
Von Reinhard Lütkemeyer
BLÖD und die Rabattjournaille: letzte moralische Instanz?
„Der Weise verlässt das Theater, sobald er sieht, dass Geschenke verteilt werden, weiß er doch, dass solche Kleinigkeiten teuer zu stehen kommen.“ (Seneca, „Moralische Briefe“ ep. 74)
Der von BLÖD und der Rabattjournaille vier Wochen lang auf allen Kanälen und in allen Gazetten angekündigte „große Crash“ im Fall des Bundespräsidenten aus Niedersachsen ist ausgeblieben. Bleibt nur der Eindruck, dass hier jemand von den gleichen Leuten abgeschossen werden soll, mit deren Hilfe er – wie auch immer – Karriere gemacht hat:
Der dramaturgische Höhepunkt für die ProIl-Hetzjournaille war wohl der Auftritt des früheren Honorarprofessors an der Fachhochschule Osnabrück Klaus Kocks (Berufung 2001 unter SPD-MP Sigmar Gabriel), PR-Berater und ehemaliger VW-Kommunikationschef. Der mutmaßte frech bei Maybrit Illner: „War der Geerkens-Kredit an Wulff evtl. gar ein Geschenk?“
Graf Kocks von der Gasanstalt ließ bei Maybrit Illner einen fiesen „500.000 Euro-Geschenk“-Testballon steigen, vermutlich wurde mit dem üblen Gerücht die Hetzkampagne im Hintergrund der Redaktionsstuben deutschlandweit schon vor Weihnachten eingeleitet. Anders ist der gegen Wulff mit sehr hoher Intrigen-Professionalität organisierte journalistische Furor kaum zu verstehen.
Das insinuierte angebliche „Geschenk“ war ein krimineller Schuss in den Ofen: „Irrtum sprach der Igel und stieg von der Drahtbürste“. Die skandalöse Kocks-Schuldvermutung hat sich als Furz, Gasblase oder heiße Luft erwiesen, wie viele der markigen Sprüche des 1951 geborenen Oberhauseners, ein Kind des roten Ruhrpotts, das wie viele Andere im Dunstkreis der Schröder-SPD eine Karriere bei Hartz` VW gemacht hat, wo sich 2005 der berüchtigte VW-Betriebsräte-Rotlichtskandal ereignete. Womit die politischen Fronten im Fall des CDU-Mannes Wulff endgültig klar sind.
Der Berg der „zu 100 Prozent“ (Schönenborn im „Presseclub“) von der Presse mitgetragenen BLÖD-Vernichtungs-Kampagne gegen ihren vormaligen Günstling hat gekreisst und ein paar wenig possierliche Mäuse geboren.
„Die Kritik wird immer kleinkarierter“, titelt heute die Süddeutsche Zeitung :
„Hat sich Christian Wulff auf das Oktoberfest einladen lassen? Wurde ihm gar besser eingeschenkt als anderen? Die Kritik an Bundespräsident Christian Wulff gleitet zunehmend ins Kleinliche ab.“
Der „Skandal“, die „Affäre“, der „Fall“ Wulff: außer Spesen – nichts gewesen? Woher kam dann quasi aus dem Nichts so plötzlich die mit viel Chuzpe professionell verdeckt und perfekt organisierte 100 Prozent – Intrige?
TV-Moderator Michel Friedmann mit haßverzerrtem Antlitz, für den der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer 2008 in der FAZ schon einmal vorschnell gegen den sprachlich schlicht danebengreifenden Ministerpräsidenten Wulff („Pogromstimmung gegen Unternehmer“) die allseits beliebte „Antisemitismus-Moralkeule“ (Martin Walser) geschwungen hat [Moderare (lat.) heißt mäßigen]. Dabei lässt Wulff`s „Islam-Satz“ auch ganz andere Assoziationen zu (z.B. das bekannte Goethe-Wort: „…gehören auch zum Ganzen“). Während die letzten, bereits mehrfach aufgewärmten und minimierten Vorwürfe des zerbröselnden Diekmannschen Zitierkartells noch in kümmerlicher Endlosschleife durch die hinteren Seiten der Glamour-Schmonzetten geistern, bilden sich hier und da in den Medien erste Inseln der Vernunft. Vermutlich dämmert es den Beteiligten, dass sie im Fall des „Schnorrers“ Wulff das Rechtsstaatsgebot der Unschuldsvermutung auf das Gröbste verletzt haben.
Wulff kommt natürlich wegen seiner in Maschsee-Hannover erworbenen kleinkarierten Schnorrermentalität nicht unbeschädigt aus der Sache raus, aber die fiesen, kriminell verlogenen Anführer der unter dem gravierenden Verdacht der Annahme eines Riesengeschenks von 500.000 Euro durchgeführten vierwöchigen Hetzjagd müssen langsam eingestehen, dass sie ein übles Gerücht verbreitet haben. Leider hat das Lumpengesindel keine Ehre, sonst müsste es sich reihenweise die Kugel geben. Ein männliches Massensterben auf den Teppichetagen der ProIl-Presse, was für eine Chance für nachrückende Quotenfrauen.
Bild-Chefredakteur Diekmann gelang es mit seinen Antworten an die taz nicht, die Annahme zu entkräften, dass er gezielt Teile der Mailboxabschrift gestreut hat.Der Berliner Zeitung hat Günter Wallraff ein bemerkenswertes Interview zur Rolle der BILD-Zeitung im Fall Wulff gegeben, hier drei Auszüge:
„Herr Wallraff, die Bild-Zeitung inszeniert sich als Aufdeckerin von Missständen und Hüterin der Pressefreiheit – ist die Boulevard-Zeitung jetzt endgültig seriös geworden?
Es ist nicht besonders seriös, wenn Bild-Chefredakteur Kai Diekmann über viele Jahre vertrauliche Gespräche mit einem Politiker pflegt und diesen dann plötzlich vorführt und öffentlich bloßstellt. Man hat den Eindruck, Bild will ihn vernichten. Das ist keine Demontage. Das ist Vernichtungswille. Es hat doch einen merkwürdigen Charakter. Wir dürfen nicht vergessen, dass Wulff von Bild in einer ganz besonderen Weise aufgebaut, hofiert, gehätschelt wurde. Es bestand ja fast ein intimes Verhältnis zum Springer-Konzern. Das war ja fast eine Liebesbeziehung. Jemand, der sich bei Springer dermaßen familiär eingebunden fühlte, poltert dann eben los, wenn etwas schiefläuft und er sich verstoßen fühlt. Wulff vertraute auf seine innige familiäre Beziehung zu Bild.“…
Warum zeigt Bild nach allen Lobliedern jetzt Härte?
Da kann man nur spekulieren. Über Jahre war Bild Wulffs Hofberichterstatter. Bis er sagte, der I s l a m gehöre zu Deutschland. Da setzte zum ersten Mal eine kritische Berichterstattung ein…
„Wäre es aus Ihrer Sicht dennoch richtig, wenn Wulff zurücktreten würde?
Ein Nachfolger vom Format eines Heinemann oder von Weizsäcker ist nicht in Aussicht. Dass Gauck nochmal antritt, ist zu bezweifeln. So wie Wulff gebaut ist, sitzt er das aus. Wenn er die Stromstöße dieser medial inszenierten Hinrichtung politisch überlebt, sollte er das Amt zur Bewährung behalten – aber dann bitte auch lebenslänglich. Damit wäre auch der Steuerzahler entlastet. Man muss das mal durchrechnen. Was zahlen wir den früheren Bundespräsidenten alles? Lebenslänglich Bezüge, Dienstwagen, Fahrer, Büro, Sekretärin. Die Lebenserwartung steigt ja nun auch ständig. Deshalb plädiere ich für lebenslängliche Amtsbekleidung. Man müsste ein neues Gesetz schaffen, dass dieser Mann dieses von ihm über alles geliebte und so ramponierte Amt lebenslänglich ausübt – auch über das 67. Lebensjahr hinaus. Das ist die härtere Strafe für die Verfehlungen, die Wulff sich geleistet hat. Er wird sich solche Verfehlungen nicht mehr leisten. Das wissen wir von kommenden Präsidenten nicht.
Das Interview führte Matthias Thieme.“
Heribert Prantl hält es in der SZ nunmehr für wichtig, eine Antwort auf die Kernfrage der Affäre zu finden: „Wie eng dürfen die Beziehungen zwischen Politikern und Unternehmern sein?“
Jörg Schönborn stellte im letzten ARD-Presseclub die Gretchenfrage an seine eigene Zunft: „Haben Journalisten das Recht als moralische Instanz aufzutreten?“ Worauf Ines Pohl von der taz ausweichend antwortete: „Aufklärung ja, Hinrichtung nein.“ Was war die BLÖD-Kampagne gegen Wulff aber von Anfang an anderes als eine mediale Hinrichtung?
Was macht jetzt eigentlich der Presserat? Vor Tische las man von dessen Geschäftsführer Tillmanns noch diese tolldreiste Meldung in „DerWesten“:
„Presserat sieht Wulff-Anruf als „bedenklich“ an
03.01.2012 | 16:37 Uhr“
„Berlin (dapd). Der Deutsche Presserat hält die versuchte Einflussnahme von Bundespräsident Christian Wulff auf die „Bild“-Zeitung für „bedenklich“. Dies sei ein „sehr ungeschickter und unglücklicher Schritt“ gewesen, sagte Presserats-Geschäftsführer Lutz Tillmanns am Dienstag auf dapd-Anfrage. Wulff habe damit zumindest „den Ruch des Versuchs“ aufkommen lassen, in die Pressefreiheit einzugreifen. Nötig sei nun eine weitere Erklärung des Bundespräsidenten.
Laut Tillmanns ist in den vergangenen Wochen beim Presserat aber auch die „eine oder andere Beschwerde“ zur Berichterstattung über Wulffs Privatkredit eingegangen. Die Beschwerden würden nun geprüft. Details wollte er nicht nennen.“
Kommt es jetzt zu Gegendarstellungen? E n t s c h u l d i g t sich Döpfner bei Wulff? Werden Diekmann und Blome gefeuert? Nichts von alledem ist zu erwarten. Der Presserat ist ja Teil des herrschenden Systems, einer Konsumgesellschaft von Schurken, Rabatt- und Schnäppchenjägern:
Welche moralische Autorität hat die auf dieser Webseite angemeldete Gemeinde der 16.000 journalistischen Schnäppchenjäger ?
Nach welchen Regeln der Presserat prüfen müsste ist auch klar, nämlich nach dem aktuell geltenden Pressekodex in der Fassung vom 03. Dezember 2008. Als Kostprobe hier die Präambel und Ziffer 1:
„Präambel
Die im Grundgesetz der Bundesrepublik verbürgte Pressefreiheit schließt die Unabhängigkeit und Freiheit der Information, der Meinungsäußerung und der Kritik ein. Verleger, Herausgeber und Journalisten müssen sich bei ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und ihrer Verpflichtung für das Ansehen der Presse bewusst sein. Sie
nehmen ihre publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen wahr.
Die publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse. Sie umfasst die Pflicht, im Rahmen der Verfassung und der verfassungskonformen Gesetze das Ansehen der Presse zu wahren und für die Freiheit der Presse einzustehen.
Die Regelungen zum Redaktionsdatenschutz gelten für die Presse, soweit
sie personenbezogene Daten zu journalistisch-redaktionellen Zwecken erhebt, verarbeitet oder nutzt. Von der Recherche über Redaktion, Veröffentlichung, Dokumentation bis hin zur Archivierung dieser Daten achtet die Presse das Privatleben, die Intimsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Menschen.
Die Berufsethik räumt jedem das Recht ein, sich über die Presse zu beschweren. Beschwerden sind begründet, wenn die Berufsethik verletzt wird.
Diese Präambel ist Bestandteil der ethischen Normen.“
Ziffer 1 – Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde
Die Achtung vor der W a h r h e i t, die Wahrung der Menschenw ü r d e und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.
Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die
G l a u b w ü r d i g k e i t der Medien…“
Wahrhaftigkeit? Menschenwürde? Davon fand sich in der Anti-Wulff-Kampagne kaum eine Spur. Die Glaubwürdigkeit der beteiligten Medien hat schwer gelitten.
Da hätte der übel verleumdete Wulff vermutlich jetzt zivilrechtlich/presserechtlich ganz gute Karten gegen BLÖD und Konsorten. Über die Auslegung der einzelnen rabbulistischen Regeln dürfte es intern mächtig Streit geben. Lutz Tillmanns sollte deshalb nicht vergessen, jetzt schon mal in die vorigen Fassungen seines tollen „Verhaltens-Gesetzbuchs“ für die Journaille zu gucken. Hat es doch im Lauf der Republik-Geschichte im Pressecodex viele interessante Änderungen und Umwertungen gegeben:
1976 stand im Pressecodex zum Beispiel noch an erster Stelle die Pflicht zur Sorgfalt bei der journalistischen Arbeit, auf die Bedeutung der Menschenwürde kam die Journaille erst später. Aber wer bei BLÖD kann schon sorgfältig arbeiten, wo jedes Ereignis innerhalb des laufenden Tages bis Redaktionsschluss verwurstet sein muss. Am nächsten Tag kräht laut Döpfner ja kein Hahn mehr danach. Und im Eifer des Tagesgefechts passieren natürlich schon mal Fehler. Aber solche Fehler?
Unter Ziffer 6 fand sich 1976 noch ein ein anderthalb Seiten langer, flammender Appell gegen das Geschenkunwesen, Nr. 6, erster Absatz, lautete:

Von „Geschenkunwesen“ spricht beim Presserat heute niemand mehr.
Im aktuellen Pressekodex ist das Verbot der Annahme von Geschenken auf die vorletzte Stelle des Pressekodex, der insgesamt 16 Ziffern hat, gerutscht. Jetzt ist unter Ziffer 15 von „Vergünstigungen“ die Rede:
„Ziffer 15 – Vergünstigungen
Die Annahme von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die
Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen, ist mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar.
Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig.
Richtlinie 15.1 – Einladungen und Geschenke
Schon der Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion könne beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden. Journalisten nehmen daher keine Einladungen oder Geschenke an, deren Wert das im gesellschaftlichen Verkehr übliche und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß übersteigt. Die Annahme von Werbeartikeln oder sonstiger geringwertiger Gegenstände ist unbedenklich.
Recherche und Berichterstattung dürfen durch die Annahme von Geschenken, Einladungen oder Rabatten nicht beeinflusst, behindert oder gar verhindert werden. Verlage und Journalisten bestehen darauf, dass Informationen unabhängig von der Annahme eines Geschenks oder einer Einladung gegeben werden. Wenn Journalisten über Pressereisen berichten, zu denen sie eingeladen wurden, machen sie diese Finanzierung kenntlich.“
Hat je einer einen Presseartikel gelesen, unter dem die Finanzierung einer Pressereise kenntlich gemacht war? Ich hab noch keinen gesehen. Selbst Journalisten, die mich im Kanzler-Flieger nach Moskau um den Akku von meinem Apple-Laptop gebeten haben, weil ihr Akku schon beim Anflug leer war, haben in oder unter ihren Artikeln nicht berichtet, dass das Kanzleramt die Lustreise sponserte. Und der Flieger war mit Journaille gerammelt voll.
Warum der Text der Geschenkeregelung neu gestaltet wurde, ist jedem klar, dem in der Zeit seit 1989 die zunehmend zahlreicheren Vorteilsnahme-Affären in den Medien mit Schmiergeld, Bestechlichkeit (MDR) versteckter Werbung, Vergünstigungen bei Flugreisen bis hin zur Gestellung von Firmenjets (SPIEGEL, Aust) und ähnlichen „Zuwendungen“ aufgestoßen sind.
Auf dem Blog „DEBATARE“ findet sich von Gregor Landwehr zum Thema Flugreisen ein ehrlicher, schöner Beitrag, der auf die Frankfurter Rundschau verweist:
„Air Berlin, Politiker & Journalisten
Dass Air Berlin auch Journalisten gerne mit Rabatten versorgt wird aktuell gerne vergessen. Stattdessen zeigen Journalisten lieber auf die Politiker und verurteilen das “unlautere” Verhalten der Fluggesellschaft.
Die Fluggesellschaft Air Berlin ist großzügig. Es sind Prominente, die kostenlos befördert wurden. Jetzt berichtet die Frankfurter Rundschau wie Air Berlin zum Jahresanfang 2010 die Abgeordneten des Bundestages mit einer Bonus Karte beschenkte. Damit gibt es die „Goldvorteile“, das sind XL-Flugsitze mit mehr Beinfreiheit, 40 Prozent Bonus auf alle gesammelten Meilen und bevorzugte Abfertigung beim Check-In. In dem Artikel der FR kritisiert der Geschäftsführer von Transparency International Deutschland, Christian Humborg, die Annehmlichkeiten für Abgeordnete als „Nährboden für spätere Lobbyaktivitäten“. Air Berlin verhalte sich unlauter, wenn es der Berufsgruppe der Abgeordneten Vorteile anbiete, die ein einfacher Air Berlin Kunde erst nach 40 000 Statusmeilen erlangen müsse, so seine Kritik.
Kein Wort gibt es in dem Artikel zu einer weitere Gruppe, die bei Air Berlin Vorteile genießt: Die Journalisten. Diese bekommen dort 25 Prozent Rabatt auf den Nettoflugpreis, früher waren es sogar einmal bis zu 50 Prozent, kostenfreie Sitzplatzreservierung und Freigepäck gab es noch oben drauf.
Bei der Welt ist dazu ebenfalls nichts zu lesen. Auch die Süddeutsche berichtet über den Fall, dort gibt es im vorletzten Absatz einen Satz zu diesem Sachverhalt: „Auch Journalisten können bei Air Berlin unter bestimmten Umständen Sonderkonditionen in Anspruch nehmen.“ So bestimmt sind diese Umstände nicht: Ein Presseausweis reicht in der Regel aus.
Journalisten und ihre Rabatte. Fast jeder nimmt sie gerne in Anspruch. Nur darüber sprechen, geschweige denn berichten, das muss dann doch nicht sein. Stattdessen kann man auf die Politiker zeigen. Dass das Vorgehen von Air Berlin mit der Bundestagsverwaltung abgestimmt war, dass zwischen dem Deutschen Bundestag und der Fluggesellschaft schon seit längerem ein Corporate Vertrag besteht, alles das scheint keine Rolle zu spielen.
Einfacher ist das Schubladendenken. Der kapitalistische Konzern, die korrupten Abgeordneten, die Journalisten, die es aufdecken. Fast möchte man sagen: Schön wär’s!“
Soviel nur zum Thema Flugreisen. Auf dem Journalisten-Treff im Web, einem Internetportal, gemacht von Journalisten für Journalisten, finden sich weitere Rabattangebote (s.o.). Fast alles was das Herz begehrt wird da günstiger angeboten, von Autos über Flugreisen bis zu Gleitcreme. Wer in dem Katalog blättert, dem wird bald klar, woher die Sehnsucht nach der verlogenen Schnäppchenwelt kommt, auf die auch das arme Glamour-Präsidentenpaar aus Niedersachsen reingefallen ist.
Dazu kann ich abschließend nur noch mal den alten Seneca zitieren:
„Wir klagen, dass uns nicht zu jeder Zeit Güter in den Schoß fallen und wenn, dann nur wenige und ungewisse und solche, die schnell wieder vergehen… Schuld daran ist aber die Tatsache, dass wir noch nicht in den Besitz jenes grenzenlosen und absoluten Gutes gelangt sind, bei dem all unser Wollen notwendigerweise ein Ende finden muss, da es über das Höchste hinaus nichts mehr gibt.
Du willst wissen, wieso die Tugend keinerlei Bedürfnis kennt. Nun sie freut sich über das gegenwärtige und begehrt nicht, was nicht zugegen ist. Für die ist alles groß genug, da es ihr genügt. Sobald du diesen Standpunkt aufgibst, gibt es keine Rechtschaffenheit mehr und keine Treue.“
Quelle: http://scusi.twoday.net/
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