. Gleichwohl gehen die Regierungen der EU davon aus, daß der Iran Atomwaffen entwickelt, weil er die zivile Atomindustrie vorantreibt. Letzteres kann dem Iran aber nach internationalem Recht nicht verweigert werden. Die Europäische Union hat sich ohne Not ins Kielwasser der USA begeben. Die im Januar 2012 von der US-Administration angeordnete Strafmaßnahme gegen die iranische Zentralbank verfolgt das Ziel, den internationalen Ölhandel mit dem Iran ganz zum Erliegen zu bringen. Der Schritt der EU stellt eine immense Verschärfung des politischen Klimas dar, bringt den Iran in eine fast ausweglose Situation und die ganze Region an den Rand eines Krieges.« [22] Was das Einfrieren iranischen Konten in der EU betrifft, so muss man wissen, dass der Iran bereits Ende August 2010 sämtliche Gelder von europäischen Konten abgezogen und alle iranische Bankkonten in Europa aufgelöst hatte. Die Aktion war von langer Hand geplant gewesen.
Zu den Sanktionen vermerkt Knut Mellenthin u.a.: »Mit einem großen Paket zusätzlicher Sanktionen hat sich die EU am 23. 1. weiter auf einen Krieg gegen den Iran zubewegt. Dieses noch immer nicht so recht populäre Ziel wird mit Lügen getarnt. ›Der Druck der Sanktionen soll bewirken, daß der Iran unseren Wunsch, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, ernst nimmt‹, verkündete die EU-Außenpolitik-Chefin Catherine Ashton, die zugleich auch für die Kontakte zu Teheran verantwortlich ist. Seit mehr als einem Monat lehnt sie hartnäckig alle Aufforderungen der dortigen Regierung ab, einen neuen Gesprächstermin zu vereinbaren. Heute existiert bereits ein riesiges, undurchschaubares Gestrüpp von völlig unterschiedlich begründeten nationalen, kollektiven und internationalen Sanktionen. Viele von ihnen haben mit dem Atomstreit nicht das Geringste zu tun. Der Iran könnte durch Zugeständnisse auf diesem einen Gebiet nicht einmal viel gewinnen. Längst geht es nicht mehr nur um das zivile Atomenergieprogramm des Landes, sondern um seine Existenz als souveräne Nation.« [23] Das Gesetz, das die US-Sanktionen gegen die iranische Zentralbank beinhaltet und allen ausländischen Firmen, die mit der iranischen Zentralbank Geschäfte tätigen, den Zugang zum US-Finanzmarkt verwehrt, wurde von Barack Obama unterzeichnet, obwohl sich der Iran bereit erklärt hatte, die Gespräche über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen.
Die jüngsten Warnungen vor einem Krieg
Ende Dezember 2011 hatte der chinesische Staatspräsident Hu Jintao die Warnung ausgesprochen, dass sich China mit direkten und sofortigen Militärmassnahmen in den Krieg einschalten werde, sollte der Iran angegriffen werden. Der chinesische Staatspräsident warnte bei einem Treffen mit hohen militärischen Funktionären Chinas, dass sein Land, selbst auf Kosten einer Beteiligung an einem Dritten Weltkrieg, nicht zögern werde, den Iran zu schützen. Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Ron Paul warnte Ende November 2011 vor jeglichen militärischen Angriffen auf den Iran. In einem CBS-Interview sagte er, »es gebe keinerlei Beweise dafür, daß der Iran eine Atombombe baue«. Wörtlich sagte der Politiker: »Iran hat keine Bombe und es gibt diesbezüglich auch keine Beweise. Und wenn wir übertreiben und über eine Bombardierung des Irans sprechen, ist das sehr gefährlich«. [24] In Israel haben sich führende Sicherheits- und Militärkreise wiederholt gegen einen Angriff auf den Iran ausgesprochen. Auf diesen Widerstand bezog sich auch Bruce Riedel, Nahost-Berater von vier US-Präsidenten, der jetzt beim Brookings Institution in Washington tätig ist; Riedel lehnt den Konfrontationskurs des US-Präsidenten ab. In einem Interview mit der libanesischen Zeitung The Daily Star warnte Riedel vor der wachsenden Kriegsgefahr und betonte, der Iran stelle zwar eine Gefahr dar, sei aber ›keine existentielle Bedrohung für Israel oder die USA‹. [25]
Es fehlt das öffentliche Bewußtsein
»Die internationale Gemeinschaft«, schreibt Michel Chossudovsky, »unterstützt einen Angriff auf den Iran im Namen des Weltfriedens. Als Rechtfertigung für ein militärisches Eingreifen, das zu einem nuklearen Holocaust führen könnte, wird dabei behauptet, es ginge darum, ›die Welt sicherer‹ zu machen. Während man das Ausmaß des Verlustes an Menschenleben und der Zerstörung als Folge der heutigen Kriege etwa im Irak und in Afghanistan noch abstrakt erfassen kann, ist die Zerstörung, die mit einem 3. Weltkrieg einherginge – bei dem ›neue Technologien‹ und fortschrittlichste Waffensysteme [einschließlich Atomwaffen] zum Einsatz kämen – schier unvorstellbar und erschließt sich erst, wenn er tatsächlich beginnen und Wirklichkeit werden würde. Die etablierten Medien verzichten auf eine tiefergehende Analyse und Diskussion der Folgen dieser Kriegsszenarien. Vom Iran geht keine nukleare Gefahr aus. Allerdings geht von dem Militärbündnis USA, NATO und Israel, die im Rahmen von CONPLAN den Einsatz thermonuklearer Waffen gegen ein Land, das nicht über Kernwaffen verfügt, in Erwägung ziehen, eine Gefahr für die weltweite Sicherheit aus. Wie General Ivashov schon sagte: ›Die Öffentlichkeit soll glauben gemacht werden, dass eine solche Möglichkeit nichts Schreckliches aufweist‹. Kernwaffen zählen nun zum ›normalen Inventar‹. Aber ein Angriff auf den Iran hätte verheerende Konsequenzen. Die Regierung Obama stellt eine nukleare Bedrohung dar und Gleiches gilt auch für die NATO. Auch die 5 Länder, die eigentlich keine Atommächte sind [Deutschland, Italien, Belgien, die Niederlande und die Türkei], von deren Boden aus aber taktische Atomwaffen unter ihrem jeweiligen Kommando gegen den Iran eingesetzt werden könnten, bilden eine nukleare Bedrohung. Die israelische Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stellt nicht nur eine nukleare Bedrohung, sondern auch eine Gefahr für die Sicherheit des israelischen Volkes dar, das hinsichtlich der Folgen eines amerikanisch-israelischen Angriffs auf den Iran irregeführt wurde. Die Komplizenschaft der öffentlichen Meinung des Westens, darunter auch Kreise der amerikanischen Friedensbewegung, ist beunruhigend. Bisher wurden auf politischer Ebene keine Bedenken angesichts der zu erwartenden Folgen eines Angriffs seitens der USA, der NATO und Israels auf ein Land, das selbst nicht über Kernwaffen verfügt, erhoben.« [26] »Weit gefährlicher als das Abenteurertum dieses unverantwortlichen Duos Netanjahu/Lieberman«, legt Norman Paech des weiteren dar, » ist der Schutz der USA, der nach jedem kriminellen Unternehmen jegliche Sanktion verhindert. Diese Politik erst öffnet das Terrain für Jerusalems Unberechenbarkeit. Sie wird nicht im Weißen Haus oder im Pentagon gemacht, sondern im Kongreß, der Israels Regierungschef Netanjahu bei seinem letzten Besuch einen triumphalen Empfang bereitet hat. Wer sich auf einen solchen Verbündeten verlassen kann, wird nie Verantwortung zeigen, Interesse an echten Friedensverhandlungen haben, Kompromisse eingehen und sich an die UNO-Charta gebunden fühlen. Ein Krieg gegen den Iran würde jedoch anders aussehen als der mit Gaza: Er könnte den Untergang des zionistischen Israels bedeuten, wie ihn Panetta voraussieht. Dann hätte die USA genau das Gegenteil erreicht, was sie für Israel will. Und es ist höchst zweifelhaft, ob sie in Teheran einen ›iranischen Karsai‹ installieren könnte.« [1]
Die Lateinamerika-Reise, die Ahmadinedschad Anfang Januar unternahm, hatte »in Washington zu wütenden Reaktionen geführt. [27] So war die venezolanische Generalkonsulin in Miami, Livia Acosta Noguera, von der US-Administration wohl nicht zufällig am 8. 1. zur ›unerwünschten Person‹ erklärt und des Landes verwiesen worden. Sie soll angeblich gemeinsam mit iranischen und kubanischen Agenten US-Einrichtungen ausspioniert haben, um eine Attacke auf nordamerikanische Computernetzwerke vorzubereiten.« Derlei Behauptungen kann ja wohl niemand mehr ernst nehmen. »Schon vor Reiseantritt Ahmadinedschads hatte man in Washington erklärt, daß dies ›kein guter Zeitpunkt‹ für die Region sei, um engere Beziehungen zur Islamischen Republik zu knüpfen. Insgesamt sind die Handelsbeziehungen zwischen dem Iran und Venezuela seit 2005 um 131 % gewachsen, während Brasilien seine Exporte in den Iran im letzten Jahrzehnt um 7000 % erhöht hat. Chávez hatte Ahmadinedschad mit den Worten empfangen, die politische Allianz zwischen beiden Ländern diene dazu, ›den imperialistischen Wahnsinn zu bremsen‹; dieser stelle eine Gefahr für die ganze Welt dar.«
Einer Meldung vom 26. 1. zufolge hat der Sprecher des Energieausschusses des iranischen Parlaments, Emad Hosseini, erklärt, dass Teheran einen sofortigen Stopp seiner Öllieferungen an Europa plane, dies obwohl das EU-Einfuhrverbot erst ab 1. Juli in Kraft treten soll. Hierzu werde dem Parlament am 29. Januar ein entsprechender Gesetzesentwurf. Im übrigen sind die Iran-Sanktionen in Brüssel zunächst nur von den EU-Botschaftern vereinbart worden und müssen somit noch von den EU-Aussenministern offiziell beschlossen werden. Nun bezieht ausgerechnet das hoch verschuldete Griechenland ein Drittel seiner Ölimporte aus dem Iran. Ahmadinedschad hat gleichzeitig erklärt, dass die neuen Sanktionen den Iran nicht schmerzten, da der Handel mit Europa, der einst bei ca. 90 % lag, gegenwärtig nur noch 10 % beträgt. Ferner habe die USA in den letzten 30 Jahren kein Öl mehr vom Iran bezogen. Wie Paul Müller in der Berliner Umschau berichtet, »wollen Indien und der Iran den bevorstehenden Finanzboykott gegen Teheran angeblich durch eine Bezahlung von Erdöl mit Gold umgehen. Das meldet die auf Geheimdienste und Analysen spezialisierte israelische Nachrichtenseite ›Debkafile‹. Auch China könnte demnach diesem Vorbild folgen. Indien und China sind mit zusammen 40 % der insgesamt 2,5 Millionen Barrel täglich verkauften Erdöls der größte Kunde. Sollte der Bericht der ›Debkafile‹ stimmen, dürfte er in Washington die Alarmsirenen anspringen lassen, da der Schritt ein nachhaltiger Angriff auf den Dollar als Leitwährung im Ölmarkt wäre.« [28] In seiner Rede zur Lage der Nation erklärte jetzt Obama, dass die USA einerseits weiter auf Gesprächsbereitschaft und Druck setze, andererseits jedoch alles unternehmen würde, um zu verhindern, dass die Islamische Republik in den Besitz von Atomwaffen gelangt. Obama machte ferner das Angebot, dass dem Land die Wiederaufnahme in die Völkergemeinschaft winke, insofern der Iran seinen Kurs ändern und seine Verpflichtungen erfüllen würde. Israel, das sich vom Iran bedroht fühlt, versicherte der US-Präsident die feste Solidarität seines Landes. Der Iran allerdings hat signalisiert, dass auch die neuen Sanktionen ihn nicht daran hindern werden, sein Atomprogramm fortzusetzen.
Abschliessend die Erklärung von Israels Verteidigungsminister Ehud Barak vom 18. Januar im Armeerundfunk: »Die Entscheidung über einen Militärschlag gegen Atomanlagen liegt in weiter Ferne.« Laut ihm hegt Israel derzeit keine Angriffsabsichten gegen iranische Atomanlagen. Bekanntlich hatte seine Regierung zuvor ein militärisches Vorgehen nicht ausgeschlossen. [29]
Man kann nur hoffen, dass es auch für einen Krieg ›in weiter Ferne‹ keine Möglichkeit geben wird.
Quelle: http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1877
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