Freitag, 18. November 2011

Griechenland-Krise: Banken erwarten Schuldenschnitt im Januar - International - Politik - Handelsblatt

Die Banken wollen Griechenland die Hälfte seiner Schulden erlassen - schon im Januar könnte es soweit sein. Eins wollen sie aber verhindern: Dass andere Euro-Schuldenstaaten ebenfalls einen Schuldenschnitt verlangen. Quelle: handelsblatt.com

Der teilweise Schuldenverzicht von Finanzinstitutionen für Griechenland könnte nach Einschätzung der internationalen Bankenvereinigung IIF im Januar erfolgen. IIF-Geschäftsführer Charles Dallara sagte am Donnerstag in Frankfurt, man stehe zu der auf dem Euro-Gipfel am 26. Oktober getroffenen Vereinbarung. Die Finanzinstitute hatten sich damals zu einem freiwilligen Schuldenschnitt von 50 Prozent bereiterklärt.

Führende Gläubiger Griechenlands wollen laut Dallara einen Ausschuss gründen, der die Verhandlungen mit Griechenland und den europäischen Regierungen aufnehmen soll. Der Verband repräsentiert 450 Finanzinstitute. Dallara erwarte eine sehr hohe Beteiligung der privaten Banken bei der Schuldenreduktion. Er sei durch die neue griechische Regierung ermutigt. Die Bankenvertreter hatten zuvor den neuen griechischen Regierungschef Lukas Papademos und Finanzminister Evangelos Venizelos getroffen.


Die für Griechenland getroffene Lösung dürfte allerdings nicht für andere Länder angewendet werden. „Griechenland muss ein Einzelfall bleiben“, forderte Dallara. Ein Abschlag von 50 Prozent bei den Forderungen der Gläubiger soll helfen, die griechischen Schulden um 100 Milliarden Euro zu reduzieren. Dem griechischen Parlament soll am Freitag der Entwurf für den Haushalt für das kommende Jahr vorgelegt werden. Der Ministerrat beriet am Donnerstag in einer Sondersitzung über den Haushalt 2012.

Aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete zum Haushaltsentwurf, es werde „verzweifelt“ nach 57 Milliarden Euro Einnahmen gesucht, damit das Land erstmals Ende 2012 einen sogenannten primären Überschuss aufweise. Zu den Sparzielen der Regierung Papademos schrieb die Athener Zeitung „To Vima“ auf ihrer Internetseite, es käme „einem Wunder“ gleich, wenn Athen dieses Ziel erreichen würde.

Die Fakten zeigten, dass dies eher nicht der Fall sein werde. Bereits in diesem Jahr „hechelten“ die Einnahmen hinter den Zielen her. Die Einnahmen durch Steuern aller Art sollen bis zum Jahresende 50 Milliarden Euro erreichen. Bis Ende Oktober waren aber nur 38 Milliarden in die Staatskassen geflossen.
In Athen und anderen Städten gingen mehrere tausend Menschen gegen das Sparprogramm auf die Straße. Rund 300 Vermummte sorgten für Krawalle vor dem Parlament und der amerikanischen Botschaft. Brandflaschen wurden gegen die Polizei geschleudert, Mülleimer angezündet, Schaufenster eingeschlagen. Die Beamten setzten Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzutreiben.

Die Demonstrationen in Athen verliefen zunächst friedlich. Die Beteiligung war nach Berichten der griechischen Presse weitaus geringer als erwartet. Aus Angst vor den Ausschreitungen hatte die Polizei ein großes Sicherheitsaufgebot zusammengezogen. Rund 7000 Polizisten waren im Einsatz. Die Polizei sperrte zahlreiche Straßen im Stadtzentrum sowie den größten Teil des Platzes vor dem Parlament.
Auch in anderen Städten des Landes gingen mehrere hundert Menschen auf die Straßen. In der westgriechischen Hafenstadt Patras kam es vorübergehend zu Randale. Vermummte versuchten, die Fassade einer Bank zu zerstören. Die Polizei bekam die Situation jedoch schnell in den Griff.

In den vergangenen Monaten haben Autonome immer wieder am Rande friedlicher Demonstrationen gegen die Sparpolitik in Griechenland randaliert. Die Proteste am Donnerstag fielen mit dem 38. Jahrestag des blutig niedergeschlagenen Studentenaufstandes gegen das Militärregime am 17. November 1973 zusammen. An diesem Tag lieferten sich autonome Gruppierungen in der Vergangenheit immer wieder Straßenschlachten mit der Polizei.

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